Morphĭum
(Morphīn) C17H19NO3 ,
Alkaloid, findet sich in mehreren
Pflanzen aus der
Familie
der
Papaveraceen, namentlich im
Mohn und in dem aus den Samenkapseln des letztern gewonnenen
Opium. Es wird
erhalten, indem man den alkoholischen
Auszug des
Opiums mit
Ammoniak versetzt, den
Niederschlag mit
Natronlauge behandelt, aus
dieser
Lösung das Morphium
durch kohlensaures
Ammoniak fällt und durch Umkristallisieren aus
Alkohol reinigt.
Bestes
Opium gibt im
Mittel 12-14 Proz. Morphium.
Dies bildet farb- und geruchlose, bitter
schmeckende, in
Wasser
schwer, in
Alkohol leichter lösliche
Kristalle,
[* 2] reagiert alkalisch, ist nicht flüchtig und bildet mit
Säuren meist kristallisierbare, geruchlose, sehr bitter schmeckende, in
Wasser und
Alkohol lösliche
Salze, von welchen das
salzsaure C17H19NO3.HCl ^[C17H19NO3.HCl] u. das schwefelsaure C17H19NO3.H2SO4
^[C17H19NO3.H2SO4] offizinell sind.
Bei anhaltendem Erhitzen von Morphium
mit
Salzsäure entsteht
Apomorphin (s. d.), beim Erhitzen mit
Jodmethyl und alkoholischer Natronlösung
Codein und das Jodmethylat dieses Alkaloids. und seine
Salze wirken dem
Opium analog, aber weniger erregend, weniger stuhlverstopfend,
nicht schweißtreibend, das
Sensorium geringer affizierend; sie stören nicht die
Sekretionen der
Schleimhäute und
stimmen die erhöhte
Sensibilität herab. Man benutzt sie als krampf- und schmerzstillende, beruhigende, schlafmachende
Mittel
bei krampfhaften und konvulsivischen
Leiden,
[* 3]
Neuralgien, Herzkrankheiten,
Husten,
Asthma,
Wahnsinn,
Delirium etc. Sehr häufig
wird das Morphium
in subkutaner
Injektion
[* 4] angewandt, und mit diesen Morphium
einspritzungen ist in der neuern Zeit ein großer, für
die
Gesundheit der Betreffenden sehr verhängnisvoller
Mißbrauch getrieben worden.
Wie bei den
Orientalen von alters her die
Opium- und Haschischsucht, so hat bei den Europäern in der Neuzeit die Morphiumsucht
(Morphinismus), besonders durch die subkutanen
Injektionen, Verbreitung gewonnen. Sind es zumeist auch schmerzhafte
Leiden
und
Schlaflosigkeit, welche zu anhaltendem Morphium
gebrauch zu führen pflegen, so hat doch in zahlreichen
Fällen einzig und allein ein in der aufregenden und erheiternden, das
Gemeingefühl erhöhenden, bei größern
Dosen angenehm
betäubenden
Wirkung des Morphiums
Befriedigung findender Sinnenreiz die Anregung dazu gegeben. Der innere
Gebrauch des Morphiums
gibt der weniger präzisen
Wirkung wegen zum
Mißbrauch verhältnismäßig
¶
mehr
seltener Veranlassung als die Injektion; beides, so nützlich und unersetzlich es in Krankheiten sein kann, sollte unter keinen
Umständen ohne ärztliche Verordnung und Aufsicht zulässig sein. Zu spät unternommene Versuche zur Entwöhnung vom Morphium
genuß
sind wegen der dabei sich einstellenden schweren Allgemeinerscheinungen, Angst, Unruhe, Selbstmordgedanken, schmerzhaften Empfindungen
im ganzen Körper, Atembeschwerden und Herzbeklemmung, stets nicht bloß außerordentlich schwierig und
gewöhnlich nur in einer Anstalt unter beständiger strengster Bewachung durchführbar, sondern nach sehr langem und reichlichem
Gebrauch des Morphiums
mitunter ganz unmöglich.
Vgl. über Morphiumsucht
die Schriften von Levinstein (3. Aufl., Berl. 1883),
Erlenmeyer (3. Aufl., Neuwied 1887), Burkart (Bonn
[* 6] 1880 u. 1882), Konst.
Schmidt (Neuwied 1887).