Morcote
(Kt. Tessin, Bez. Lugano). 277 m. Gem. und Pfarrdorf, am S.-Ende der nach S. in den Luganersee vorspringenden Halbinsel des Monte Arbostora, am Ufer des Sees und den darüber aufsteigenden Hängen, 10 km sw. Lugano. Dampfschiffstation. Postbureau, Telegraph. 125 Häuser, 515 kathol. Ew. Weinbau, Fischerei. Starke periodische Auswanderung in die übrigen Kantone und nach Italien. Sehr mildes Klima, das man mit demjenigen von Nizza verglichen hat. Neben Oliven, Orangen und Zitronen gedeiht hier noch eine Menge von anderen insubrischen Pflanzenarten. Das sehr alte Dorf war einst von Mauern mit Toren und flankierenden Türmen umgeben, von welch' letzteren heute nur noch derjenige des Municipio steht. Bemerkenswert ist die der Madonna del Sasso geweihte Pfarrkirche auf einem steil zum Dorf am Seeufer abfallenden Felskopf. Sie stammt zum Teil schon aus dem 13. Jahrhundert, während der prächtige Glockenturm und die Fresken in ihrem Innern aus der Zeit der Renaissance datieren. Zu ihr führt eine monumentale Treppe von 360 Stufen hinauf, die auf Kosten des in Venedig lebenden Kaufmannes Daniel Fossati 1732 erbaut worden ist. Oratorium des h. Antonius von Padua mit Fresken und schönen Stukkarbeiten des Künstlers Carloni aus Scaria (17. Jahrhundert).
Neben der Kirche und dem Kuppelbau des Oratoriums der an Grabdenkmälern reiche Friedhof. Hoch über
dem Dorf und der Kirche steht auf einer kleinen Terrasse in 475 m die Ruine der Burg Morcote
, die nach Ballerini aus dem
Jahr 1100 stammt, der Reihe nach Eigentum der Visconti aus
Mailand, der
Grafen Rusca aus Como, der Sanseverino
und der Sforza war und 1512 von den
Eidgenossen erobert und geplündert wurde. Nachher kam sie an die Familie Paleari. Heimat
von einer grossen Anzahl von Künstlern und Schriftstellern: Pietro
Leone, der 1130 unter dem Namen Anicetus II. Papst wurde;
Antonio Raggio, Giuseppe Sardi und die Brüder Rossi, berühmte Architekten des 17. Jahrhunderts;
Gerolamo Ruggia, Professor in Parma und Verfasser von 1806 veröffentlichten Dichtungen;
Gaspare Fossati, Architekt am Hofe von Nikolaus I. von Russland, der die St. Sophienkirche in Konstantinopel restaurierte etc. Prachtvoll schön gelegen ist namentlich das schmale Plateau der Kirche: «Wie herrlich ist's hier oben! Auf der Terrasse zwischen den beiden Gotteshäusern, welch' ein Niederblick und welch' ein entzückender Blick auch in die Ferne! Auf den schmalen Streifen des terrassierten Berghanges unter uns blüht und duftet es von südlichem Gewächs, das Blau des Sees wetteifert mit dem des Himmels, und darüber hinweg durch die Lücke zwischen den Bergen des jenseitigen Ufers entzückt unser Auge die Aussicht nach den gesegneten Gefilden der Lombardei, aus denen bei Guasso von einem steilen, freistehenden Hügel ein Kirchlein freundlich herübergrüsst». (J. Hardmeyer).
1862 versank die äusserste Reihe der Häuser des Dorfes samt der Strasse in die Tiefe des Sees, und auch heute noch zeigen mehrere Häuser drohende Mauerrisse.