Moose
,
Moorfoot - Moose

* 2
Moose.
[* 2] Musci oder Muscinĕae, eine große
Abteilung der
Kryptogamen, zwei Gruppen, die Laubmoose
(Musci frondosi oder
Bryoideae) und die
Lebermoose (Musci hepatici oder
Hepaticae) umfassend. Während bei den erstern durchgängig
eine deutliche morpholog. Differenzierung in
Stamm und
Blatt
[* 3] vorhanden ist, stellt der vegetative
Teil vieler
Lebermoose einen
echten
Thallus dar, an dem eine Unterscheidung von
Stamm und
Blatt nicht durchführbar ist; andere
Lebermoose verhalten sich
in dieser
Beziehung ganz wie die Laubmoose.
Von den höher entwickelten
Gefäßkryptogamen unterscheiden sich die Moose
durch den anatomischen
Bau, besonders
aber durch die Art des ihnen eigentümlichen Generationswechsels. Wenn auch bei vielen Laubmoosen
in den Stämmchen die Anfänge
eines Leitbündels zu finden sind, so ist doch der gänzliche
Mangel an normalen
Gefäßbündeln mit deutlichen Gewebesystemen,
wie sie die
Gefäßkryptogamen besitzen, ein charakteristischer Unterschied zwischen diesen und den Moose.
Im
Generationswechsel zeigen sie zwar auch, wie jene, eine geschlechtliche und eine ungeschlechtliche Generation; aber während
bei den
Gefäßkryptogamen die erstere auf einen meist wenig zelligen, thallusartig entwickelten Gewebekörper, das
Prothallium,
beschränkt ist, stellt bei den Moose
die eigentlich grüne Moospflanze, die in den meisten Fällen
in
Stamm und
Blatt gegliedert ist, die geschlechtliche Generation dar.
Befruchtungssäule - Be

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Befruchtung.
Auf ihr werden an bestimmten Orten die
Antheridien oder
Archegonien gebildet, und nach der
Befruchtung
[* 4] der letztern wächst
aus denselben die
Moosfrucht, das
Sporogonium, heran, welches als ungeschlechtliche sporenerzeugende Generation der in
Stamm,
Blatt und
Wurzel
[* 5] gegliederten Generation der
Farne,
[* 6] Equisetaceen
[* 7] und
Lycopodiaceen entspricht. Bei diesen
drei Gruppen hat das
Prothallium eine verhältnismäßig kurze
Lebensdauer; es stirbt bald nach der
Befruchtung ab, und die
sich nunmehr entwickelnde ungeschlechtliche Generation bleibt lange erhalten; bei den Moose
hingegen ist es umgekehrt:
die
Moosfrucht stirbt bald nach der Reife der
Sporen ab, während die aus den
Sporen hervorwachsende geschlechtliche
Moospflanze eine oft sehr lange
Lebensdauer besitzt.
Moose

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Seite 61.1035.Die Keimung der Sporen erfolgt bei den in der Weise, daß zunächst aus denselben ein meist fadenartiger, mehrfach durch Querwände geteilter und verzweigter Vorkeim sich entwickelt, der ungefähr den Fäden der Konferven gleicht. An diesem Gebilde, dem Protonema, entstehen die eigentlichen Moospflanzen durch Bildung von seiten- oder endständigen kleinen Knospen, [* 8] die sich entweder, wie bei manchen Lebermoosen, zu einem meist flach ausgebreiteten Thallus oder, wie bei den andern Gruppen, zu einem beblätterten Stämmchen weiter entwickeln. In beiden Fällen wird die Verbindung der ¶
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Pflanze mit dem Boden durch sog. Rhizoiden (z. B. Tafel: Moose
I,
[* 9]
Fig. 1c) hergestellt, die in der Regel dem Protonema ähnlich
sind und auch als solches fungieren, d. h. zur Vermehrung der Moospflanze durch Knospenbildung beitragen können. Bei einigen
Lebermoosen (Marchantieen) sind die Rhizoiden einzellige lange schlauchförmige Gebilde, die an ihren
Wänden eigentümliche zackenförmige Verbindungen
[* 9]
(Fig. 1e) besitzen; diese Form kann nicht zu Protonemafäden auswachsen.
Die Gestalt der Moospflänzchen bietet in den einzelnen Gruppen große Verschiedenheiten dar. Bei den thallosen Formen ist gewöhnlich ein vielfach gelappter, fast stets dorsiventral gebauter Vegetationskörper vorhanden, dessen dem Licht [* 10] zugekehrte Seite anders entwickelt ist als die dem Substrat zugewendete. Auf der letztern stehen die Rhizoiden, und bei manchen Gattungen finden sich auch schuppenartige Gebilde, die wohl als ein Anfang der Blattentwicklung zu betrachten sind; auf der Lichtseite besitzen sie entweder eine glatte, nicht durch Öffnungen unterbrochene Oberfläche, oder es treten (Marchantieen) eigentümliche Löcher in derselben auf, die man als Spaltöffnungen oder Atemöffnungen bezeichnet.
Stengel (botanisch)

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Stengel.Diese weichen aber in ihrem Bau wesentlich von den Spaltöffnungen der höhern Pflanzen ab, da sie fortwährend offen bleiben und nicht wie jene aus zwei bewegungsfähigen Schließzellen gebildet sind, sondern von mehrern ringförmig gelagerten Zellen umschlossen werden [* 9] (Fig. 1c oben). An die thallosen Formen schließen sich als Übergang zu den beblätterten einige Gattungen an, deren Arten zwar einen bandartig verbreiterten Stengel [* 11] besitzen, zugleich aber auch schon auf den Flanken desselben blattähnliche Organe entwickeln.
Die Moose
, bei denen Blatt und Stamm deutlich unterschieden ist, sind entweder dorsiventral oder radiär gebaut. Dorsiventrale
Gliederung besitzen mit sehr wenigen Ausnahmen sämtliche blatttragenden oder foliosen Lebermoose; die
Laubmoose
hingegen zeigen durchgängig einen radiären Aufbau. Bei den erstern steht auf den beiden Flanken des meist niederlegenden
Stämmchens je eine Reihe von Blättern; außerdem findet sich in der Regel noch auf der nach unten gekehrten Seite eine Reihe
blattartiger Organe, sog. Amphigastrien, die aber kleiner sind als die auf den Flanken stehenden und oft
nur schuppenartige Form besitzen. Bei den Laubmoosen finden sich nur wenige Arten mit zweizeiliger Blattstellung;
[* 12] in den meisten
Fällen ist die Anordnung der Blätter eine schraubenlinige.
Festigkeit [unkorrigie
![Bild 56.705: Festigkeit [unkorrigiert] Bild 56.705: Festigkeit [unkorrigiert]](/meyers/thumb/56/56_0705.jpeg)
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Festigkeit.Der Bau der Blätter ist sehr einfach; es sind Zellflächen, in denen keine weitere Gewebedifferenzierung stattfindet (s. Tafel: Moose II, [* 9] Fig. 6b). Ebenso ist der Bau des Stammes nicht besonders kompliziert, nur in der Mitte desselben findet sich bei vielen Moose ein Strang von längern Zellen, die gewöhnlich reichlich mit Protoplasma erfüllt sind und jedenfalls ihrer Funktion nach ein spärlich entwickeltes Leitbündel darstellen. In der äußern Partie der Stämmchen liegen häufig ziemlich stark verdickte Zellen, besonders bei den größern Moose; sie dienen dazu, der Pflanze eine gewisse Festigkeit [* 13] zu geben.
Bei den Torfmoosen findet sich noch an der Peripherie der Stämme eine eigentümliche Hülle von spiralig verdickten und durchlöcherten Zellen, die durch ihren Bau befähigt sind, Wasser aufzunehmen und weiter zu leiten. (Näheres hierüber s. Sphagnum.) Bei den thallosen sind in der Mitte der Thalluslappen häufig eine Art von Mittelnerven vorhanden, die aus längern Zellen zusammengesetzt sind und wahrscheinlich auch zur Leitung von Nährstoffen dienen. Außerdem findet sich bei manchen Arten dieser Gruppe noch eine weitere Gewebedifferenzierung, insofern als schleimführende Gänge und Schläuche zwischen den mit Chlorophyll erfüllten parenchymatischen Zellen des Thallus auftreten.
Die Geschlechtsorgane der Moose werden an den Moospflänzchen auf verschiedene Weise gebildet: entweder stehen sie an der Spitze der Stämmchen (akrokarpe Moose), wenn sie sich aus der Scheitelregion entwickeln, oder sie stehen auf kleinen Seitensprossen (pleurokarpe Moose), oder sie gehen, bei den thallosen Formen, aus oberflächlich liegenden Zellgruppen hervor und sind dann dem Thallus entweder eingesenkt oder sie gelangen auf besonders ausgebildeten Zweigen desselben zur Entwicklung.
Die männlichen Organe, die Antheridien [* 9] (Fig. 3a u. b), haben in den beiden erstern Fällen gewöhnlich eine keulenförmige oder ellipsoidische Gestalt und sind gestielt; bei den thallosen Lebermoosen hingegen stellen sie krugförmige Höhlungen im Thallus dar. Im Innern der Antheridien werden sehr zahlreiche Spermatozoiden gebildet, die bei der Reife durch Zerreißung der Antheridienwand frei werden und mittels zweier Cilien sich sehr lebhaft bewegen können.
Die weiblichen Organe, die Archegonien [* 9] (Fig. 3c u. d) haben bei sämtlichen Moose ungefähr dieselbe Gestalt; es sind flaschenförmige Organe, die in ihrer untern Partie kugelig gewölbt sind und nach oben in einen langen Hals auslaufen; in dem weiten basalen Teil liegt die Eizelle, die nach der Befruchtung mehrfache Teilungen erfährt und so zu einem mehrzelligen, gewöhnlich etwas gestreckten Embryo heranwächst, aus dem sich dann die ungeschlechtliche Generation, die Moosfrucht oder das Sporogonium entwickelt.
Bei der Vergrößerung des Embryos erweitert sich zunächst der Archegoniumbauch ganz bedeutend und wird so zu einem Gebilde, welches das junge Sporogonium wie eine Hülle umschließt. Nur bei einer Gattung der Lebermoose bleibt das Sporogonium zeitlebens in dieser Hülle eingeschlossen, bei den übrigen bleibt dasselbe zwar ebenfalls fast bis zur Sporenreife in jener Hülle, dann aber wird dieselbe durch lebhaftes Längenwachstum des Stiels durchbrochen und das Sporogonium tritt hervor, um bald danach mit mehrern Längsspalten aufzuspringen und die Sporen auszustreuen; die Hülle bleibt als ein scheidenartiges Gebilde am Grunde des Sporogoniumteils sitzen. Bei den Laubmoosen hingegen wird sie bei der Weiterentwicklung des Embryos zur Moosfrucht an der Basis abgerissen und bleibt dann als sog. Mütze oder Haube [* 9] (Fig. 4e) auf dem Sporogonium bis zu dessen Reife sitzen.
Moosedeer - Moostierch

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Seite 61.1036.Die Entwicklung des Sporogoniums bis zur Sporenreife nimmt in der Regel ungefähr 3–12 Monate in Anspruch. Das Sporogonium der Laubmoose öffnet sich mit sehr wenigen Ausnahmen nicht mittels Klappen, sondern die obere Partie desselben hebt sich als Deckel [* 9] (Fig. 4d) ab. Durch die dabei gebildete Öffnung gelangen die Sporen ins Freie; häufig ist dieselbe umgeben von zahlreichen hygroskopischen, oft sehr zierlich gebauten Zähnen oder Zipfeln, Peristom [* 9] (Fig. 1d, 4c, 5b) genannt, deren Form und Anzahl für die systematische Unterscheidung der einzelnen Arten wichtig ist. Das Sporogonium der Moose besteht der äußern Form nach fast ¶
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stets aus einem Stiel, der sog. Seta, und dem eigentlichen Sporenbehälter, der Büchse (theca) oder Mooskapsel [* 14] (Fig. 1a, 4c–e, 5a, 6a). Die mannigfachen Verschiedenheiten in der Größe dieser beiden Teile sowie auch die Gestalt der Haube oder Mütze dienen in den meisten Fällen zur Unterscheidung der einzelnen Gattungen und Arten. Der anatom. Bau und die Entwicklungsgeschichte des Sporogoniums ist ziemlich verwickelt, da die einzelnen Gewebekomplexe zu sehr verschiedenen Zwecken verwendet werden; aus bestimmten Zellgruppen im Innern gehen die Sporen hervor, aus peripherisch liegenden entsteht die ziemlich fest gebaute Sporogoniumwand sowie der Deckel und das Peristom, aus einer basalen Partie des Embryos wird der Stiel gebildet und außerdem treten noch weitere Veränderungen im Innern der Kapseln [* 15] auf, so daß also die Gewebedifferenzierung in der Moosfrucht eine weiter gehende ist als in dem Vegetationskörper der geschlechtlichen Generation; die letztere dient in physiol. Beziehung nach der Befruchtung der Eizelle eigentlich als die Wirtspflanze der ungeschlechtlichen Generation, des Sporogoniums; denn das letztere bleibt zeitlebens auf dem Moospflänzchen sitzen und nimmt den größten Teil seiner Nährstoffe aus diesem, stellt aber immerhin ein selbständiges Individuum der ungeschlechtlichen Generation dar.
Außer durch die in den Sporogonien erzeugten Sporen pflanzen sich viele Moose durch Brutknospen oder Brutkörner fort. Diese Organe werden meist in besondern Behältern des Vegetationskörpers gebildet, wie z. B. bei Marchantia, sind aber nicht das Produkt eines sexuellen Aktes, sondern stellen rein vegetative Fortpflanzungsorgane dar. Bei der Weiterentwicklung derselben geht aus ihnen eine neue Geschlechtsgeneration hervor. Auch die knospenartigen Gebilde an den als Rhizoiden dienenden Protonemafäden sind als solche Brutknospen aufzufassen.
Die Lebermoose haben haubenlose Sporogonien, die Laubmoose besitzen mit Ausnahme der Torfmoose stets auf der Büchse eine Mütze. Die Büchse der Lebermoose öffnet sich in der Regel mit vier Klappen, die der Laubmoose mit einem Deckel oder sie bleibt in einigen wenigen Fällen (Phascaceen) ganz geschlossen. Bei einer kleinen Familie (Andreäaceen) spaltet sie sich wie bei den Lebermoosen in vier Klappen. Die Seta der Lebermoose ist in der Regel weiß und sehr zart gebaut, während diese bei den Laubmoosen eine braune oder braunrote Farbe, ähnlich wie die Büchse besitzt und aus stark verdickten Zellen besteht. Bei den meisten Lebermoosen werden außer den Sporen in der Büchse noch andere schraubenlinig verdickte Zellen, die sog. Elateren oder Schleuderzellen, gebildet, die beim Aufspringen der Büchse die Sporen fortschnellen und so zur Ausstreuung derselben beitragen (s. Tafel: Moose I, [* 14] Fig. 3b). Bei den Laubmoosen fehlen derartige Elemente durchgängig, hierzu die Tafeln: Moose I und II; zur Orientierung s. auch Laubmoose und Lebermoose.
Die Moose wachsen der Mehrzahl nach auf der Erde, viele auch an Felsen, Baumstämmen u. s. w., einige schwimmen im Wasser. Im allgemeinen sind es Pflanzen, die an schattigen Orten vorkommen und häufig den Boden auf weite Strecken mit rasenbildenden Polstern bedecken. Hauptsächlich in den Wäldern treten sie häufig auf und sind hier für die Feuchtigkeitsverhältnisse des Bodens von großer Wichtigkeit, da unter der Moosdecke die Erde stets feucht bleibt und in dem sie bedeckenden Rasen gewissermaßen ein Wasserreservoir besitzt, welches die atmosphärischen Niederschlage aufnimmt und nicht leicht abfließen läßt, wohl aber an die darunter liegenden Bodenschichten abgiebt. Zugleich tragen die Moose bedeutend zur Humusvermehrung bei, insbesondere gilt dies auch von denen, die auf nacktem Gestein die ersten Anfänge der Humusbildung ermöglichen. Über die Bedeutung der Torfmoose für die Zusammensetzung der Moore s. Sphagnum.
Getrocknete Moose werden in der Industrie mannigfach verwendet, teils zur Verzierung von Kränzen u. dgl., teils zum Polstern und Verpacken. In der Landwirtschaft benutzt man oft große Mengen von als Streu in Ställen. Im Bauwesen dient Moos als schlechter Schall- und Wärmeleiter zur Ausfüllung von Decken und Wänden sowie als Dichtungsmittel bei Holzwänden, Fenstern und Dächern.
Litteratur. Dillenius, Historia muscorum (Oxf. 1741);
Schimper, Synopsis muscorum europaeorum (Stuttg. 1800; 2. Aufl. 1876);
Leitgeb, Untersuchungen über die Lebermoose (6 Hefte, Jena [* 16] und Graz [* 17] 1874–81);
Göbel, Die Muscineen in Schenks «Handbuch der Botanik» («Encyklopädie der Naturwissenschaften», Bresl. 1879 fg.);
Sydow, Die Moose Deutschlands [* 18] (Berl. 1881);
ders., Die Lebermoose Deutschlands, Österreichs und der Schweiz [* 19] (ebd. 1882).