Titel
Moose
[* 1] (Musci L., Muscineae Bisch.), kryptogamischer Pflanzentypus, in der Mitte zwischen den Thalluspflanzen und den Gefäßkryptogamen stehend; sie sind wie die erstern nur aus Zellen zusammengesetzt, besitzen aber wie die letztere eine bestimmte Form von Geschlechtsorganen (Archegonien und Spermatozoiden bildende Antheridien), die ein notwendiges Glied [* 3] in ihrer Entwickelung bilden. Die letztere beginnt mit dem Auftreten des Vorkeims (protonema, prothallium), welcher unmittelbar aus der keimenden Spore [* 1] (Fig. 1 A) hervorgeht [* 1] (Fig. 1 B und C, Vorkeim von Dicranum scoparium, bei b die Anlage eines Moosstämmchens), und dessen verzweigte grüne Fäden aus chlorophyllhaltigen, cylindrischen Gliederzellen bestehen und auf der Erde wachsen, zugleich nicht grüne Fäden mit schiefen Querwänden erzeugen, welche als Wurzelhaare (Rhizoiden) in das Erdreich eindringen. Durch Knospenbildung an einzelnen Zweigen des Vorkeims entwickeln sich auf letzterm die Anlagen des beblätterten Moosstämmchens, welche zahlreich aus Einem Vorkeim hervorgehen können. Letzterer verschwindet danach oder bleibt noch einige Zeit lebendig. Bei den Lebermoosen, Anthoceroteen und Ricciaceen tritt der Vorkeim sehr zurück
Moose (äußerer und inn

* 4
Seite 11.789.
[* 1]
^[Abb.: Fig. 1. Keimende
Spore (A) und
Vorkeime von Laubmoosen.]
¶
mehr
oder fehlt gänzlich, das Stämmchen geht direkt aus der Spore hervor. Dasselbe ist bei den niedern Formen der Moose
durchaus
thallusähnlich und entwickelt erst bei den höhern Lebermoosen und den Laubmoosen
einen kriechenden oder aufrechten Stengel
[* 5] mit deutlichen Blättern. Man unterscheidet zwei Hauptformen des Moosstämmchens: den laubartigen oder frondosen Stamm,
Laub (frons,
[* 4]
Fig. 2 A D), von flach blatt- oder bandartiger Gestalt, dem Substrat aufliegend, an der Unterseite mit Rhizoiden
versehen, blattlos oder nur auf der Unterseite mit unvollkommenen Blattbildungen besetzt, meist dichotom verzweigt, am Ende
mit einer Einbuchtung, in deren Grunde der Vegetationspunkt mit der Scheitelzelle des Stämmchens liegt,
und den cylindrischen Stamm oder Stengel (Fig. 3 A D, 8, 7, 9 D), welcher eine runde, fadenförmige Gestalt hat und deutlich
beblättert ist, ebenfalls mittels einer Scheitelzelle an der Spitze wächst, bald aufrecht, bald kriechend ist und an den
mit dem Substrat in Berührung befindlichen Teilen ebenfalls Rhizoiden entwickelt.
Blatt (Blattstellung)

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Blatt.Die Moosblätter sind bei meist ganzer, vom Linealischen bis ins Runde gehender Gestalt aus einer einzigen Schicht von Zellen zusammengesetzt, welche meist alle einander gleich und mit Chlorophyllkörnern versehen sind, oder von denen die randständigen oder die in der Mittellinie liegenden andre Beschaffenheit haben; im letztern Fall hat das Blatt [* 6] einen einfachen Mittelnerv, der bisweilen aus mehreren Schichten von gestreckten, zugespitzten Zellen zusammengesetzt ist, auch wohl an seiner Oberfläche mannigfaltige zellige Bildungen zeigt.
Mesophyll, Epidermis
[* 7] und Spaltöffnungen sind an den Blättern der meisten Moose
nicht vorhanden; nur Anthoceros ist auf der Unterseite
des Laubes, Marchantia an der Oberseite mit Spaltöffnungen versehen. An den Stengeln stehen die Blätter
mehr- oder zweizeilig. Bei den kriechenden Stengeln der Lebermoose ist das letztere der Fall, sie erscheinen dann mit ihren
an beiden Seiten stehenden Blattzeilen der Unterlage oft fest angedrückt; da die Blätter in diesem Fall dem Stengel schief
angeheftet sind, so liegt der gegen die Stengelspitze gekehrte Blattrand entweder unter (unterschlächtig)
oder auf dem Rande des nächstfolgenden Blattes (oberschlächtig); mitunter kommt an der Unterseite dieser Stengel noch eine
dritte Zeile meist viel kleinerer und anders gestalteter Blätter (Amphigastrien oder Unterblätter) vor.
Die Geschlechtsorgane erscheinen als Haarbildungen oder als umgewandelte Blätter und Sprosse auf den Moosstämmchen;
die von diesen mikroskopisch kleinen Gebilden eingenommenen Stellen pflegt man die Blüten der Moose
zu nennen. Die Stengel tragen
sie entweder in den Blattachseln
[* 4]
(Fig. 4 G) oder auf dem Gipfel
[* 4]
(Fig. 3 E
D,
[* 4]
Fig. 6,
[* 4]
Fig. 5 A C); in letzterm Fall sind sie oft von eigentümlich gestalteten Blättern (Perichätialblättern,
[* 4]
Fig. 3 E b) umstellt, und mitunter entwickelt sich später noch eine besondere blattartige Hülle (Perianthium,
[* 4]
Fig. 5 A) rings
um sie; auch stehen oft zwi-
[* 4] ^[Abb.: Fig. 2. Marchantia polymorpha L. A Weibliche Pflanze mit einem Fruchtstand. B Weiblicher Fruchtstand im Durchschnitt. C Eine Kapsel. D Männliche Pflanze mit einem Fruchtstand. E Männlicher Fruchtstand im Durchschnitt.]
[* 4] ^[Abb.: Fig. 3. Polytrichum commune L. Weibliche Pflanze mit einer Kapsel. B und C Kapseln. [* 8] D Männliche Pflanze. E Männliche Blüte.] [* 9]
Moose (Fortpflanzungso

* 10
Seite 11.790.^[Abb.: Fig. 4. Jungermann bicuspidata L. G Antheridium eines Stengelblatts in der Achsel. H Spermatozoid in der Mutterzelle. J Dergleichen ausgetreten und schwärmend.] ¶
mehr
schen ihnen eigentümliche Haarbildungen (Paraphysen, [* 10] Fig. 3 E p). Das Laub trägt dagegen die Geschlechtsorgane auf seiner obern Seite, bald an der freien Oberfläche unmittelbar sitzend, bald in das Gewebe [* 11] desselben eingesenkt; bei den Marchantiaceen treten dagegen besondere Fruchtstände, eigentümlich metamorphosierte Sprosse des Laubes, auf, z. B. bei Marchantia gestielte, schirmartige, gelappte Organe [* 10] (Fig. 2 A u. B), welche auf der Unterseite mit den weiblichen Organen, und schildartig gestielte Körper [* 10] (Fig. 2 D u. E), welche auf der Oberseite mit den männlichen Organen versehen sind.
Korinth (Stadt)

* 13
Kanal.
Die männlichen Organe sind Antheridien
[* 10]
(Fig. 4 G,
[* 10]
Fig. 3 E a,
[* 10]
Fig. 2 E
a): runde oder längliche, kurzgestielte Säckchen, meist mit einer zarten, zelligen Haut,
[* 12] die sich an der
Spitze öffnet, um die in den Innenzellen entstandenen, kurz fadenförmigen, anfangs spiraligen und an dem einen Ende
mit zwei langen, feinen Wimpern versehenen, zuerst noch in ihren Mutterzellen steckenden Spermatozoiden
[* 10]
(Fig. 4 H und J)
zu entlassen. Die weiblichen Organe oder Archegonien
[* 10]
(Fig. 5 A u. B; auch
[* 10]
Fig. 6) sind flaschenförmige Körperchen, deren Halsteil
meist lang cylindrisch und von einem Kanal
[* 13] durchzogen ist, welcher zu gewisser Zeit oben sich öffnet, um den Spermatozoiden
Zutritt zu der im Bauchteil des Archegoniums liegenden Eizelle zu gestatten. Antheridien und Archegonien
kommen entweder auf einem und demselben (einhäusige oder auf verschiedenen Individuen (zweihäusige Moose
) vor. Aus
der befruchteten Eizelle entwickelt sich die zweite Generation der Moose
, welche, da sie wesentlich der Reproduktion der Sporen
gewidmet ist, als Sporogonium
[* 10]
(Fig. 5 C s g,
[* 10]
Fig. 6) bezeichnet wird und die ungeschlechtliche Generation
darstellt, während das aus der Spore hervorgehende Moospflänzchen als Träger
[* 14] der
Geschlechtsorgane die geschlechtliche erste
Generation repräsentiert.
Das Sporogonium unterscheidet sich von dem geschlechtlichen Produkt der nächst höhern Kryptogamen hauptsächlich darin, daß es noch kein selbständiges Vegetabil darstellt, sondern von der fortlebenden vorhergehenden Generation (den Moosstämmchen) getragen und ernährt wird. Zunächst entsteht aus der Eizelle ein vielzelliger, von dem stark erweiterten Bauchteil des Archegoniums eingeschlossener Körper (Embryo), an welchem alsbald die Organe des Sporogoniums sich differenzieren.
Der wesentliche Teil des letztern stellt das eigentliche Fruchtorgan der Moose
dar: die in ihrem Innere mit den Sporen erfüllte
Kapsel oder Büchse (theca,
[* 10]
Fig. 3 A B C;
[* 10]
Fig. 7 t;
[* 10]
Fig. 9 D E;
[* 10]
Fig. 2 C), auch
Sporangium genannt. Sie steht meist auf einem mehr oder weniger langen, dünnen Stiel oder auf einer Borste (seta,
[* 10]
Fig. 7 s;
[* 10]
Fig. 9 D u. E;
[* 10]
Fig. 3 A;
[* 10]
Fig. 5 und 6 s), deren meist
knollig angeschwollene Basis
[* 10]
(Fig. 5 C f) in das Gewebe des Stammes eingesenkt und befestigt ist. Gewöhnlich wird die Büchse
durch eine beträchtliche Streckung der Borste aus dem Bauchteil des Archegoniums befreit.
Der letztere stellt in dieser Periode die Haube (calyptra,
[* 10]
Fig. 6 und 7 c) dar. Sie bleibt in ihrem untern
Teil oder, wenn sie an der Spitze durchrissen wird, in ihrer Totalität als Scheidchen (vaginula,
[* 10]
Fig. 6 v und
[* 10]
Fig. 9 D c) um
die Basis des Sporogoniums stehen; bei den Laubmoosen
wird ihr oberer Teil als eine von der Büchse getragene
Mütze oder Haube emporgehoben, welche bald regelmäßig glockenförmig, bald einseitig kapuzenförmig, bald kahl, bald dicht
behaart erscheint. Selten befindet sich am Grunde der Büchse eine eigentümliche, oft lebhaft gefärbte Anschwellung
[* 10] ^[Abb.: Fig. 5 Jungermannia bicuspidata L. A Spitze eines Stämmchens mit dem letzten Blatt und der weiblichen Blüte. B Archegonium. C Spitze eines fruktifizierenden Stämmchens mit dem Sporogonium.]
[* 10] ^[Abb.: Pottia lanceolata C. Müll.
Fig. 6. Weibliche Blüte mit zwei Sporogonien.
Fig. 7. Ganze Pflanze mit der Kapsel.]
[* 10] ^[Abb.: Fig. 8. Hypnum triquetrum L. Ein Stengel mit Kapseln.
Fig. 9. Jungermann bicuspidata L. D Ein Stengel mit der Kapsel. E Eine geöffnete Kapsel. F Eine Schleuderzelle nebst Sporen.] ¶