Titel
Moore
(spr. muhr), 1) Sir John, brit. General, geb. 1761 zu Glasgow, [* 3] trat 1776 als Fähnrich in die englische Armee, machte den amerikanischen Krieg und die Expeditionen gegen Gibraltar [* 4] und Corsica [* 5] mit, focht 1796 als Brigadegeneral in Westindien [* 6] und ward im Mai d. J. Gouverneur von Santa Lucia, mußte aber 1797 aus Gesundheitsrücksichten nach England zurückkehren. Er kämpfte darauf gegen die Rebellen in Irland und 1799 als Generalmajor in Holland gegen die Franzosen, 1800 aber in Ägypten, [* 7] wo er sich, obschon bei Abukir verwundet, besonders bei der Belagerung von Kairo [* 8] auszeichnete. 1805 erhielt er ein Kommando auf Sizilien [* 9] und 1808 ein solches über ein Korps von 10,000 Mann, welches Schweden [* 10] gegen die Franzosen, Russen und Dänen unterstützen sollte.
Da er sich aber bei der
Landung mit
Gustav IV. überwarf und von diesem verhaftet wurde, kehrte er mit seinen
Truppen nach
England
zurück. Darauf nach
Portugal
[* 11] gesandt, vereinigte er sich mit
General
Baird und drang bis
Burgos vor, wo
er von den spanischen Insurgenten Unterstützung zu finden hoffte, mußte sich aber, um nicht von der
Küste abgeschnitten
zu werden, nach
Coruña zurückziehen.
Als er hier die Einschiffung der
Truppen anordnete, erreichten ihn
Soult und
Napoleon. Moore
fiel in dem sich entspinnenden
Kampf, doch ward sein
Korps gerettet. In der Westminsterabtei
und in
Glasgow sind ihm
Denkmäler errichtet.
Sein
Bruder gab die Geschichte seines
Feldzugs in
Spanien (Lond. 1809) und seine
Biographie (das. 1834) heraus.
2)
Thomas, berühmter engl. Dichter und Schriftsteller, geb. zu
Dublin,
[* 12] war der Sohn eines Weinhändlers und bezog, 15 Jahre alt, die
Universität
Dublin, um die
Rechte
zu studieren. Der
Aufstand von 1798 blieb nicht ohne
Eindruck auf den jungen Mann, den inzwischen sein musikalisches
Talent
in die ersten
Kreise
[* 13] der Stadt eingeführt hatte. 1799 zum
Bakkalaureus promoviert, ging Moore
nach
London,
[* 14] um
die Advokatenlaufbahn zu beginnen und zugleich um einen Verleger für seine Übersetzung des
Anakreon zu finden; das
Buch erschien
indes nach einigem Zögern im
Selbstverlag (Lond. 1800) und befreite den Verfasser durch seinen
Ertrag aus drückender finanzieller
Lage.
Ebenso erfolgreich war die Veröffentlichung seiner ersten Gedichte unter dem
Titel: »Poetical works of
the late
Thomas
Little« (Lond. 1801). Nachdem er die offizielle Hofpoetenstelle ausgeschlagen, verschafften
ihm seine
Gönner von der Whigpartei eine Verwaltungsstelle auf den Bermudasinseln; indessen gab er sie nach drei
Monaten auf
und kehrte nach
England zurück.
Gleich darauf kamen die
Whigs ans
Ruder, und Moore
war schon im
Begriff, zum
Antritt einer ihm übertragenen
Stelle nach
Irland abzureisen, als eine persönlich beleidigende
Kritik in der »Edinburgh
Review«
die
»Odes and epistles« traf, die er (Lond. 1806, 2 Bde.)
veröffentlicht hatte.
Ein
Duell zwischen und dem
Redakteur
Jeffrey wurde nur durch die Dazwischenkunft der
Polizei verhindert. Ein
ähnlicher
Handel mit
Lord
Byron, welcher in einer
Satire auf diese Begebenheit angespielt hatte, wurde später friedlich beigelegt,
und von der Ausgleichung des Zerwürfnisses datiert die innige und dauernde
Freundschaft beider Dichter. 1811 verheiratete
sich Moore
mit der reichen
Miß
Dyle und lebte nun teils auf seinem
Landgut Sloperton Cottage in
Wiltshire,
teils in
London. Ausschließlich der Litteratur sich widmend, versuchte er sich im
Drama, hatte aber mit politischen
Satiren,
in denen er die Torypartei mit dem ihm eignen beißenden
Witz angriff, mehr Erfolg. Seine
berühmten
»Irish melodies« (1807-34;
deutsch zum Teil von
Freiligrath; von Kißner, Hamb. 1875) sind lyrische Gedichte als
Texte zu alten irischen,
von
John
Stevenson arrangierten Nationalmelodien, welche, wie diese selbst, in gelungenster
Weise jene »seltsame Mischung von
Gram und Leichtsinn«, die nach Moores
Ausspruch den
Charakter der
Irländer bildet, zum
Ausdruck bringen.
Dabei sind politische und historische Gegenstände nur sparsam berührt; das rein lyrische, das sprudelnde wie das wehmütige, Element herrscht vor. Ein Seitenstück dazu bilden die »National melodies« (1815) und die »Sacred songs« (1816),
letztere mit
Musik von und
Stevenson.
Sein größtes und vollendetstes Werk ist die im
Morgenland spielende
Dichtung
»Lalla Rookh«
(1817; deutsch von A.
Schmidt, 2. Aufl., Berl. 1876). Sie besteht
aus vier durch einen
Rahmen verbundenen poetischen
Erzählungen, von denen »Paradise and the
Peri« (deutsch von H.
Kurz, Stuttg.
1844, und von
Witte, 3. Aufl., Darmst. 1878) am meisten bekannt ist; die Schilderungen
sind reich an orientalischer Pracht, und die
Sprache
[* 15] atmet jenen melodischen Zauber, der einen wesentlichen Vorzug
Moores
bildet und in manchen seiner Gedichte die oft allzu kahle Verstandesschärfe in
Reflexion
[* 16] und
Gedanken verdecken muß.
Der juristisch geschulte
Verstand, der in der
Lyrik Moores
bisweilen stört, feiert indes seine größten
Triumphe in satirischen,
oft politischen, auf Tagesereignisse bezüglichen Gedichten. Geldverlegenheiten, welche einer bei seinem Weggang von den
Bermudasinseln gegen ihn gerichteten Entschädigungsklage entsprangen, veranlaßten ihn, auf einige Zeit nach
Paris
[* 17] zu flüchten,
wo er seine
»Loves of the angels« (1823),
ein Seitenstück zu
»Lalla Rookh«, schrieb. Von dichterischen Werken erschien nur
noch der unvollendete
Roman »The Epicurean« (1827), dessen
Stoff, in poetische Briefform gekleidet, dem
Orient entnommen
ist. Außerdem erstreckte sich seine Thätigkeit auf die Sammlung seiner Werke und auf historische
Studien. Die Geschichte
seines Vaterlandes und die
Leiden
[* 18] desselben in der Gegenwart hatte er schon 1823 in seinen »Memoirs of
the life of captain
Rock«, nicht überall
frei von Parteileidenschaft, geschildert; auch seine »Memoirs of
Lord
Edward
Fitzgerald« (Lond. 1831, 2 Bde.)
sind ein schätzbarer Beitrag zur irischen Geschichte. Seine »Travels of an
Irish gentleman in search of religion« (Lond.
1833, 2 Bde.; deutsch von
Lieber, 6. Aufl., Aschaffenb. 1852) sind mehr ein
Zeugnis von Moores
scharfem
Verstand als der
Ausdruck
einer ethischen Beteiligung an der
Sache selbst. Für
Lardners »Cyclopedia« lieferte er eine »History
of Ireland«, die dann vervollständigt in 4
Bänden (Lond. 1835 u. öfter; deutsch von Ackens,
Baden
[* 19] 1846) erschien. Die »Memoirs
of the life of
Lord
Byron« (1833, neue Ausg. 1878) ersetzen die dem Dichter von
Byron übertragene, von jenem unterlassene Herausgabe
der wirklichen Aufzeichnungen nicht.
Auch gab er 1821
Sheridans Werke heraus und schrieb 1825 dessen
Biographie. Er starb nach längerm Siechtum in Sloperton
Cottage. Zu
Glasgow und
Dublin wurden ihm
Statuen errichtet. Die »Memoirs, journal and correspondence of
Th. Moore«
(Lond. 1852-56, 8 Bde.;
im
Auszug 1860) veröffentlichte
Lord
John
Russell. Seine sämtlichen Werke erschienen
London 1840-43 in 10
Bänden
(neue Ausg. 1861), 1883 in 1
Band;
[* 20] die poetischen Werke übersetzte
Th. Ölckers (2. Aufl., Leipz. 1843, 5 Bde.).
Vgl. Symington, Th. Moore (Lond. 1880);
Vallat, Th. Moore, sa vie et ses œuvres (Par. 1886). ¶