Montecúccoli
(Montecuculi),
Raimund,
Graf von, deutscher
Reichsfürst und
Herzog von
Melfi, ausgezeichneter österreich.
Feldherr, geb. zu
Modena aus einer alten
Familie mit dem Stammschloß Montecuccolo
, begann 1625 seine
militärische Laufbahn unter den
Augen seines Oheims, des
Generalfeldzeugmeisters
Ernst,
Grafen von Montecúccoli
(gest. machte 1629 einen
Feldzug in
Deutschland
[* 3] mit, kämpfte als Oberst bei
Breitenfeld
[* 4] (1631), bei
Lützen
[* 5] (1632), bei
Nördlingen
[* 6] (1634) und bei
Wittstock (1636). In
Böhmen,
[* 7] wohin er 1639 gesandt wurde, um den
Schweden
[* 8] unter
Banér den Elbübergang streitig zu machen,
wurde er bei
Brandeis geschlagen und geriet beim
Rückzug in Gefangenschaft.
Nach seiner Auswechselung (1642) trat er wieder bei der kaiserlichen Armee in Schlesien [* 9] ein, schlug bei Troppau [* 10] ein feindliches Korps und entsetzte Brieg. [* 11] Er wurde Generalwachtmeister, begab sich jedoch dann mit Werbesoldaten nach Modena und machte als General der estensischen Kavallerie den Krieg um Novantula mit. 1643-44 wieder in kaiserliche Dienste [* 12] tretend, 1644 zum Feldmarschallleutnant und Hofkriegsrat ernannt, befehligte er in Franken, Sachsen, [* 13] Bayern, [* 14] wurde Kommandierender in Schlesien, unterstützte 1645 mit seinem Korps den Erzherzog Leopold auf dessen Zuge gegen den Fürsten Rákóczy von Siebenbürgen und schlug 1647 die Schweden bei Triebel in Schlesien, wofür er zum General der Kavallerie ernannt ward. 1648 aus Italien [* 15] zurückgekehrt, machte er die Schlacht bei Zusmarhausen ^[richtig: Zusmarshausen] mit und deckte den Rückzug.
Darauf unternahm er Reisen nach Schweden und Italien. Seine Bekanntschaft mit Christine von Schweden bot Stoff zu romanhaften Gerüchten. 1653 ward er zum stellvertretenden Präsidenten des obersten Kriegsrats zu Regensburg [* 16] ernannt. 1657 unterstützte er den polnischen König Johann Kasimir gegen Rákóczy und die Schweden und zwang erstern zum Frieden mit Polen. 1658 zum Feldmarschall ernannt und dem von den Schweden bedrängten Dänenkönig zu Hilfe gesandt, vereinigte er sich bei Küstrin [* 17] mit den Truppen des Kurfürsten von Brandenburg, [* 18] vertrieb die Schweden aus Jütland und Fünen, wandte sich darauf nach Pommern [* 19] und eroberte Damgarten, Anklam, [* 20] Demmin, [* 21] Ukermünde. Nach dem Frieden von Oliva (1660) ward er Geheimrat und Gouverneur von Raab, [* 22] erhielt darauf das Kommando gegen die in Siebenbürgen eingefallenen Türken, zwang dieselben, dieses Land zu räumen, mußte sich aber, im wachsenden Zerwürfnis mit den ungarischen Kriegshäuptern, zurückziehen und vereitelte durch kluges Zögern alle Unternehmungen des feindlichen Heers bis zur Ankunft der Franzosen, welche ihm den Sieg bei St. Gotthardt erfechten halfen. 1668 erhielt er das Präsidium des Hofkriegsrats.
Als
Ludwig XIV. 1672
Holland angriff, erhielt Montecúccoli
den Oberbefehl über das mit der
Armee des
Großen
Kurfürsten vereinigte kaiserliche
Hilfskorps, durfte aber nichts Entscheidendes unternehmen und legte daher Anfang 1673 das
Kommando nieder.
Im
Sommer aber vertrieb
er an der
Spitze eines neuen
Heers
Turenne aus
Deutschland und eroberte, mit dem
Prinzen von
Oranien vereint,
Bonn.
[* 23] 1675 befehligte er wieder die Kaiserlichen gegen
Turenne. Beide manövrierten vier
Monate lang erfolglos gegeneinander,
bis endlich
Turenne in der
Schlacht bei
Sasbach fiel, worauf Montecúccoli
die sich zurückziehenden
Franzosen
bis nach dem Elsaß verfolgte und
Hagenau
[* 24] und
Zabern
[* 25] belagerte.
Aber
Condés Erscheinen auf dem Kampfplatz nötigte ihn, das Elsaß wieder zu verlassen, worauf er mit der Belagerung von
Philippsburg seine militärische Laufbahn schloß. Er lebte fortan meist am kaiserlichen
Hof,
[* 26] im
Umgang
mit
Gelehrten. Die
Stiftung der Leopoldinischen
Akademie für
Naturforschung ist wesentlich sein
Verdienst. 1679 ward er vom
Kaiser
Leopold zum deutschen
Reichsfürsten ernannt und vom König von
Neapel
[* 27] mit dem Herzogtum
Melfi belehnt. Er starb in
Linz.
[* 28] Mit seinem Sohn
Leopold
Philipp starb 1698 die fürstliche
Linie aus. Seine »Memorie della guerra ed
istruzione d'un generale« (Vened. 1703; deutsch, Leipz. 1736)
enthalten Abhandlungen über die
Kriegskunst und
Berichte über den Türkenkrieg und den
Feldzug von 1664. Die
»Opere complete
di Montecúccoli«
(Mail. 1807-1808, 2 Bde.; 2. Aufl.,
Turin
[* 29] 1821) enthalten außer
Poesien und politischen
Schriften noch ein wichtiges Werk über
Ungarn.
[* 30] Montecúccoli
wird
der bekannte
Ausspruch über die drei zum
Krieg notwendigen
Dinge
(Geld) zugeschrieben.
Vgl.
Campori, Raimondo Montecúccoli
, la sua famiglia
e i suoi tempi
(Flor. 1876);
Großmann,
Raimund Montecúccoli
(Wien
[* 31] 1878). -
Das
Geschlecht der
Grafen von Montecúccoli
blüht gegenwärtig in zwei Hauptlinien, der ältern oder österreichischen
(Montecúccoli
-Laderchi) und der jüngern oder modenesischen
(Marchesi di Polinago), von denen erstere wieder in die beiden
Häuser der
Marchesi di Guiglia e
Marano und der Montecúccoli
-Laderchi im engern
Sinn zerfällt. Den letztern gehört an
Graf
Albert, geb.
gest. der 1848-49 österreichischer Staatsminister, dann
Chef der ersten
Sektion im
Ministerium
des Innern war.