Moniersystem
,
Monierbauweise (spr. -nĭeh-), eine in der Neuzeit vielfach mit größtem Erfolg angewandte
Bauweise, bei der die einzelnen Baukörper aus einem Eisengerippe mit Cementumhüllung bestehen. Sie ist nach ihrem Erfinder
Monier benannt, der als
Besitzer einer großen Gärtnerei in
Paris
[* 3] zuerst große Blumenkübel und Wasserbehälter nach diesem
System herstellte. Der deutsche Ingenieur
G. A. Wayß erwarb das sich in
Frankreich schnell bahnbrechende Moniersystem
für
Deutschland
[* 4] und
Österreich,
[* 5] wo es ihm gelang, dasselbe in der ausgedehntesten
Weise für den Hochbau, Wasserbau und das Hüttenwesen
nutzbar zu machen.
Nach den amtlichen von ihm geleiteten Versuchen 1886 begründete der damals als
Vertreter der preuß. Regierung anwesende
Regierungsbaumeister Moniersystem
Koenen (der jetzige Direktor der
Aktiengesellschaft für Monierbauten in
Berlin)
[* 6] die
Theorie der
Stabilität von Monierkonstruktionen und entwickelte die statischen Formeln zur Dimensionierung der letztern.
Das Wesentliche dabei besteht in dem Grundsatze, daß das
Eisen
[* 7] in solcher
Lage und solcher
Stärke
[* 8] in den Cementkörper einzubetten
ist, daß es die Zugspannungen aufzunehmen vermag, während dem druckfesten
Cement die Druckspannungen
zugewiesen werden. Die nach diesem
Gesichtspunkt ausgeführten Konstruktionen zeigen auffallend geringe Wandstärken, kühne
Spannweiten mit geringen
Höhen. Nachstehende Abbildung zeigt eine nach dem Moniersystem
ausgeführte
Straßenbrücke in Wildegg in der
Schweiz
[* 9] (39 m mittlere
Spannweite, 3,5 m
Pfeilhöhe, 17 cm Gewölbstärke im Scheitel, 25 cm an den Widerlagern).
Das Moniersystem
besteht aus 5-25
mm starken Rundeisen, aus welchen ein weitmaschiges Gerippe gebildet wird und
so mit
Cement umhüllt zu ebenen und gekrümmten Platten, zu Füllkörpern, zu binderähnlichen Tragkörpern und zu Hohlkörpern,
welche sowohl den innern als den äußern Druck aufnehmen, geformt wird. Das Moniersystem
erstreckt sich auf folgende
Gebiete:
Brücken
[* 10] und Wölbungen;
Durchlässe, Tunnels, Kanäle und Röhren; [* 11]
Kappengewölbe
in Fabriken,
Speichern u. s. w., in welchen gleichzeitig alle frei bleibenden Eisenteile und
Säulen
[* 12] glutsicher mittels des Moniersystem
zu ummanteln
sind;
Platten zu Fußböden und Trottoirs;
Die Hauptvorteile des Moniersystem
gegenüber andern Konstruktionen besteht in der unveränderlichen Dauerhaftigkeit
und Widerstandsfähigkeit auch gegen Feuersgefahr, großer Tragfähigkeit bei geringem Eigengewicht und minimaler Konstruktionsstärke,
Ersparnis an Widerlagern und
Verankerungen, Wasser- und Dunstdichtigkeit, schnelle Ausführung und Benutzungsfähigkeit, größere
Billigkeit gegenüber reinen
Stein- und Eisenkonstruktionen und in hygieinischer
Beziehung vollständige Reinhaltung der
Gebäude
von krankheiterregenden
Stoffen, Ungeziefer, Schwammbildung und Fäulnis.
Professor
Bauschinger in
München
[* 14] hat eine ganze Reihe von Versuchen mit Moniergegenständen angestellt
und die sehr günstigen Ergebnisse in einem
Bericht vom niedergelegt. Unter den Ausführungen (ganze
Gebäude und
Gewölbe)
[* 15] nach dem Moniersystem
sind beispielsweise die Außenwände und
Gewölbe über der Alberthalle des
Krystallpalastes zu
Leipzig
[* 16] vom königl.
Baurat Arwed Roßbach,
[* 17] die bombensichern
Gewölbe für
deutsche Festungen mit 40000 kg Tragfähigkeit
per Quadratmeter zu nennen. Die Kosten für Monierarbeiten der
Aktiengesellschaft für Monierbauten zu
Berlin richten sich
nach der
Größe des Objekts, der
Spannweite und Belastung. Ungefähre Angaben darüber finden sich im Baugewerkskalender 1894. –
Vgl. Rehbein, Ausgewählte Monier- und Betonbauwerke der Aktiengesellschaft für Monierbauten zu Berlin (2. Aufl., Berl. 1894).