Mondfinsternis
,
[* 1] die Verfinsterung des Vollmondes, bei welcher scheinbar eine schwarze
Scheibe von O. gegen W. über
denselben hinrückt. Diese schwarze
Scheibe ist der
Schatten
[* 2] der
Erde, welche zur Zeit des Vollmondes zwischen
Sonne
[* 3] und
Mond
[* 4] steht, die Verfinsterung des
Mondes daher nichts andres als das Eintreten des
Mondes in den
Erdschatten. Geht nun der ganze
volle
Mond durch den
Erdschatten, so daß er gar kein
Licht
[* 5] von der
Sonne erhält, so ereignet sich eine totale M; in jedem andern
Fall hat man nur eine partielle Mondfinste
rnis. Jene ist entweder eine totale mit Dauer oder
ohne Dauer, je nachdem der in den
Erdschatten eingesenkte
Mond eine Zeitlang in demselben verweilt oder nicht.
Fallen
[* 6] endlich die
Mittelpunkte des
Schattens u. der Mondscheibe aufeinander, so heißt die Mondfinsternis
zentral,
wobei die totale Mondfinsternis
1¾
Stunden dauern kann. Es sei S die
Sonne (s. Figur), C die
Erde, EHF der von den
äußersten Sonnenstrahlen AH und BH begrenzte wahre
Erdschatten, welcher nach
Grundsätzen der
Optik kegelförmig ist und sich
bis nach H, etwa 217 Erdhalbmesser weit von ECF, erstreckt. Da nun der
Mond nur 60 Erdhalbmesser von C entfernt
ist so kann er, wenn ML einen Teil der Mondbahn vorstellt, bei r, wo er von der
Erde aus der
Sonne gegenüberstehend gesehen
wird, mit seinem östlichen
Rand in den
Schatten treten,
bei m gänzlich verfinstert werden und
bei t wieder den
Schatten verlassen.
Die Ursache, warum nicht bei jedem Vollmond eine Finsternis entsteht, ist auf folgende Art zu erklären: Wenn die Papierfläche, worauf die [* 1] Figur verzeichnet ist, die Ebene der Ekliptik vorstellt, so wird diese von der Mondbahn unter einen Winkel [* 7] von 5¼° geschnitten. Die gerade Linie, in welcher dieser Schnitt geschieht, heißt die Knotenlinie; von dieser wird also die Mondbahn in zwei Teile geteilt, deren einer über, der andre unter die Fläche der [* 1] Figur fällt, in welcher die Knotenlinie selbst liegt.
Wenn nahe zur Zeit des Vollmondes, wo der
Mond nach r kommt, die
Knotenlinie nicht weit von der
Lage
Cm abweicht, d. h. wenn
ein Mondknoten in oder nahe
bei m fällt, so wird der
Mond der
Ebene der
Ekliptik nahekommen und folglich
den
Erdschatten treffen können.
Ist er aber zur Vollmondzeit von seinem
Knoten zu weit entfernt, so kann er entweder unter
oder über den
Erdschatten weggehen, mithin gar nicht verfinstert werden.
Nun ist der größte scheinbare
Halbmesser dieses
Schattens 47 und der des
Mondes 17 Bogenminuten; folglich kann keine Mondfinsternis
mehr eintreten, wenn der
Abstand des
Mittelpunktes des
Mondes von der
Ekliptik oder seine
Breite
[* 8] im
Augenblick des Vollmondes 47' + 17' = 64' übersteigt, wo dann
der
Mond von seinem nächsten
Knoten 12-13° entfernt wäre. Eine totale Verfinsterung wird unmöglich,
wenn die Mondbreite 47' - 17' = 30' übersteigt, in welchem
Fall die
Entfernung des
Mondes vom nächsten
Knoten über 6° betragen
muß.
Allen denjenigen Gegenden, welche den
Mond
^[Abb.: Figur der Geometrie des Erdschattens] ¶
mehr
sehen können, erscheint derselbe zu gleicher Zeit und auf gleiche Weise verfinstert, was bei einer Sonnenfinsternis
[* 10] hinsichtlich
der Sonne nicht der Fall ist. Übrigens wird der Mond durch seine totale Verfinsterung sehr selten (z. B. 1606 und 1816) völlig
unsichtbar; in der Regel erscheint er in einem kupferroten Licht, während bei partieller Verfinsterung
der Erdschatten dunkelgrau erscheint. Die frühsten Beobachtungen über Mondfinste
rnisse wurden von den Chaldäern angestellt.
Thales war der erste, welcher auf die Entstehung der Finsternisse durch den Erdschatten hinwies.
Vgl. Oppolzer, Kanon der Mondfinste
rnisse
(Wien
[* 11] 1887).