Mœrel
(Kt. Wallis, Bez. Oestlich Raron). 781 m. Gem. und Pfarrdorf, Hauptort des Bezirkes Oestlich Raron; an der Furkastrasse 7 km nö. Brig. Postbureau, Telegraph; Postwagen Brig-Furka-Göschenen. 35 Häuser, 327 kathol. Ew. deutscher Zunge. Gemeinsame Kirchgemeinde mit Betten, Bister, Bitsch, Filet, Goppisberg, Greich und Ried (in Betten und Ried je ein Kaplan). Viehzucht und Milchwirtschaft. Der früher nach Italien betriebene Tauschhandel von fettem Jungvieh gegen Reis und Wein hat heute aufgehört.
Käserei. Mühle und Säge. Holzwarenfabrik. Das in einem Obstbaumwald schön gelegene Dorf ist der Ausgangspunkt von mehreren Saum- und Fusswegen auf die Riederalp und zum Hotel Eggishorn. Deren begangenster führt über Ried und durch einen prachtvollen Wald in 2½-3 Stunden auf die Riederalp. In dem gut zur Sonne exponierten und vor kalten Winden geschützten Mörel gedeihen die letzten Nussbäume, Kastanien und Weinlauben des Rhonethales. Grosse und schöne St. Hilariuskirche, mit einem nach Berner Art aufgestutzten romanischen Glockenturm.
Bemerkenswertes Beinhaus. 2 km sw. vom Dorf steht an der Strasse nach Brig in einem Engpass zwischen der Rhone und den sie überragenden Steilhängen auf einem Felskopf über dem Fluss die bekannte und viel besuchte Wallfahrtskapelle zur «Hochfluh». Bei Mörel hat man auch 1897 und 1898 die zu den Arbeiten am Simplontunnel notwendige Wasserkraft gefasst. Die aus Béton armé erstellte, geschlossene Leitung zweigt von der Rhone ab, hat einen Durchmesser von 1,9 m und ist 3200 m lang; sie zieht sich, von vielen Steinpfeilern gestützt, längs dem ¶
mehr
Berghang gleich einer riesigen Schlange langsam thalauswärts, geht durch einen 223 m langen Stollen und mündet in das grosse Hochdruckreservoir ein, dessen Ueberlauf in starkem Schwall zur Massa hinunter stürzt. Die Zuleitung vom Reservoir her zu den Installationen in Brig ist 1497 m lang; sie besteht aus Röhren von genietetem Eisenblech mit 1,6 m Durchmesser und geht parallel der zu den Steinbrüchen am Ausgang der Massaschlucht führenden Bahnbrücke auf einer Holzbrücke über die Rhone.
Diese Kraft speist die Turbinenanlagen, die die Ventilatoren und Bohrmaschinen im Simplontunnel treiben und das elektrische Licht liefern. 2 km oder ½ Stunde über dem Dorf Mörel bemerkt man noch einige Ueberreste der ehemaligen Burg Mangepan oder Mancapan, des Stammsitzes der Herren gleichen Namens, deren Wappen, ein Stierkopf mit Kornähren in den Nasenlöchern, heute zugleich auch das von Mörel selbst ist. Von der einstigen Burg Dirrenberg sieht man heute keine Spur mehr; sie soll auf einem Felssporn n. über dem Dorf und gegenüber dem vom Dorfbach gebildeten kleinen Wasserfall gestanden haben. Beide Burgen sind 1262 vom Grafen Peter von Savoyen zerstört worden.
Mörel ist die Heimat von verschiedenen Walliser Patriziergeschlechtern (so z. B. der de Sépibus) und hat in der Territorialgeschichte des Wallis eine nicht unbedeutende Rolle gespielt. Die Grafen von Savoyen hatten die ihnen im obern Landesteil gehörenden Ländereien (besonders in Ayent, Granges, Mörel und im Eringerthal) schon frühzeitig an Ministerialen vergeben. Auf diese Art erhielt Bischof Landri de Mont 1224 vom Grafen Thomas I. das Lehen Mörel, das von nun an den Bischöfen von Sitten unterstand.
Amtsleute des Bischofs waren hier die Edeln von Mörel (Morgia), die im 13. Jahrhundert den Grafentitel führten, das Schloss Mangepan bewohnten und sich dann auch nach diesem benannten. Nach der Zerstörung der beiden schon genannten Burgen verkauften Konrad und sein Sohn Wilhelm von Mangepan ihre Hoheitsrechte über Mörel um den Preis von 105 Pfund Saint Maurice'er Währung (4700 Fr.), und 1287 zog der Bischof die über der Massa gelegenen Erbgüter von Marquard von Mangepan, des andern Sohnes von Konrad, gewaltsam an sich. Seit dieser Zeit bildete Mörel ein eigenes Majorat, das dann 1374 mit demjenigen von Grengiols (s. diesen Art.) verschmolzen wurde. 1441 kauften sich die Gemeinden frei, wodurch sie das Recht erhielten, ihre Amtmänner selbst zu wählen, bis dann die französische Revolution mit ihren Rückwirkungen auf die Schweiz eine völlige Umgestaltung der Verhältnisse brachte.