Mittellatein.
Unter dieser Bezeichnung pflegt man die Gestaltung der sich im schriftlichen und mündlichen Gebrauch als Weltsprache des Abendlandes behauptenden lateinischen Sprache [* 2] etwa seit dem 6. Jahrh. bis zur Mitte des 14. Jahrh., dem Beginn der Wiederbelebung des klassischen Altertums (s. Neulateinische Dichter), zu begreifen. Diese Gestaltung ist in den verschiedenen Zeiten eine sehr verschiedene. Aus der in den Stürmen der Völkerwanderung eingerissenen Barbarei erhob sich die Sprache durch das seit Karl d. Gr. in den Klosterschulen eifrig gepflegte Studium der alten Schriftsteller; wie meisterlich man im Zeitalter der Ottonen das Latein in Vers und Prosa zu handhaben wußte, zeigen die lateinisch geschriebenen Geschichtswerke und Dichtungen dieser Zeit.
Die zunehmende Abwendung von den Werken der Alten als heidnischen in den folgenden
Jahrhunderten führte aufs neue den
Verfall
der
Sprache herbei, die unter dem Einfluß der
Scholastik immer mehr entartete. Welcher Art noch im Anfang
des 16. Jahrh. die auf dem Standpunkt des
Mittelalters verharrende mönchische
Schul- und Umgangssprache
(Küchenlatein) war,
zeigen die bekannten
»Epistolae obscurorum virorum« (s. d.). Ein
Lexikon des Mittellatein
gab
Du Cange (s. d.) in seinem »Glossarium
ad scriptores mediae et infimae aetatis«.
Vgl. Thurot, Notices et extraits pour servir à l'histoire des doctrines grammaticales au moyen-âge (Par. 1868);
Ebert, Allgemeine Geschichte der Litteratur des Mittelalters im Ausland (Leipz. 1874-87, 3 Bde.);
Bahr, Geschichte der römischen Litteratur im karolingischen Zeitalter (Karlsr. 1840). ¶