Mitau
[* 1] (russ. Mitawa, lett. Jelgawa), Hauptstadt des russ. Gouvernements Kurland, [* 2] liegt mitten in einer flachen Ebene von nur 4 m Meereshöhe unweit der Mündung der Drixe in die Aa und an der Eisenbahn Riga-Mitau-Moshejki (Libau), [* 3] ist regelmäßig gebaut, hat aber viele niedrige und hölzerne Häuser. Unmittelbar vor der Stadt liegt das große, nicht ganz ausgebaute Schloß, 1738 von Biron begonnen auf der Stelle der 1271 erbauten Ordensburg, welche ehedem Residenz der Herzöge von Kurland war (in den Gewölben sind dieselben in silbernen Särgen beigesetzt), jetzt Sitz des russischen Gouverneurs und der Gouvernementsbehörden.
Die Stadt hat 6 Kirchen (darunter 3 lutherische), ein sogen. akademisches Gymnasium (mit Bibliothek), ein Realgymnasium, über 30 andre Lehranstalten, ein Provinzialmuseum (mit Bibliothek), eine Kurländische Gesellschaft für Litteratur und Künste (seit 1816 bestehend), eine Lettische Litterarische Gesellschaft (mit der Rigaschen verbunden), ein Theater, [* 4] mehrere Kranken- und Armenhäuser und zählt (1881) 29,615 Einw. (über die Hälfte Deutsche, [* 5] dann Juden, weniger Russen, Letten und Polen).
Der
Konfession nach sind 64,4 Proz.
Evangelische, 24 Proz.
Juden, 6,5 Proz. Griechisch-Orthodoxe, 4,9
Proz. Katholiken. Die
Industrie ist nicht von Belang und ist repräsentiert durch 41
Fabriken mit einem Produktionswert von
848,000
Rubel, vornehmlich Likörfabriken, Bierbrauereien, Flachsspinnereien,
Licht- und
Seife-,
Wachstuch- und Schokoladefabriken.
Der
Handel, hauptsächlich mit
Cerealien,
Holz
[* 6] u. dgl., geht über
Riga.
[* 7] ist Sitz der Vertretung des kurländischen
Adels, der
Direktion des
Landwirtschaftlichen Kreditvereins, zweier
Sparkassen
etc. In der Umgegend von Mitau
liegen die drei Lustschlösser Schwerthof, Friedrichslust
und Ruhenthal. - Die 1271 unter dem Ordensmeister
Konrad von
Medem (Mandern) gegründete Stadt war ursprünglich befestigt
und lange Zeit die Hauptstadt von
Semgallen. Im 16. Jahrh. wurde sie
Residenz der
Herzöge von
Kurland. 1658 bemächtigten
sich die
Schweden
[* 8] der Stadt, gaben sie aber im
Frieden von
Oliva 1660 wieder heraus; 1706 nahmen die
Russen dieselbe ein und
zerstörten das
Schloß großenteils. Nachdem dies, wenn auch nicht ganz, im vorigen
Stil wiederhergestellt
worden war, diente es 1798-1807 als
Asyl
Ludwigs XVIII. von
Frankreich. Seit 1795 gehört Mitau
zu Rußland.