Mischna
,
s. Talmud.
Mischna
3 Wörter, 20 Zeichen
Mischna,
s. Talmud.
(Thalmud, »Lehre, [* 4] Belehrung«),
die Hauptquelle des rabbinischen Judentums, das bändereiche Schriftdenkmal aus den ersten fünf Jahrhunderten n. Chr., welches den gesamten religionsgesetzlichen Stoff der jüdischen Tradition, nicht systematisch geordnet, sondern in ausführlichen freien Diskussionen, mit erbaulichen Betrachtungen, Parabeln, Legenden, historischen und medizinischen Thematen u. a. vermischt, enthält. Die Entstehungsgeschichte des Talmud erhellt aus folgendem. Neben dem im Pentateuch enthaltenen schriftlichen Gesetz hatte sich ein dieses ergänzendes und erklärendes mündliches Gesetz von Geschlecht zu Geschlecht vererbt, welches mit der Erweiterung und Änderung des sozialen Lebens im Lauf der Zeit derart anwuchs, daß eine Sichtung und schriftliche Fixierung des ganzen Materials sich als notwendig erwies.
Diese in hebräischer Sprache, [* 5] der aber bereits lateinische und griechische Ausdrücke eigen sind, von R. Jehuda Hanassi im Verein mit gelehrten Zeitgenossen 189 n. Chr. abgefaßte Sammlung mündlich überlieferter Gesetze und Gebräuche (Halachot) führt den Namen Mischna (»Wiederholung«, nämlich des Gesetzes) und zerfällt in sechs Ordnungen (Sedarim):
1) Seraim (von den Saaten), 2) Moëd (Feste), 3) Naschim (Ehegesetze), 4) Nesikin (Zivil- und Strafgesetze), 5) Kodaschim (Opfer- und Speisegesetze), 6) Taharot (Reinheitsgesetze). Die von R. Jehuda nicht aufgenommenen Gesetze wurden später von seinen Jüngern gesammelt und führen den Namen Boraitha (außerhalb [des Kanons] stehende), eine noch spätere Sammlung heißt Tossefta. In den Akademien Palästinas und Babylons bildete die Mischna nun die Grundlage der gelehrten Verhandlungen, welche, später gesammelt, Gemara (vollständige Erklärung) oder, mit der Mischna ¶
verbunden, Talmud genannt wurden. Zu Anfang des 4. Jahrh. entstand in Palästina
[* 7] der jerusalemische Talmud, in aramäischem Idiom geschrieben,
die vier ersten Ordnungen der Mischna behandelnd; um 500 war der babylonische Talmud, bald aramäisch, bald rabbinisch-hebräisch
abgefaßt, redigiert. Von ältern Mischna
erklärern sind Maimonides, der auch einen wissenschaftlichen Kodex des Talmud (»Mischne
Thora« oder »Jad ha-chasaka«) abfaßte (1178-80),
Bartenora, Liepmann Heller (»Tosefot Jom-tob«),
von Übersetzern der Mischna, die schon im 10. Jahrh. ins Arabische, später ins Spanische [* 8] übertragen ward, Surenhusius (lateinisch),
Rabe (deutsch) und Jost (deutsch mit hebräischen Lettern),
Samter-Baneth, von Lehrbüchern und Einleitungen zur Mischna die Werke von Geiger, Dukes, Weiß, Z. Frankel, der auch eine »Einleitung zum jerusalemischen Talmud« schrieb, und Jakob Brüll zu nennen. Erklärer des babylonischen Talmud sind neben Raschi die Tossafisten (Glossatoren),
eine Reihe meist nordfranzösischer Rabbiner, Rosch (R. Ascher ben Jechiel, 1306-27) u. a. Wörterbücher verfaßten: R. Natan ben Jechiel aus Rom [* 9] (»Aruch«, 1101),
Buxtorff (2. Aufl. von Fischer, Leipz. 1866-1870, 2 Bde.),
Levy (das. 1875-89) und Kohut (»Aruch completum«, auf Grundlage des »Aruch« von R. Natan ben Jechiel, Wien [* 10] 1878 ff.);
einzelne Traktate übersetzten: ins Lateinische Riecius, Clarke, Ullmann, Surenhus, Lund, Ludovic, Coccejus, Hirschfeld, Fagius, Hartmann u. a.;
ins Französische Schwab, Rabbinowicz;
ins Deutsche [* 11] Ewald, Pinner, Samter und Rawitsch.
Der babylonische Talmud in seinen haggadischen Bestandteilen ist von Wünsche übersetzt (Leipz. 1886 ff.). Die Methode und einzelne Disziplinen des Talmud behandelten: Hirschfeld (Exegese), Lewysohn (Zoologie des Talmud),. Wunderbar (Medizin), Markus (Pädagogik), Duschak (Botanik), Bloch (Polizeirecht), Auerbach [* 12] (Obligationenrecht), Rabbinowicz (Zivil- und Kriminalrecht), Zuckermann (Mathematik), Frankel (gerichtlicher Beweis), Fassel (Zivilrecht, Tugend- und Rechtslehre, Strafrecht) u. a.; eine Realencyklopädie des Talmud gab Hamburger (Neustrelitz [* 13] 1883) heraus; die Evangelien erläuterte aus Talmud und Midrasch Aug. Wünsche (Götting. 1878).
Vgl. Rabbinowicz, Kritische Übersicht der Gesamt- und Einzelausgaben des Babylonischen Talmud (Münch. 1877);