Mischabelhœrner
(Kt. Wallis, Bez. Visp). Berggruppe der Walliseralpen und Teil des mächtigen Saasgrates, der vom N.-Fuss des Monte Rosastockes nordwärts bis oberhalb Stalden im Visperthal zieht und das Saasthal vom Nikolai- und Zermattthal trennt. Sie nehmen in diesem Gebirgszweig die Strecke zwischen dem Alphubel und Balfrin ein und bilden eine ganze Reihe von riesigen Felsenzinken, von denen zahlreiche Gletscher zu Thal fliessen und viele Seitenäste auszweigen, die selbst wieder bedeutende Hochgipfel tragen. In ihrer Gesamtheit repräsentieren sie recht gut das Bild einer vielzinkigen Gabel, woher auch ihr Walliser Name Mischabel zu rühren scheint. Nach der Deutung, die Gottlieb Studer einst von dem ortskundigen Pfarrer Joh. Jos. Imseng in Saas gegeben worden ist, wäre der Name Mischabel identisch mit dem Wort Mistgabel; ebenso sind dem Alpenpionier Hirzel-Escher aus Zürich diese Gipfel schon 1822 von einem Saaserführer als Mistgabelhörner bezeichnet worden. In der Tat nennt der Walliser die mehrzinkige Mistgabel «Mischabla» und der Bewohner von Alagna den Dreizack «Missobla». Mischabelhörner heisst daher soviel als «Vielgezackte Gruppe von Hörnern». Man wird nun einmal endgiltig darauf verzichten müssen, in dieser Bezeichnung ein arabisches Wort als Erinnerung an den Sarazeneneinfall ins Wallis sehen zu wollen. Die Bezeichnung Mischabelhörner erscheint zum erstenmal 1835 auf dem Blatt Biella des Wörl'schen Atlas, während der ursprünglich nicht blos auf die höchste Spitze beschränkte Name Dom von dem Sittener Domherrn Berchtold aufgebracht worden ist, als er 1833 diese Höhen von den Hängen des Torrenthornes her trigonometrisch aufnahm.
Die Mischabelhörner sind die höchsten rein schweizerischen Gipfel, da der Monte Rosastock zum Teil noch zu Italien gehört. Sie bieten, besonders von den Höhen der Berneralpen aus gesehen, ein Bild von bezaubernder Schönheit und Erhabenheit und treten gegenüber dem Monte Rosa so stark in den Vordergrund, dass sie lange Zeit für diesen selbst gehalten worden sind. Ihre höchsten Gipfel wurden im Nikolaithal früher nach dem an ihrem Fuss stehenden Dorf Täsch als Täschhörner bezeichnet. Im Hauptkamm der Gruppe liegen folgende Gipfel und Pässe: der Alphubel (4207 m), das Mischabeljoch (3856 m), Täschhorn (4498 m), Domjoch (4286 m), der Dom (4554 m) als höchste Spitze, das Nadeljoch (auch Eggpass oder Südlenzjoch genannt; 4167 m), die Südlenzspitze (4300 m) und das Nadelhorn (4334 m). Von allen diesen Gipfeln zweigen Querkämme aus: vom Alphubel nach SW. der Rothengrat zwischen Wandgletscher und Weingartengletscher;
vom Täschhorn nach SW. der Zackenkamm, der das Strahlbett oder Kienhorn (3755 m), die Leiterspitze (3218 m) und die den Kiengletscher in zwei Arme spaltenden Kienfelsen trägt;
vom Dom nach W. der Kamm mit dem Grabenhorn (3375 m) und dem unbenannten Punkt 3635 m zwischen dem Kien- und Festigletscher;
vom Dom ferner nach WNW. ein vom Festijoch (3724 m) überschrittener zweiter Grat zwischen dem Festi- und
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Hohberggletscher; vom Nadelhorn 1. nach NW. der den Hohberggletscher vom Riedgletscher trennende Nadelgrat mit dem Stecknadelhorn (4235 m), Hohberghorn (4226 m), Hohbergpass, Dürrenhorn (4035 m), Klein Dürrenhorn (3831 m), Galenpass (3240 m) und Galenhorn (3360 m) und 2. nach NO. ein Kamm mit dem Windjoch (3800 m), Ulrichshorn (3929 m; früher Klein Mischabel geheissen), Riedpass und dem Balfrin oder Balenfirn (3802 m). Am O.- und SO.-Hang der Mischabelhörner liegt der mächtige Feegletscher.
Ausgangspunkte für den Besuch der Gruppe sind Saas Fee mit der darüber stehenden Mischabelhütte, Randa mit der Domhütte des S. A. C., Täsch mit dem Gasthof auf der Täschalp und endlich auch St. Niklaus. Der höchste Gipfel dieser Gruppe, der Dom, ist zum erstenmal 1858 von Rev. J. Llewellyn Davies mit dem Führer Johannes zum Taugwald und dem Träger Joh. Kronig bezwungen worden, nachdem mehrere frühere Versuche gescheitert waren. (Geschichte der touristischen Erforschung und Uebersicht über das ganze Gebiet im 2. Band [1898] des von A. Wäber und H. Dübi in zweiter Auflage herausgegebenen Werkes Ueber Eis und Schnee von Gottlieb Studer). In geologischer Beziehung gliedert sich die Gruppe der Mischabelhörner dem Gneismassiv des Monte Rosa an. Sie besteht ebenfalls aus schiefrigem Gneis u. Glimmerschiefer, in die die Kalke (mit Gabbro) und Serpentine der s. anschliessenden Gruppe (Allalin, Rimpfischhorn, Strahlhorn etc.) keilförmig eingreifen.