Milton
(spr. millt’n), John, engl. Dichter und Staatsmann, geb. zu London, [* 2] erhielt durch seinen Vater, einen Notar, der wegen Übertritts zur prot. Kirche von seinen kath. Eltern enterbt worden war, und den Puritaner Young eine sorgfältige Erziehung. Er besuchte mit Unterbrechung die Universität zu Cambridge (1625-32) und verlebte dann fünf Jahre anf dem väterlichen Landgute zu Horton. Hier entstanden seine beschreibenden Gedichte «L’Allegro» und «Il Penseroso» (zuerst gedruckt in den «English and Latin poems», 1645; neu hg. von Hunter, Lond. 1883, und von A. W. Verity, Cambr. 1891); ferner die Masken [* 3] «Arcades» und «Comus» (gedruckt 1637; neu hg. von O. Elton, Lond. 1893; deutsch von Imman. Schmidt, Berl. 1860) und das Gedicht «Lycidas», eine Klage über den Tod seines Freundes Edward King. 1638 und 1639 bereiste er Frankreich, die Schweiz [* 4] und Italien [* 5] und wurde überall ehrenvoll aufgenommen.
Nach seiner Rückkehr begann er sich in die religiösen und polit. Streitfragen seiner Zeit zu mischen. Er schrieb Abhandlungen über Ehe und Ehescheidung (veranlaßt durch seine 1643 geschlossene unglückliche erste Ebe; deutsch von von Holtzendorff, Berl. 1855), über Erziehung (1644), über Kirchenverwaltung und über Preßfreiheit («Areopagitica», 1644),
verteidigte die Hinrichtung Karls I. («The tenure of kings and magistrates», 1649),
widerlegte die Karl I. zugeschriebene Schrift «Eikon basilike» in dem «Eikonoklastes» und bekämpfte des Salmasius «Defensio regia» in der berühmten «Pro populo anglicano defensio» (1651),
der er 1654 noch eine «Defensio secunda» und 1655 eine «Defensio pro se» folgen ließ. Cromwell ernannte ihn 1649 zum Geheimschreiber des Staatsrats. Obwohl seit 1654 unheilbar erblindet, ließ er doch seine Feder nicht ruhen. Bei der Wiederherstellung des Königtums wurden zwar seine «Defensio» und sein «Eikonoklastes» von Henkershand verbrannt, er selbst aber blieb unangefochten und wandte sich nun wieder der Dichtung zu.
Im J. 1665 vollendete er sein berühmtes Gedicht «Paradise lost», für
das er nur mit Mühe einen
Verleger fand, der ihm 10 Pfd. St. zahlte (Lond. 1667, in 10
Gesängen; 2. Ausg. 1674 in 12
Gesängen;
deutsch von von
Berge,
Zerbst
[* 6] 1682; von
Bodmer, Zür. 1732 und Frankf. und Lpz. 1732;
von Zachariä,
Altona
[* 7] 1762; 2. Aufl. 1762; von Bürde, Berl. 1792 und Bresl.
1822; von Prieß, Rostock
[* 8] 1813; von Kottenkamp, 2. Aufl., Pforzh.
1842; von
Eitner, Hildburgh. 1867; von
Böttger, 5. Aufl., Lpz. 1878; von Schuhmann, 2. Aufl.,
Stuttg. 1877). Das Gedicht ist mehr dialogisch als episch angelegt und ausgezeichnet
durch Schönheit, Kraft
[* 9] und
Adel der
Sprache
[* 10]
und herrliche Charakterschilderungen, unter denen die des Satans und der gefallenen
Engel einerseits und die von
Adam und
Eva andererseits obenan stehen. Milton
ließ 1671 sein «Paradise regained»
(deutsch von
Böttger, 5. Aufl., Lpz. 1878; von Schuhmann, 2. Aufl.,
Stuttg. 1877) folgen, das bei großen Schönheiten doch dem «Paradise
lost» nachsteht.
Seine
Tragödie «Samson Agonistes» (1671; neu hg. von Parcival, 1890) ist
als
Trauerspiel verfehlt. Milton
starb in Bunhill bei
London und liegt in St.
Giles’ Cripplegate, einer
Kirche der City,
begraben. Seine Werke sind wiederholt gesammelt;
die dichterischen von Th. Newton (3 Bde., Lond. 1749–52), Hawkins (4 Bde., Oxf. 1824), Todd (5. Aufl., 4 Bde., Lond. 1852), Keightley (2 Bde., ebd. 1859 und 1864) und Masson (3 Bde., Cambr. 1874; neue Aufl. 1893);
die engl. Gedichte von Browne (2. Aufl., Oxf. 1872);
die prosaischen Werke von Fletcher (Lond. 1826 u. ö.) sowie von John und Sumner in Bohns «Standard library» (5 Bde., ebd. 1848–52);
die sämtlichen Werke ebenfalls von Fletcher (ebd. 1834, 1838 und 1864) und, mit einer Biographie, von John Mitford (8 Bde., ebd. 1851).
Bernhardi gab in deutscher
Übersetzung
«M.s polit. Hauptschriften» (3 Bde., Lpz.
1871–77) heraus. Die Echtheit von
M.s 1823 in der Handschrift aufgefundenem Werke
«De doctrina christiana»
(hg. von
Sumner, Cambr. 1825; abgedruckt Lpz. 1827) ist mehrfach in Zweifel
gezogen worden. – Die vorzüglichsten biogr. Werke über Milton
lieferten Masson (6 Bde.,
Lond. 1858–80),
Alfred
Stern (2
Tle., Lpz. 1877–79) und Garnett, Life of John Milton
(Lond.
1890).