Militärver
brechen,
im weitern
Sinn überhaupt alle strafbaren
Handlungen, welche, weil von
Militärpersonen begangen,
vor die Militärgerichte gehören (s.
Militärgerichtswesen); im engern und eigentlichen
Sinn aber diejenigen
Verbrechen, welche
nach ihrem
Begriff und
Wesen nur von
Militärpersonen (s.
Militär) begangen werden können. Wie aber in
dem modernen deutschen
Strafrecht überhaupt zwischen
Verbrechen,
Vergehen und
Übertretungen unterschieden wird, so unterscheidet
auch das
Militärstrafgesetzbuch für das
Deutsche Reich
[* 2] vom zwischen und Militärver
gehen, indem unter erstern
die mit dem
Tod, mit
Zuchthaus oder mit Gefängnis oder
Festungshaft von mehr als fünf
Jahren
¶
mehr
bedrohten strafbaren Handlungen, unter letztern aber diejenigen verstanden werden, welche mit Freiheitsstrafe bis zu fünf
Jahren bedroht sind. Für die Übertretungen, also namentlich für Polizeikontraventionen, hat das Militärstrafgesetzbuch keine
besondern Normen aufgestellt; sie unterliegen überhaupt nicht der Militärstrafgerichtsbarkeit. Für Militärpersonen ist
nämlich ein doppeltes Strafrecht gegeben: die nicht militärischen Verbrechen und Vergehen derselben werden,
wenn auch vor besondern Militärgerichten, doch nach dem bürgerlichen Strafgesetzbuch bestraft, während für die Militärver
brechen die
besondern Vorschriften des Militärstrafgesetzbuchs, welche das Militärstrafrecht bilden, maßgebend sind. Zu bemerken ist
aber, daß die Bestimmungen des allgemeinen Teils des deutschen bürgerlichen Strafgesetzbuchs (§ 13-79), also z. B. die
Normen über den verbrecherischen Versuch und über die Teilnahme an einem Verbrechen, auch auf das Militärstrafrecht
analoge Anwendung finden.
Besonders strenge Vorschriften sind für die strafbaren Handlungen im Feld gegeben. So wird z. B. die Fahnenflucht vom Posten vor dem Feind oder aus einer belagerten Festung [* 4] mit dem Tod bestraft. Dieselbe Strafe trifft denjenigen, welcher während des Gefechts aus Feigheit die Flucht ergreift und die Kameraden durch Worte oder Zeichen zur Flucht verleitet. Ebenso tritt bei einem vor dem Feind begangenen militärischen Aufruhr für sämtliche Beteiligte die Todesstrafe ein.
Die sogen. Kriegsgesetze gelten für die Dauer des mobilen Zustandes des Heers, der Marine oder einzelner
Teile derselben, für die Personen des aktiven Dienststandes und des Beurlaubtenstandes; sie finden aber auch in denjenigen
Gebieten, in welchen der Kriegszustand (s. d.) verkündet worden ist, für die Dauer desselben Anwendung.
Ebenso gelten sie für diejenigen Truppen, welchen bei einem Aufruhr, einer Meuterei oder einem kriegerischen Unternehmen
der befehligende Offizier dienstlich bekannt gemacht hat, daß die Kriegsgesetze für sie in Kraft
[* 5] treten, für die Dauer dieser
Zustände und endlich auch für diejenigen Kriegsgefangenen, welchen der höchste an ihrem Aufenthaltsort befehligende Offizier
dienstlich das Inkrafttreten der Kriegsgesetze eröffnet hat. Im einzelnen werden in dem deutschen Militärstrafgesetzbuch
folgende Militärver
brechen mit Strafe bedroht: Hochverrat, Landesverrat, Kriegsverrat, Gefährdung der Kriegsmacht im Feld,
unerlaubte Entfernung und Fahnenflucht, Selbstbeschädigung und Vorschützung von Gebrechen, Feigheit, strafbare Handlungen gegen
die Pflichten der militärischen Unterordnung, Mißbrauch der Dienstgewalt, widerrechtliche Handlungen im Feld gegen Personen
oder Eigentum, Beschädigung von Dienstgegenständen, Diebstahl und Unterschlagung, welche im Dienst oder
unter Verletzung eines militärischen Dienstverhältnisses begangen wurden, Verletzung von Dienstpflichten bei Ausführung besonderer
Dienstverrichtungen und Handlungen gegen die militärische Ordnung überhaupt. Litteratur bei Militärgesetzgebung.