Milch
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Technologie, Gewerbe und Industrie — Nahrungs- und Genußmittel — Milch
und Milchprodukte
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Milch,
Milch,
eine in besondern
Drüsen weiblicher
Säugetiere und der
Frau zum
Zweck der
Ernährung ihrer neugebornen
Jungen abgesonderte
wässerige
Lösung von
Käsestoff,
Eiweiß,
Milchzucker und
Salzen, in welcher
Fett sehr fein (emulsionsartig) verteilt ist. Die
Bildung der Milch
erfolgt in den
Milchdrüsen. Man hat angenommen, sie werde aus dem
Blute durch die Thätigkeit der
Drüsen einfach
abgeseiht; aber viel wahrscheinlicher ist, daß wenigstens ein Teil und wohl der bei weitem überwiegende Teil der Milch
stoffe
erst in der
Drüse gebildet wird.
Nach dieser
Ansicht beruht die Entstehung der Milch
auf einem allmählichen, von einer fettigen
Entartung
begleiteten Zerfall der Drüsenzellen. Der
Käsestoff wäre dann ein Umwandlungsprodukt des in den
Zellen enthaltenen
Eiweißes,
der
Milchzucker durch
Zersetzung von
Eiweiß und
Fett, bei Pflanzenfressern vielleicht auch zum Teil aus dem
Traubenzucker des
Bluts entstanden. Das
Fett dürfte bei
Fleischfressern wohl lediglich
Produkt der fettigen
Metamorphose des
Eiweißes sein, während bei Pflanzenfressern wahrscheinlich auch noch
Fett aus dem
Blut in die Drüsenzellen abgelagert wird.
Diese
Theorie der Milch
bildung setzt eine ungemein große
Intensität des
Auflösungs- und Neubildungsprozesses von Drüsengewebe
voraus, während gegen die zweite
Anschauung entschieden die
Thatsache spricht, daß die
Zusammensetzung
der Milch
durch die Art und
Weise der
Fütterung
nur in ganz geringem
Grad beeinflußt wird.
Sicher steht die Milch
absonderung aber
auch unter dem Einfluß des
Nervensystems.
Psychische Erregungen wirken namentlich auch auf die qualitative
Zusammensetzung
der Frauenmilch ein, und Ähnliches ist von
Tieren bekannt.
Aufregungen der Milchkühe, wie durch Entziehung des Kalbes, Unterbringung in einem fremden Stall etc., vermindern, Streicheln und Klopfen des Euters etc. befördern die Milchabsonderung. Die Milch entfließt dem Euter unter dem durch das Maul des saugenden Jungen ausgeübten Druck, welcher den Widerstand von Schließmuskeln zu überwinden hat; beim Melken sucht man mit der Hand [* 3] in möglichst ähnlicher Weise zu wirken, und es ist bekannt, daß sich durch zweckmäßige Handgriffe und sanfte Behandlung des Tieres die Ausbeute ganz erheblich steigern läßt.
Da aber das Melken eine ebenso anstrengende als wenig fördernde Arbeit ist, so hat man wiederholt versucht, die Milch durch andre mechanische Mittel zu gewinnen. Allein die Melkröhrchen (Milchkatheter), dünne Röhren, [* 4] welche in die Zitze eingeführt werden und so durch Aufhebung des in dem Schließmuskel gegebenen Widerstandes die abgesonderte Milch frei abfließen machen, führen bei andauerndem Gebrauch zur Erschlaffung der Schließmuskeln der Zitzen (bei wunden Zitzen, geschwollenem Euter, kranken Tieren sind sie immerhin empfehlenswert), und die nach Art einer Pumpe [* 5] wirkende Melkmaschine bedarf mindestens noch bedeutender Verbesserungen, um für die Praxis brauchbar zu werden.
Abnorme Milchabsonderung ist wiederholt bei jungfräulichen Tieren (Ziegen, Kühen, Hündinnen) und Mädchen beobachtet worden und scheint durch mechanische Reizung der Brustdrüsen hervorgerufen werden zu können. Frey hat eine Kuh beobachtet, welche nie gerindert, nie ein Kalb gehabt und viele Jahre hindurch ohne Unterbrechung täglich ca. 12 Lit. Milch gab. Auch an männlichen Tieren und Menschen ist abnorme Milchabsonderung wiederholt beobachtet worden, und bei einem Hasen, Lepus Bairdii, im Felsengebirge Nordamerikas scheint das Männchen regelmäßig Milch zu liefern.
Die für das unbewaffnete Auge [* 6] undurchsichtige, mattweiße, gelbliche oder bläuliche Milch erscheint unter dem Mikroskop [* 7] als farblose, durchsichtige Flüssigkeit, in welcher zahllose kleine Fetttröpfchen verteilt sind. Das spezifische Gewicht der Milch wird durch die in Lösung befindlichen Milchbestandteile erhöht, durch die Fettkügelchen aber herabgedrückt; es schwankt bei Kuhmilch von 15° in weitaus der größten Mehrzahl der Fälle zwischen 1,029 und 1,034. Die Temperatur der frisch aus dem Euter kommenden ist 35-37°, Gefrier und Siedepunkt der Milch weichen kaum von denen des reinen Wassers ab. Die Kuhmilch reagiert fast stets neutral (amphoter).
Sie enthält 3-5,5 Proz. Käsestoff oder Kasein, welches aber nicht gelöst, sondern in Verbindung mit phosphorsaurem Kalk in Form einer überaus zarten gequollenen Masse vorhanden ist. Neben dem Kasein enthält die an Proteinkörpern noch Eiweiß und Laktoprotein. Beim Erhitzen an der Luft bildet der Käsestoff eine unlösliche Haut [* 8] auf der und beim Sauerwerden der oder auf Zusatz von Säure scheidet er sich aus. Labferment greift die Verbindung des Käsestoffs mit dem phosphorsauren Kalk an, die größte Menge des Käsestoffs wird ausgeschieden, und nur ein kleiner Teil einer Calciumphosphatverbindung des Käsestoffs bleibt gelöst. Beim Erhitzen der von dem ausgeschiedenen Käsestoff getrennten Flüssigkeit unter ¶
Zusatz von sauren Molken wird noch ein käsestoffartiger Körper gefällt, der als Zieger bekannt ist. Der Fettgehalt der Milch schwankt zwischen 2,5 und 4,5 Proz., und die Butterkügelchen haben einen Durchmesser von 0,01-0,0016 mm, wobei die kleinern stets in weitaus größerer Zahl vorhanden sind. Da die Fettkügelchen spezifisch leichter sind als die Lösung, in welcher sie schweben, so steigen sie, wenn die Milch ruhig steht, allmählich in die Höhe und bilden eine fettreiche Schicht (Rahm, Sahne).
Niemals aber sondert sich in dieser Weise das Fett vollständig ab, vielmehr bleibt die Milch unter dem Rahm immer noch durch Butterkügelchen weißlich, an den Rändern bläulich durchscheinend. Zuletzt setzt die durch Sauerwerden der Milch eintretende Gerinnung dem weitern Aufsteigen der Butterkügelchen ein Ziel. An Milchzucker (s. d.) enthält die Kuhmilch 3-5,5 Proz.; derselbe geht leicht in Milchsäure über, besonders wenn die Milch bei einer der Blutwärme sich nähernden Temperatur an der Luft steht, und zwar unter Einwirkung eines Ferments, welches wahrscheinlich schon im Euter vorhanden ist.
Aufkochen und Abschluß der Luft, Zusatz von saurem kohlensaurem Natron, Borax- oder Salicylsäure hemmen die Milchsäurebildung. Hat dieselbe einen gewissen Grad erreicht, so gerinnt die Milch beim Erhitzen und, wenn sie noch weiter fortschreitet, auch schon bei gewöhnlicher Temperatur, indem sich der Käsestoff unlöslich ausscheidet. Da derselbe hierbei auch die Butterkügelchen einschließt, so bleibt eine klare oder nur wenig opalisierende Lösung von Zucker, [* 10] Salzen und gewissen Proteinkörpern (s. oben), die Molke, zurück.
Bleibt sauer gewordene oder geronnene Milch bei 30-35° längere Zeit stehen, so tritt Buttersäuregärung unter Entwickelung von Kohlensäure und Wasserstoff ein. Frische Milch kann aber auch in alkoholische Gärung versetzt werden, wobei der Zucker in Alkohol und Kohlensäure zerfällt. Das Produkt ist der Kumys oder Kefir (s. d.). Über den allgemein behaupteten Einfluß der Gewitterluft auf die Milchsäurebildung ist nichts Näheres bekannt; derselbe dürfte auf die abnormen Temperaturverhältnisse zurückzuführen sein, da normale Milch im kühlen Milchkeller durch die Gewitterluft nicht leidet.
Als fernere Milchbestandteile sind noch Harnstoff nebst Spuren von Kreatin, Leucin, Tyrosin und kleinen Mengen von Farb- und Riechstoffen, die aus dem Futter stammen, zu erwähnen. Die mineralischen oder Aschenbestandteile der Kuhmilch betragen 0,7-0,8 Proz. und bestehen in 100 Teilen etwa aus 28,3 Phosphorsäure, 16,34 Chlor, 0,4 Schwefelsäure, [* 11] 27 Kalk, 17,34 Kali, 10 Natron, 4 Magnesia, 0,62 Eisenoxyd. Endlich enthält die Kuhmilch etwa 6,5-8,5 Volumproz. Gase, [* 12] welche zu 75-90 Proz. aus Kohlensäure, im übrigen aus weit überwiegendem Stickstoff und wenig Sauerstoff bestehen.
Die Milch andrer Tiere und der Frau weicht in ihrer Zusammensetzung wesentlich nur quantitativ von der Kuhmilch ab, wenn auch eigentümliches Verhalten auf qualitative Unterschiede in der Beschaffenheit der Proteinkörper hinzudeuten scheint. Frauenmilch hat ein spezifisches Gewicht von 1,018-1,045, reagiert stets alkalisch oder neutral und säuert weniger leicht als Kuhmilch; ihr Käsestoff scheidet sich durch Säuren schwieriger und weniger vollständig, auch in löslicherer Form aus, und das Fett soll flüssiger sein als das der Kuhmilch. Ziegenmilch hat einen schwachen eigentümlichen Geruch und Geschmack, das spezifische Gewicht schwankt zwischen 1,027 und 1,038. Schafmilch, vom spez. Gew. 1,035-1,041, liefert eine sehr weiche, wenig haltbare Butter. Die Milch der Einhufer ist durch hohen Milchzuckergehalt sehr süß und geht leicht in weinige Gärung über. Eselsmilch ist der Frauenmilch am ähnlichsten. Die quantitative Zusammensetzung der Milch zeigt folgende Tabelle:
Kuhmilch | Frauenmilch | Ziegenmilch | Schafmilch | Stutenmilch | Eselsmilch | |||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
von | bis | mittel | ||||||
Käsestoff | 3.30 | 5.55 | 3.90 | 2.81 | 5.0 | 6.3 | 1.9 | 2.01 |
Butter | 2.80 | 4.50 | 3.50 | 3.56 | 4.8 | 5.3 | 0.6 | 1.26 |
Zucker | 3.00 | 5.50 | 4.60 | 4.82 | 4.0 | 4.6 | 4.8 | 5.70 |
Salze | 0.70 | 0.80 | 0.75 | 0.24 | 0.7 | 0.8 | 0.4 | ↗ |
Wasser | 90.00 | 83.65 | 87.25 | 88.57 | 85.5 | 83.0 | 92.3 | 91.02 |
Die Milchdrüsen sondern einige Tage vor und in den ersten Tagen nach der Geburt das Colostrum ab, eine schleimig-klebrige, salzige, meist sauer reagierende Flüssigkeit, in welcher rundliche, mit sehr feiner Membran umgebene Körperchen, deren Inhalt (besonders Fetttröpfchen) sie als im Zerfall befindliche Drüsenzellen kennzeichnet, verteilt sind. Das Colostrum der Kuh ist gelblich, riecht eigentümlich und enthält 14-38 Proz. Trockensubstanz und in dieser so viel Eiweiß, daß es beim Erhitzen gerinnt. Es wird von Tag zu Tag der normalen Milch ähnlicher, doch ist ratsam, die Milch neumelkender Kühe erst vom 8. oder 14. Tag an zu benutzen, weil eine geringe Menge Colostrum, der zu verarbeitenden Milch beigemischt, das Verbuttern des Rahms erschwert und bei der Käsebereitung den Gerinnungs- und Reifungsprozeß der Käse nachteilig beeinflußt.
Die Quantität und Qualität der abgesonderten Kuhmilch hängt in erster Linie ab von der Individualität des Tiers, wird also mittelbar auch zugleich durch die Rasse bedingt. Bei guter Haltung und Pflege geben z. B. Holländer Kühe im Durchschnitt jährlich 3000 Lit., Oldenburger 2800, Schwyzer 2600, Algäuer 2500, Mürzthaler 1900, graue Ungarn [* 13] 800 L. etc. Dabei ist die Milch der Schwyzer, Algäuer, Simmenthaler, Shorthornkühe durchschnittlich reicher an Butter und Käse als die Milch der Holländer und Oldenburger. Im allgemeinen ist bei sehr reichlicher Milchabsonderung die Milch stets relativ ärmer an Trockensubstanz. An einzelnen Individuen findet sich bisweilen infolge einer Überbildung der Milchdrüsen eine abnorm große Milchabsonderung, die auf mehr als 8400 L. im Jahr steigen kann. Im großen Durchschnitt liefert eine gute Milchkuh während eines Jahrs etwa das Vier- bis Fünffache ihres Lebendgewichts an und als mittlern befriedigenden Jahresertrag einer Kuh kann man 2350 L. annehmen.
Die Frau liefert pro Tag etwa 1300 g und Frauen von schwacher Konstitution sollen gehaltreichere als robustere Frauen geben. Mit dem Alter nimmt der Gehalt der Frauenmilch an festen Stoffen ab; aber nur der Käse- und Fettgehalt sinkt, während der Zuckergehalt steigt. Die Milcherträge von Ziegen scheinen in hohem Grad von Individualität, Rasse und Haltung abhängig zu sein; man findet Angaben von 96-800 L. im Jahr, und man kann annehmen, daß die Ziege im Durchschnitt das Zehnfache ihres Lebendgewichts an Milch zu liefern vermag. Schafe [* 14] liefern dagegen nur 25-140, holländische Milchschafe bis 500 L. im Jahr und im Durchschnitt das Anderthalbfache ihres Lebendgewichts.
Die Zeit, während welcher die Milchdrüsen fortdauernd Milch liefern, die Laktationsdauer oder Laktationsperiode, währt bei der Kuh etwa 300, bei der Ziege 125, beim Schaf [* 15] 120 Tage. Die Kuh steht sodann etwa 6 Wochen trocken, doch geben ¶
einzelne vorzügliche Milchkühe bis zum bevorstehenden Kalben und müssen fortgemolken werden. Während des ersten Monats nach dem Kalben geben die Kühe am meisten Milch, dann vermindert sich die tägliche Milchmenge etwa im Verhältnis von 8:5, bleibt ca. 2½ Monate konstant, sinkt im Verhältnis von 5:2, bleibt wieder mehrere Monate konstant und nimmt schließlich allmählich weiter ab. Bei manchen Kühen lassen sich indes derartige Perioden nicht unterscheiden.
Die Milch erfährt im Verlauf der Laktationsperiode aber auch qualitative Veränderungen, die einzelnen Bestandteile erreichen zu verschiedenen Zeiten ein Maximum, um dann wieder abzunehmen, bis endlich die Milchabsonderung erlischt. Bei der Frau verarmt die Milch nach der Entwöhnung schnell an festen Stoffen. Von der ersten Laktationsperiode einer Kuh steigert sich die jährliche Milchmenge von Jahr zu Jahr bis zu einer gewissen Grenze, um von da ab mit zunehmendem Alter allmählich wieder zurückzugehen; etwa nach dem sechsten Kalben liefert die Kuh den höchsten Jahresertrag, und wenn es vielleicht vorteilhaft ist, im allgemeinen Kühe nur bis zu einem Alter von 8 oder 9 Jahren zur Milchnutzung zu verwenden, so spielen hierbei doch Individualität, Rasse, Haltung und Fütterung eine große Rolle, und Algäuer Kühe bleiben z. B. bis zum Alter von 16 Jahren oft sehr milchreich.
Über den Einfluß der Fütterung auf die s. Rind [* 17] und Rindviehzucht. Die Hohlräume des Euters fassen etwa 3 Lit. Milch; da aber thatsächlich eine gute Kuh während der ersten Hälfte der Laktationsperiode bei einmaligem Melken weit mehr als 3 L. Milch liefert, so muß ein Teil der erhaltenen Milch erst während des Melkens von den Drüsen abgesondert werden, die also unter dem Einfluß des Reizes eine sehr hochgradige Thätigkeit entwickeln. Im Verlauf des einmaligen Melkens ändert sich die Beschaffenheit der und namentlich steigt beständig der prozentische Fettgehalt, so daß es von größter Wichtigkeit ist, die Kühe vollständig auszumelken.
Dreimaliges Melken liefert mehr und bessere als zweimaliges; der Gewinn an Milch beträgt 4-8 Proz., steigt auch auf 22 Proz. und bleibt anderseits bisweilen ganz aus. Bei nur zweimaligem täglichen Melken in Zwischenräumen von 12 Stunden zeigt sich kein Unterschied der Milch in Bezug auf die Tageszeit, wohl aber bei dreimaligem Melken, wenn die Zwischenzeiten ungleich lang und in denselben die Haltung, der Zustand der Tiere und die äußern Einflüsse verschieden sind. Je näher zwei aufeinander folgende Melkzeiten beisammenliegen, um so gehaltreicher ist die Milch.
Die gemolkene Milch wird durch ein Sieb gegossen und möglichst bald dem Einfluß der Stallluft entzogen und abgekühlt. Sehr wesentlich trägt zu ihrer Haltbarkeit eine gründliche Durchlüftung bei, und man erreicht diese, wenn man das Sieb recht hoch aufstellt, so daß die Milch in feinen Strahlen herabfällt, oder wenn man mittels eines Blasebalgs und Brausekopfes Luft durch die Milch pumpt. Zur schnellen Abkühlung benutzt man Eisbüchsen oder Eiskasten, welche man in die Milch einsenkt, Röhrenapparate, in denen die Milch durch stark abgekühlte Röhren, oder andre Apparate, in welchen sie über gekühlte Flächen fließt.
Alsbald nach dem Ausmelken beginnen in der und zwar um so schneller, je mehr sich ihre Temperatur der Blutwärme nähert, Veränderungen, und namentlich bildet sich Milchsäure. Dadurch gerät die Milch zunächst in einen Zustand, in welchem sie beim Aufkochen gerinnt; nach einiger Zeit aber gerinnt sie auch bei gewöhnlicher Temperatur. Reinlich gemolkene und behandelte Milch gerinnt bei 39° nach 19, bei 15° nach 88, bei 10° nach 100 Stunden. Bei unreinlicher oder unzweckmäßiger Behandlung der Milch, bei Krankheiten der Kühe, bei Aufnahme gewisser Futtermittel und besonderer Bestandteile der letztern treten an der Milch zuweilen außergewöhnliche Eigenschaften und Erscheinungen, die sogen. Milchfehler, auf.
Die nähern Ursachen sämtlicher Milchfehler sind noch sehr wenig aufgehellt. Einige derselben erscheinen bereits beim Ausmelken der Milch vollständig entwickelt, wie bei der sogen. salzigen, bittern (bei altmilchenden Kühen vorkommend), sandigen (kleine Kristalle [* 18] von Kochsalzen führenden), blutigen und auffallend dünnen oder wässerigen Milch. Andre entwickeln sich erst längere oder kürzere Zeit nach dem Ausmelken der Milch. In diese Kategorie ist zu rechnen die blaue, rote, gelbe, schleimige, fadenziehende, bittere (infolge der Wirkung eines spezifischen Ferments) und die Milch, deren Rahm käsig wird.
Alle diese letztern Fehler sind »ansteckend«, d. h. an bestimmte Fermente gebunden, und lassen sich durch Zusatz kleiner Mengen der betreffenden »kranken« Milch auf normale oder »gesunde« Milch übertragen. Wieder andre Milchfehler werden durch grobe Verstöße in der Behandlung der Milch wenn auch vielleicht nicht ausschließlich hervorgerufen, so doch in ihrer Entwickelung in hohem Grad begünstigt. Dies gilt von der sogen. rasch säuernden, rasch gärenden und rasch faulenden Milch. Alle Milchsorten, welche mit einem der bisher genannten Fehler behaftet erscheinen, sind als untauglich für den direkten Konsum zu betrachten und vom Marktverkehr auszuschließen.
Giftige Eigenschaften kann die Milch erlangen durch die Aufnahme von metallischen Giften nach innerer oder äußerlicher Applikation derselben bei den Kühen, durch das Weiden der Kühe in der Nähe von Bleiweißfabriken oder von metallurgischen und industriellen Etablissements mit schädlichen Abgängen, dadurch, daß man die Milch mit Gefäßen und Vorrichtungen in Berührung bringt, welche bei eintretender Milchsäuregärung Veranlassung zur Bildung schädlicher Metallverbindungen geben können, ferner durch Aufnahme von Pflanzengiften, nach Anwendung gewisser Arzneimittel, oder nachdem die Tiere giftige Pflanzen verzehrten, durch Krankheiten der milchgebenden Tiere und endlich möglicherweise noch durch das Auftreten einzelner der oben angeführten an gewisse Fermente gebundenen Milchfehler.
Den größten Einfluß auf die Erhaltung der Milch übt die Reinlichkeit, und in dieser Hinsicht ist die Anwendung der üblichen Holzgefäße beim Transport stets bedenklich. Auch die Lokalitäten, in welchen die Milch aufbewahrt wird (Milchkeller, Milchkammer), bedürfen einer Einrichtung, daß sie leicht und gründlich zu reinigen sind. Sie müssen staubfrei und so gelegen sein, daß sie möglichst wenig Temperaturschwankungen ausgesetzt sind. An den Wänden darf sich kein Schimmel [* 19] zeigen, es ist für gute Lüftung und zugleich dafür zu sorgen, daß keine Tiere in den Raum eindringen können.
Die Kuhmilch unterliegt häufig der Verfälschung, welche sich aber fast ausschließlich auf Zusatz von Wasser beschränkt und mit Hilfe von Aräometern (Milchmesser, Milchwage, Galaktometer, Laktometer, Laktodensimeter) ermittelt wird, da das spezifische Gewicht der Marktmilch, welche stets ein Gemisch aus ganzen Stallungen darstellt, nur zwischen 1,029 und 1,033 schwankt. Durch Abrahmung wird die Milch schwerer, und durch Zusatz von Wasser erhält sie dann wieder das spezifische Gewicht ¶
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Für die ländlichen oder städtischen Molkereigenossenschaften (Sammelmolkereien) hat die richtige Bewertung der zur gemeinschaftlichen Verarbeitung übernommenen Milch je nach ihrer Qualität die größte Bedeutung. In neuerer Zeit wird die Bezahlung der Milch nach dem Fettgehalt, welcher mit dem Soxhletschen Apparat festgestellt wird, in der Weise vorgenommen, daß, wenn z. B. für 1 Liter Milch bei 3 Proz. Fettgehalt 10 Pf. gezahlt werden, für jedes 0,1 Proz. Fett mehr oder weniger 0,2 Pf. zu- oder abgerechnet werden.
Zuweilen erfolgt die Bezahlung der Milch nach dem Butterpreis, indem für 1 kg Milch der 12.-14. Teil des Preises für 0,5 kg Butter in Anrechnung gebracht wird. Am richtigsten ist die Bezahlung nach der gelieferten Fettmenge (Kiloprozent). Der Preis für 1 Proz. Fett (10 g pro 1 kg Milch) wird durch Verteilung des für 1 Monat oder Jahr und für 1 kg Milch erzielten Reinertrags auf den durchschnittlichen Fettgehalt ermittelt; beträgt derselbe z. B. 3 Pf., so werden für 3,5 Proz. Fett (= 1 kg Milch) 10,5, für 3,4 Proz. 10,2 Pf. etc. bezahlt. Die Verwertung der nach dem Aufrahmen verbleibenden Magermilch bietet mannigfaltige Schwierigkeiten. Am vorteilhaftesten ist der Verkauf ¶
als menschliches Nahrungsmittel [* 21] im frischen oder pasteurisierten Zustand (7-8 Pf. das Liter mit 0,35-0,5 Proz. Fett), gebräuchlicher die Erzeugung von Magerkäse, seltener von halbfetter Ware und die Verfütterung an Jungvieh und Schweine. [* 22] Zu letzterm Zwecke hat man in neuerer Zeit Emulsionen von Magermilch mit Leinsamenöl, Margarin oder andern billigen Fetten in eignen Emulsionierungsapparaten versucht. Bei der dänischen Milchzentrifuge läßt sich nach Abnahme des Magermilchschälrohrs die Emulsionierung ohne weiteres vornehmen. Die mit Fett, besonders mit Oleomargarin emulsionierte Magermilch dient auch zur Herstellung von sogen. Kunstfettkäsen. In neuerer Zeit wird aus der Magermilch Kefir dargestellt.
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Auf dem Wege von der Milchdrüse bis zum Konsumenten unterliegt die Milch vielen Verunreinigungen. Aus dem Euter stammen Blut- und Eiterkörperchen, die zuweilen in der Milch vorkommen, und in die gemolkene Milch gelangen als Staub Mist- und Futterteilchen, welche nur zum Teile beseitigt werden, wenn man die Milch durch ein feines Sieb gießt. Bringt man dagegen die Milch in eine Zentrifuge, [* 23] so scheiden sich alle derartigen Beimengungen als sogen. Zentrifugalschlamm ab, der leicht entfernt werden kann.
Von größerer Bedeutung als das Vorkommen dieser groben Verunreinigungen ist die Verunreinigung der Milch mit Bakterien. Das Sauerwerden und das damit zusammenhängende Gerinnen der Milch wird in der Regel durch ein Bakterium verursacht. Andre Bakterien erzeugen blaue, rote und das Langwerden, wobei die schleimige Milch Fäden zieht. Dann aber kommen pathogene Bakterien in Betracht: Tuberkulose (Perlsucht), Syphilis, Milzbrand, Maul- und Klauenseuche, Lungenseuche, Ruhr, Tollwut, Septichämie, Rauschbrand sollen durch die Milch direkt übertragbar sein. Für die Tuberkulose ist diese Thatsache durch viele Beweise erhärtet. Das Bakterium der Perlsucht ist identisch mit dem der Tuberkulose, und es wurde nachgewiesen, daß Milch perlsüchtiger Kühe bei Versuchstieren Tuberkulose erzeugt. Auch für Milzbrand und Syphilis wurde die direkte Übertragbarkeit nachgewiesen. Außerdem hat sich die als sehr gefährlicher Infektionsträger für Krankheiten ¶
wie Scharlach, Diphtherie, Pneumonie, Typhus, Cholera etc., gezeigt. Die Bakterien der beiden letztern Krankheiten gelangen wahrscheinlich durch Verdünnen mit verunreinigtem Wasser in die Milch. Bisweilen enthält Milch durch Zersetzung ihrer Proteinkörper Toxine, welche Anlaß zu Vergiftungserscheinungen geben können. Relativ geringe Mengen dieser Substanzen können besonders in dem sehr leicht reizbaren Darme junger Kinder wirken und Veranlassung zu manchen Sommerdiarrhöen geben.
Vor allem scheinen einige bei höherer Temperatur verlaufende Milch- oder Buttersäuregärungen in dieser Hinsicht bedenklich zu sein. Die Verunreinigungen der Milch mit Bakterien mahnen dringend genug vor dem Genuß unaufgekochter Milch. Die pathogenen Bakterien werden durch anhaltendes Kochen getötet und auch der größte Teil der Gärungserreger wird vernichtet. Sicherer ist das Sterilisieren, welches die größte Garantie darbietet, wenn es ordnungsgemäß ausgeführt wird.
Der bekannteste Sterilisierungsapparat ist der von Soxhlet in München. [* 25] Die zu behandelnde Milch füllt man in Flaschen, welche etwa 150 g fassen, bis etwa 1,5 cm unterhalb des Halses und verschließt die Flaschen mit einem durchlochten Gummipfropfen. Dann stellt man sie in einen flaschenkorbartigen Einsatz und mit diesem in einen Kochtopf, der so viel Wasser enthält, daß die Flaschen bis an den Hals in demselben stehen. Nachdem das Wasser 5 Minuten gekocht hat, verschließt man die Öffnungen in den Gummipropfen durch Einstecken von Glasstäbchen, die vorher in heißem Wasser gereinigt sind, und kocht noch 30-35 Minuten.
Dann läßt man erkalten und bewahrt die Flaschen an einem kühlen Orte auf. Bei Verabreichung der an ein Kind erwärmt man sie bis zur Trinkwärme und vertauscht den Gummipfropfen mit dem sorgfältig gereinigten Saugpfropfen. Verschlossen gebliebene Flaschen können ohne Bedenken am zweiten Tage gegeben werden. Allergrößte Sauberkeit der Flaschen, Saughütchen und des Apparates ist zur Erzielung eines sichern Erfolges unbedingt geboten. Bei diesem Apparat werden die Flaschen bei geöffnetem Topfe verschlossen, bei dem Apparat von Gronwald u. Öhlmann aber unter Luftabschluß.
Das Sterilisieren geschieht hier mit Dampf, [* 26] welcher nicht allein die Luft im Apparat sterilisiert, sondern auch infolge seines Druckes das Aufsteigen und Überkochen der Milch verhindert. Zum Verschluß benutzt man Korke oder den Fritznerschen Patentbügelverschluß. Im letztern Falle sterilisiert man bei lose aufgesetztem Verschlußpfropfen, erfaßt die Druckbügel mit einem von außen bewegbaren Druckstück und drückt sie in den geschlossenen Zustand herab.
Korke müssen schlank zugespitzt und am untern Ende eingekerbt sein; man setzt sie ebenfalls lose in die Flaschenmündung und bringt ein Druckstück in solcher Höhe an, daß die im Dampfe quellenden Korke wohl gehoben werden, nicht aber aus den Flaschenhälsen herausfallen können. Die sterilisierte Milch hat vor der nach dem Scherffschen Verfahren auf 120° erhitzten Milch den großen Vorzug, daß sie in Geschmack und Farbe von frischer Milch sich durchaus nicht unterscheidet. Die sterilisierte Milch säuert viel weniger leicht als gewöhnliche und ist, solange der Flaschenverschluß luftdicht bleibt, für relativ lange Zeit unveränderlich.
Der Norweger Dahl hat ein Verfahren empfohlen, welches zum Konservieren der Milch in größerm Maßstab [* 27] für die Bedürfnisse des Handels und zur Verproviantierung von Seedampfern etc. dienen soll. Es besteht im abwechselnden Erhitzen und Abkühlen der Milch auf verschiedene, genau angegebene Temperaturen. Die Dauer der Operation beträgt 9 Stunden. Chemikalien sollten zur Konservierung der Milch niemals angewandt werden. Reicht das Sterilisieren nicht aus, so muß die Milch verdampft werden.
Die erste kondensierte Milch wurde in der Schweiz [* 28] dargestellt, bald aber errichtete man ähnliche Fabriken in Deutschland, [* 29] England, Norwegen, [* 30] Italien [* 31] und den Vereinigten Staaten [* 32] von Nordamerika. [* 33] Das Fabrikat ist für viele Zwecke durchaus empfehlenswert, zur Ernährung kleiner Kinder aber eignet es sich nicht, weil es zu viel Zucker enthält. Dieser fördert bei den Kindern den Fettansatz auf Kosten der Muskeln [* 34] und Knochen, [* 35] und die Ärzte haben beobachtet, daß mit kondensierter Milch ernährte Kinder nicht die nötige Widerstandskraft an den Tag legten und namentlich an Darmkatarrh leicht zu Grunde gingen.
Soxhlet ist es nun gelungen, eine sterilisierte kondensierte Milch ohne Zucker und ohne jeden Zusatz darzustellen. Dieselbe wird in der Fabrik Schüttendobel bei Harbatzhofen in den bayrischen Algäuer Alpen [* 36] durch die Gesellschaft für diätetische Produkte Ed. Loeflund u. Komp. bereitet. Die ganz frische Milch wird sofort mit der Zentrifugalmaschine gereinigt und im Vakuum auf einen Trockensubstanzgehalt von möglichst genau 37 Proz. gebracht. Die eingedickte Milch wird mittels einer besondern Maß- und Füllvorrichtung auf 1-2 g genau in Blechbüchsen [* 37] gefüllt, die man dann verlötet und unter Dampfdruck erhitzt, um sie völlig zu sterilisieren.
Eine Büchse enthält genau 330-332 g kondensierte Milch, welche, mit Wasser zu 1 Lit. verdünnt, eine Milch von normalem Gehalt an Trockensubstanz liefert. Die Konserve, welche durch das angewandte Reinigungsverfahren vor allen ähnlichen Präparaten sich auszeichnet, ist jahrelang haltbar, ohne sich in Geschmack, Farbe oder durch Rahmbildung zu verändern. Sie eignet sich ganz besonders für die Ernährung von Kindern und Kranken und zur Bereitung besonders nährkräftiger Speisen, welche eine möglichst große Menge von Milchsubstanz enthalten sollen, ebenso aber auch zur Verpflegung auf Schiffen, in den Tropen oder in Ländern, wo frische Milch fehlt.
Bei der Verarbeitung der Milch hat die zuerst von dem Bayer Prandtl 1864 versuchte Benutzung der Zentrifugalmaschine immer weitere Verbreitung gefunden. Nach Fleischmann geht die Entrahmung um so besser vor sich, je größer die Umfangsgeschwindigkeit der Trommel ist, je wärmer die einfließende und je geringer die in einer bestimmten Zeit zu entnehmende Milchmenge ist. In der Praxis hat sich gezeigt, daß eine Umfangsgeschwindigkeit der Trommel von 6-7000 m in der Minute und eine Milchtemperatur von 35° die besten Resultate gibt.
Die Konstruktion der Maschine ist [* 38] so vervollkommt, daß man den Grad der Entrahmung, also den Fettgehalt des Rahmes, beliebig regulieren kann. Die hohe Geschwindigkeit der Trommel ist nicht ohne Gefahr, und es ist ein Vorzug des Separators von Laval, daß er durch Zerlegung der Trommelwelle in zwei Teile diese Gefahr beseitigte. Zum Betrieb der Lavalschen Separatoren wird vorteilhaft Dampfkraft benutzt, und das Bergedorfer Eisenwerk baut einen Dampfseparator [* 24] (Fig. 1, S. 616), der lediglich durch ein Rohr mit dem Kessel verbunden wird. Öffnet man dann ein Ventil, [* 39] so setzt sich die Maschine in Bewegung und erreicht endlich ihre volle Geschwindigkeit mit 7000 Umdrehungen. Riemen, Schnur, Vorgelege fallen fort, der Betrieb wird durch nichts Derartiges gehindert oder gefährdet. Einen sehr großen Fortschritt im Entrahmungsverfahren durch Zentrifugen bezeichnet die Erfindung von v. Bechtholdsheim, ¶
welcher durch Einsetzen von Tellern in die Entrahmungstrommel die Leistungsfähigkeit der Maschine ganz außerordentlich gehoben hat. Mit einer Pferdekraft können stündlich 1500 Lit. Milch entrahmt werden, und auf einer kleinen Maschine mit Handbetrieb kann ein Knabe stündlich 125 L. entrahmen. Die neue Einrichtung, der Alphaseparator [* 40] (Fig. 2), schließt sich dem Lavalschen Separator so eng an, daß die Trommel des letztern gegen die Tellertrommel ausgetauscht werden kann.
Die Leistungsfähigkeit der Maschine aber ist so sehr gesteigert, daß sie bei gleicher Größe und leichterm Gang [* 41] 125 L. Milch statt 50 L. stündlich verarbeitet. Bei dem Tellersystem verläuft die Entrahmung vollkommen ungestört, ungehindert durch Gegenströmungen, und vollzieht sich auch in den dünnen Schichten leichter und schneller. Bei der kleinen Maschine mit Handbetrieb (Baby-Alphaseparator) genügen 20,3 Sekunden bei einer Stundenleistung von 141,8 kg, um eine Entrahmung der Magermilch auf 0,13 Proz. Fett zu bewerkstelligen.
Der Bau von Separatoren, die mit der Hand betrieben werden, ist für kleine Wirtschaften von außerordentlichem Belang, und es ist vorauszusehen, daß gerade diese das alte Entrahmungsverfahren sehr bald vollständig verdrängen werden. Da der Erfolg bei Anwendung von Zentrifugalapparaten wesentlich mit von der Temperatur der Milch abhängt, so liefert das Eisenwerk Bergedorf auch einen Vorwärmapparat [* 40] (Fig. 3). Dieser hat doppelte Wandung, ein leicht zu reinigendes Rührwerk, welches beständig neue Teile der Milch der erwärmten Wandung zuführt, und ist so eingerichtet, daß die kalte Milch unten ein- und die erwärmte oben abfließt.
[* 40] ^[Abb. 1, Dampfseparator.]
Die Magermilch wird zur Verhinderung der Säurebildung pasteurisiert. Hierzu dient ein Apparat, welcher dem Vorwärmapparat gleicht, nur größer ist, um die Milch stärker erhitzen zu können. Durch Kapselpumpen mit zwei rundlich geformten Schaufeln, die ohne Stoß und mit sehr geringer Geschwindigkeit der zu hebenden Milch arbeiten, gelangt die Magermilch auf die Kühlapparate [* 42] (Fig. 4), welche sie auf eine möglichst niedrige Temperatur bringen. Auf einer cylindrischen Fläche wird das Kühlwasser in einem Schraubengang von unten nach oben geführt, während die Milch über die geeignet geformten Flächen des Schraubenganges von oben nach unten fließt.
Magermilch wird meist zur Käsefabrikation benutzt; Rehmström hat aber auch unter dem Namen Laktoserin ein Präparat in den Handel gebracht, welches in den schwedischen Krankenhäusern Kindern und Rekonvaleszenten bei Verdauungsschwäche gereicht wird. Dasselbe wird aus Magermilch und Molken hergestellt, indem man deren Wassergehalt verdunsten läßt. Ein ähnliches Fabrikat liefert Drenckhan in Stendorf in Form eines Milchpulvers. Einen Milchchampagner, ein recht erfrischendes und zugleich nahrhaftes Getränk, hat man dargestellt, indem man die Magermilch sterilisiert, mit einigen, sie schmackhaft machenden Salzen versetzt und dann in Flaschen mit Kohlensäure imprägniert.
[* 40] ^[Abb. 2. Alphaseparator.]
In Dänemark, [* 43] welches in erster Reihe als Lieferant feinster Butter steht, stellt der Staat bedeutende Mittel zur Ausbildung von Molkereibeamten und zur Anstellung von milchwissenschaftlichen Versuchen zur Verfügung. Man schenkt dort namentlich auch der bakteriologischen Forschung große Aufmerksamkeit und glaubt den Bacillus entdeckt zu haben, unter dessen Einfluß das feine Aroma der Butter sich entwickelt. Zum ¶
frisch und kondensiert. Die Versorgung der städtischen Bevölkerungen mit guter, reiner M. gehört zu den wichtigsten Gegenständen der Fürsorge für den Lokalverkehr, da die M. auf weitere Entfernungen nicht versendet werden kann. Neuerdings hat man besondre Milchwirtschaften unter sanitätlicher Kontrolle in den Städten selbst errichtet, um für Kinder und Kranke (Genuß der frischgemolkenen M. im Lokal selbst und Lieferung in das Haus) eine zusagende M. zu erzeugen, wobei es hauptsächlich auf gleichbleibende (Trocken-) Fütterung ankommt.
Für den Hauptverbrauch sind die Landwirte vor den Thoren der Städte in bestimmt begrenztem Umkreis die Lieferanten und dieser Umkreis kann kein großer sein, weil die M. früh zu rechter Zeit geliefert werden muß und bei weitem Transport zu leicht säuert. Mit Hilfe der Eisenbahnen kann ein größerer Umkreis mit in Betracht kommen. Im Durchschnitt beträgt, soweit genaue statistische Angaben bis jetzt vorliegen, der Verbrauch in Deutschland etwa 100 l pro Jahr und Kopf; er sollte, im Interesse einer guten Volksernährung, 120 l pro Kopf sein, eine Ziffer, welche nur die amerikanische Statistik angibt. In Hamburg wurden 104 l ermittelt, in Berlin unter 90 l. In Betracht kommen als Handelsware die Milchpräparate, die reine frische und die abgerahmte M., der Rahm oder die Sahne; Sauermilch, Buttermilch und Molken nur ausnahmsweise.
In der Regel besorgen den Milchhandel die kleinern Zwischenhändler und dadurch wird der Verschleiß ungewöhnlich verteuert und dem Abnehmer leichter, als bei direktem Bezug von den Landwirten möglich ist, durch Verfälschungen aber benachteiligt. Die Landwirte in der Nähe unsrer größern Städte lösen selten über 18, meist nur 14-16 Pf. pro l M., die Städter müssen in Handlungen über 22 und loco Küche bis 30 Pf. und mehr bezahlen, ein Preisunterschied, welcher so ungebührlich hoch ist, daß allerwärts die Versorgung der Städter mit M. besser organisiert werden sollte. In Stockholm besteht dafür eine besondre Gesellschaft, an welcher auch die Landwirte beteiligt sind und durch welche zu allseitiger Zufriedenheit der Bezug und die Abgabe der M. an die Kunden geordnet ist. Manche Landwirte bei uns unterhalten eigene Verkaufslokale für M. in den Städten, wodurch der Bezug unverfälschter Ware allerdings gesichert wird, aber meist zu hohe Kosten entstehen; die direkte Lieferung in die Häuser kann nur in beschränktem Maße ermöglicht werden. In der Regel nehmen besondre Händler die M. auf den Bahnhöfen oder von den Landwirten in Empfang und versorgen einen bestimmten Kundenkreis damit. -
Der Milchhandel hat seine Schattenseite besonders dadurch, daß es bis jetzt noch kein sicheres und leicht ausführbares Verfahren gibt, die M. auf ihre Güte zu prüfen und nach dieser zu verkaufen, andrerseits dadurch, daß die Kühe keine sich gleichbleibende M. liefern, sondern daß diese je nach Jahreszeit und besonders je nach Fütterung verschieden ist und ferner auch wechselt mit der Zeit nach dem Kalben. Die Güte der M. ist hauptsächlich bedingt durch die Rasse, zum Teil individuell verschieden und beeinflußt durch Witterung und Futter. In manchen Städten wird von den Sanitätsbehörden M. von bestimmter Beschaffenheit verlangt und jede M., welche dieser nicht entspricht, konfisziert; sind die Vorschriften hierzu zu streng gezogen, dann kann der Landwirt ihnen nicht entsprechen, geben sie zu weiten Spielraum, dann nützen sie nicht viel.
Der Wasserzusatz, die einfachste Art der Fälschung, ist nicht leicht zu ermitteln, wenn er nicht zu grob betrieben wird, weil die M. ein Gemenge mehrerer Substanzen von je verschieden spezifischem Gewichte darstellt und zwar so, daß einzelne, z. B. das Butterfett, leichter, andre, z. B. der Milchzucker und der Käsestoff, spezifisch schwerer als Wasser sind. Die auf das spezifische Gewicht basierten Milchprüfer (Milchwagen) arbeiten nicht zuverlässig genug, die optischen Instrumente (Prüfung der M. vor dem Licht) setzen geübtere Personen voraus, und die zuverlässigste Probe, durch Analyse, kann nur von Chemikern vorgenommen werden.
Die M. enthält 1) Wasser, 80,32-87,41-91,5% in der Kuhmilch, 82,25 bis 89,76 in der Ziegen- und 76,7-87,02% in der Schafmilch;
für die Kuhmilch ist 87,25% ein gutes Mittelverhältnis;
je nach Rasse, Individuum, Fütterung, Futtermittel etc. kann aber unter Umständen, ohne Zusatz, bis 91% Wasser in der M. enthalten sein;
gute M. soll nicht mehr wie höchstens 90% haben.
2) Albumin (Eiweißstoff), normal 0,4% (Ziegenmilch bis 1,2, Schafmilch bis 1,7%). Schwankungen bis 0,6 und herunter bis 0,2%, höher unmittelbar nach dem Kalben, sog. Kollostralmilch, welche nicht verkauft werden kann.
3) ¶
Kaseïn oder Käsestoff, normal von 2,5% bis 3,5%; mögliche Schwankungen bis herunter zu unter 2% und bis über 6,0%, meist nur bis 5% (Schafmilch am reichsten, 7%).
4) Milchzucker, 3-6%, im Mittel 4 und 4,6%, die Ursache des Sauerwerdens der M., da der Milchzucker leicht in Milchsäure übergeht, worauf alsdann der Käsestoff flockig wird, zu verhindern durch Abkochen oder durch Zusatz von Soda.
5) Fette, Butterfett oder Butter in der Gesamtheit genannt, der wertvollste Bestandteil und der, welcher deshalb oft durch Abrahmen der M. zum Teil entzogen wird. Der Gehalt an Fetten ist verschieden, besonders nach Rasse, und schwankt von 2-5% und selbst darüber (Büffel-, Ziegen- und Schafmilch sind reicher an Fett); gute M. soll mindestens 3% enthalten, unverfälschte M. kann aber bis 2,3% und noch tiefer herunter Fett haben.
6) Aschenbestandteile (0,3-0,8%), Gase (Kohlensäure etc.), als unwesentlichere Bestandteile. -
Wichtig für die Erkennung von absichtlicher Fälschung ist nicht die Einzelanalyse der Bestandteile, sondern die Prüfung des Gesamtgemenges und besonders das spezifische Gewicht; festgestellt wurde, daß M. von einem spez. Gewicht unter 1,029 und über 1,033 als verdächtig anzusehen und also genauer Prüfung zu unterziehen ist, zwischen diesen Grenzen aber kann die unverfälschte M. sich bewegen; als normal wird 1,031 bezeichnet; Wasserzusatz kann das spez. Gewicht unter 1,029, Abrahmung über 1,033 bringen, aber in beiden Fällen erst, wenn der Zusatz oder die Abrahmung schon sehr beträchtlich sind, über 17% Wasserzusatz und bis zu 2% Abrahmung. Nur das spez. Gewicht, das Aussehen, der Geschmack, das Prozentverhältnis von Fett, Wasser etc. entscheiden über die Fälschungen der angegebenen Art. Künstliche Mittel, um Geschmack und Aussehen, Farbe etc. wieder herzustellen, sind Eiweiß und Eigelb, Mehl- und Stärkekleister, Hammelsgehirn u. dgl., welche alle leicht erkennbar sind durch mikroskopische Probe. -
Noch schwieriger als die Feststellung des Begriffs Normalmilch ist die des Begriffs Rahm und bei der großen Verschiedenheit dessen, was Rahm sein kann, das relative Verhältnis der Preise. Läßt man M. ruhig stehen in dazu geeigneten Gefäßen und Temperaturen (jetzt meist mit Anwendung von Eis), so steigt der spezifisch leichtere Fettgehalt obenauf und bildet eine mehr oder minder starke Schicht über der (blauen) Magermilch, welche, wenn jener abgeschöpft wird, auch abgerahmte M. heißt. Je mehr man abnimmt, um so wertloser, je weniger, um so wertvoller muß der Rahm sein und umgekehrt die Magermilch. Diese bildet ein für die menschliche Ernährung noch sehr wertvolles Nahrungsmittel, welches reicher an stickstoffhaltigen Bestandteilen als die Milch, aber arm an Fett ist, während der Rahm fast nur Fettteile und Wasser enthalten soll. Aus dem Rahm wird die Butter gemacht; man braucht, je nach Güte der M. und der Butter, in der Praxis von 20-50 l M. zu 1 kg Butter. Als gute Ergebnisse von vorzüglichen Milchwirtschaften der Neuzeit sind zu bezeichnen:
100 kg. M. =
3,37 kg Butter
16,44 kg Buttermilch
1,69 kg Verlust
--------
21,50 kg Rahm, dazu
8,64 kg Quark
64,71 kg Molken
2,43 kg Verlust, also
--------
75,78 kg Magermilch
97,28 kg Total
2,72 kg Verlust bei Abrahmung
========
100,00 kg
Die richtigen Preissätze für diese einzelnen Bestandteile, in welche M. zerlegt werden kann, festzustellen, verhindert auch die Zurechnung der Kosten; oft sind die Nebenbestandteile gar nicht verkäuflich und meist haben die Hauptbestandteile sehr verschiedne Zusammensetzung. Kaffeesahne mit noch großem Gehalt an Magermilch und Rahm zu Butter mit möglichst viel Butterfett sind wesentlich verschiedne Handelsartikel; je nach dem in der Magermilch verbliebenen Fettgehalt, ganz vollständig kann die Abscheidung nicht bewirkt werden, muß auch deren Preis verschieden sein. Guter Rahm soll bis 29 und mehr Prozent Fett enthalten, Magermilch nicht unter 0,6%.
Die in manchen Städten polizeilich gegebene Verfügung für Magermilchverkauf von 1% Fett (Konfiskation für geringhaltigere Sorten) ist nicht gerechtfertigt, selbst die bis auf 0,2% herabgebrachte, die sog. Zentrifugenmilch, gewonnen aus Abscheidung des Rahms durch Zentrifugalmaschinen, ist noch ein brauchbares Nahrungsmittel, da das fehlende Fett anderweitig beschafft werden kann. Wohl aber muß der Preis für eine solche M. entsprechend sein, d. h. er darf höchstens 0,3 des Preises der M. betragen, während für fettreichere Magermilch 0,5 und bis 0,7, für Rahm, je nach Güte vier- bis sechsmal, für Buttermilch nur 0,6, für Molken nur 0,2-0,3fach zu nehmen ist. Genaue Vorschriften lassen sich darüber nicht geben. Angebot und Nachfrage regeln auch hier die Preise. In sächsischen und rheinischen Fabrikgegenden wird Magermilch normal an Arbeiter verkauft und hat man selbst dafür Trinkbuden errichtet; die Preise bewegen sich in den oben angegebenen Grenzen (½ bis 7/10 des Milchpreises). -
Für reine Milch gibt es in Deutschland auf Gütern als Preissätze noch zwischen 5 und 18 Pf., in Städten 12 bis 50 Pf. In Milchwirtschaften in der Stadt muß von 24 Pf. an gerechnet werden. Der Milchhandel erfordert vor allem die größte Reinlichkeit, gute, kühle Aufbewahrungsräume mit reiner Luft und geeignete Transportwagen mit entsprechend großer Zahl von Milchgefäßen; diese müssen voll gehalten werden, so lange die M. gefahren wird; im Sommer verwendet man auch Eis zum Transport. Es gibt jetzt vorzügliche Konstruktionen von Wagen und Gefäßen. Die beste Auskunft über alles, was den Milchhandel betrifft, gibt die „Milchzeitung“, Verlag von Heinsius in Bremen. -
Kondensierte M. ist ein Kunstprodukt, welches aus der M. in Gegenden, wo solche billig zu haben ist, für den Welthandel angefertigt wird, hauptsächlich durch Eindampfen, mit und ohne Zuckerzusatz. Der Verbrauch in Hamburg stellte sich auf 0,44 kg ¶
pro Kopf. Die im Handel vorkommenden Sorten sind sehr verschiedenwertig, mehr oder weniger lange haltbar, im ganzen aber nicht sehr beliebt, wie obige Verbrauchsziffer beweist. Der Händler muß sich sehr genau nach der Bezugsquelle erkundigen. Nach Fleischmann enthalten die Handelssorten in Prozenten von 22,73 bis 35,66 Wasser, 8,61-14,68 Fett, 30,18-51,78 Milch- und Rohrzucker, 9,92-16,35 Proteïnsubstanzen und 1,81-3,12 Aschenbestandteile. Versendet werden sie in Büchsen; beim Gebrauch löst man die Masse in vierfacher Menge von Wasser. Die Präparate können die frische M. aber nicht ersetzen; für Schiffe und Festungen sind sie jedoch sehr nützlich und außerdem bieten sie die alleinige Möglichkeit, den Überfluß zu verwerten. Die ersten Fabriken entstanden dafür in Amerika, die ersten in Europa 1866 durch die „Anglo Swiss Condensed Milk Company“ in Cham (Verarbeitung 3000 kg täglich), dann noch in der Schweiz, in England, Österreich und Deutschland. -
Die M. wird in Vakuumpfannen bis zur Honigbeschaffenheit eingedampft; man verwendet nur besten Rohrzucker als Zusatz und zwar von 12% und darüber. Von den Fabriken sind manche wieder eingegangen. Nägeli in München versetzt in noch nicht bekanntem, patentiertem Verfahren M. in einen Zustand, in welchem sie, in verschlossenen Flaschen, längere Zeit, ohne zu säuern, aufbewahrt werden kann. Milchkonserven nennt man Präparate aus kondensierter M. mit Zusätzen, um sie für Kinder verwertbar zu machen und die große Süße zu reduzieren, sog. Kindermehle, z. B. von Neßler, jetzt vielfach dargestellt, die Farine factée von Cham, Lakto-Leguminose nach Gerber u. dgl. mehr, Präparate, in welchen ähnlich wie in den Kunstpräparaten nach Liebig die Zusammensetzung der natürlichen M. möglichst erreicht werden soll. Die Analysen ergaben in Prozenten 5,78-9,47 Wasser, 1,15-7,08 Fett, 6,38-18,77 Alluminate, 0,44-2,98 Aschenbestandteile und den Rest als lösliche und unlösliche sog. Kohlenhydrate (Zucker etc.). -
Auch die Kindermehle dieser Art werden nur in geringem Maße verbraucht und meist nur in Apotheken verkauft; sie kommen der guten, durch gleichmäßige Fütterung erzielten Kuhmilch nicht gleich; für diese zahlt man in Städten, in verschlossenen Flaschen loco Haus geliefert, schon 40-50 Pf. pro l, ein zu hoher Preis, wenn allgemein davon Gebrauch gemacht werden soll. Milchhandel und Milcherzeugung in und für die Großstädte haben noch eine große Zukunft. - Die M. ist zollfrei. Kondensierte M. gem. Tarif im Anh. Nr. 25 p 1.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
, die von den weiblichen Säugetieren nach der Geburt von Jungen während eines gewissen Zeitraums in besondern unter der Haut liegenden Drüsen gebildete Flüssigkeit, welche in der Hauptsache aus Wasser, Fett, Proteinstoffen, Milchzucker und mineralischen Salzen besteht und zur Ernährung der Neugeborenen bestimmt ist. Wie die Milchbildung in den Drüsen vor sich geht, inwieweit die Substanz der letztern sowie das Blut daran beteiligt ist, wie die Fettkügelchen entstehen, ist nicht sicher, die Entstehung von Casein und Milchzucker gar nicht bekannt. Die unter normalen Verhältnissen abgesonderte Milch besitzt, wenn die ersten Tage nach der Geburt verflossen sind, einen milden, angenehm süßlichen Geschmack, einen eigentümlichen, der Hautausdünstung der Kühe ähnlichen Geruch, eine weiße, hier und da leicht ins Bläulich- oder Gelblichweiße spielende Farbe, ist undurchsichtig und läßt sich in frischem Zustande auskochen, ohne zu gerinnen, während die unmittelbar nach der Geburt gebildete Milch, das sog. Bestandteile | Kuhmilch | Kuh-colostrum | Schafmilch | Ziegenmilch | Pferdemilch |
---|---|---|---|---|---|
Wasser | 87,2 | 74,5 | 80,8 | 85,7 | 90,1 |
Fett | 3,6 | 3,6 | 6,9 | 4,8 | 1,1 |
Käsestoff | 3,2 | 4,0 | 5,0 | 3,2 | 1,9 |
Albumin | 0,5 | 13,6 | 1,5 | 1,1 | 1,9 |
Milchzucker | 4,8 | 2,7 | 4,9 | 4,45 | 6,6 |
Aschensalze | 0,7 | 1,6 | 0,9 | 0,75 | 0,3 |
Das Fett befindet sich in der Kuhmilch, von der hier allein die Rede ist, in Form einer äußerst feinen Emulsion, als sehr kleine Kügelchen, deren Größe zwischen 0,0016 und 0,01 mm schwankt und im Mittel 0,0042 mm beträgt. Die Größe der Fettkügelchen nimmt während des Melkens zu, und die Zahl der größern Fettkügelchen nimmt mit dem Fortschreiten der Laktationsperiode ab, während die Gesamtzahl zunimmt; nach Woll waren bei neumelken Kühen in 0,0001 ccm Milch 103 - 213, bei altmelken 231-575 Fettkügelchen enthalten.
Dieselben sind in der Milch im unterkühlten Zustande vorhanden, d. h. infolge ihrer Oberflächenspannung [* 46] bei Temperaturen, bei denen das Fett an sich fest ist, in der Milch noch flüssig. Durch den Butterungsprozeß führt man die Fettkügelchen in die feste Form über (s. Butter ). Der Käsestoff ist in gequollenem Zustande in der Milch enthalten, alle übrigen Bestandteile sind im Milchwasser (Milchserum) gelöst. Die Undurchsichtigkeit und die weiße Farbe der Milch werden einerseits durch die Fettkügelchen, welche das Licht [* 47] zerstreuen, andererseits durch den gequollenen Käsestoff hervorgerufen.
Beim Stehen der an der Luft zerfällt der Milchzucker infolge der Thätigkeit von Spaltpilzen in Milchsäure, welche ihrerseits den Käsestoff aus dem gequollenen in den geronnenen Zustand überführt, sich mit dem Kalk verbindet, der vorher an das Caseïn gebunden war, so daß sich nunmehr unlösliches Caseïn ausscheidet und die Milch gerinnt. Dieser Zerfall wird um so mehr beschleunigt, je mehr sich die Temperatur der Milch derjenigen von 30 bis 40° C. nähert, weil dadurch die Vermehrung der Spaltpilze lebhafter wird; von hier an wird die Säuerung verlangsamt, die Existenzbedingung für die Milchsäurepilze erschwert oder aufgehoben. Da sich dieselben bei niedrigen Temperaturen nur schwierig vermehren können, wird die Haltbarkeit der Milch durch Kühlvorrichtungen gefördert.
Außer durch Säuren wird der Käsestoff aus völlig süßer Milch durch Lab , (s. d. und Käse ) bei Temperaturen, welche zwischen 23° und 40° C. liegen, niedergeschlagen. Außer dem Caseïn sind in der Milch noch mindestens zwei andere Eiweißkörper, das Laktalbumin, das mit Lab nicht gerinnt und in die Molken übergeht, und in geringen Mengen Nucleïn enthalten. Auch ein mit Jod sich blau färbender, vielleicht mit Amyloid identischer Körper läßt sich fast in jeder in kleinen Mengen beobachten. Die Aschensalze bestehen der Hauptsache nach aus Calcium-, Kalium- und Natriumoxyd, auch etwas Magnesia und Eisen, [* 48] gebunden an Phosphorsäure und Chlor, auch Schwefel- und Kohlensäure, welche aber beide erst beim Einäschern der organischen Verbindungen entstanden sind. Außer den genannten Stoffen enthält die Milch noch Citronensäure, Cholesterin, Lecithin, andere stickstoffhaltige Körper, Gase u. s. w.
Die Reaktion der frischen Milch ist eine amphotere, d. h. saure und alkalische zugleich, infolge der darin enthaltenen Salze des sauren und des neutralen phosphorsauren Kaliums. Das specifische Gewicht der Milch schwankt zwischen 1,028 und 1,034, meistens jedoch zwischen 1,029 bis 1,033, und beträgt im Mittel nach Fleischmann 1,0312 bei 15° C. Bei Einzelkühen oder kleinern Viehbeständen (unter 5 Stück) können größere Schwankungen vorkommen, ebenso bei unvollständigem Ausmelken der Kühe.
Zwischen dem specifischen Gewicht, dem Fettgehalt und der Gesamttrockenmasse der Milch bestehen bestimmte Beziehungen, so daß man mit Hilfe von Fleischmann aufgestellter Formeln im stande ist, aus den beiden andern (z. B. specifisches Gewicht und Fett) die dritte Größe (Trockenmasse) zu berechnen. Das specifische Gewicht der fettfreien Trockenmasse beträgt ziemlich genau 1,6, das der Gesamttrockenmasse, je nachdem diese mehr oder weniger Fett enthält, 1,30 bis 1,40, meist etwa 1,33 bis 1,34. Die Menge der fettfreien Trockenmasse beträgt meist 8,5 bis 9,5 Proz. und ist bei gleicher Melkzeit von einem zum andern Tage sehr geringen Schwankungen unterworfen. Diese Umstände kommen der Beurteilung und Wertschätzung der Milch, der Erkennung und Berechnung des ungefähren Umfangs ihrer Verfälschungen zu gute.
Bei dem starken Verbrauche an Milch zum Zwecke des menschlichen Konsums ist dieselbe der ¶