Miesmuschel
(Mytilus L.),
Gattung aus der
Familie der Miesmuscheln
(Mytilidae). Die gemeine oder eßbare (Miesmuschel
edulis L.),
mit länglich eiförmiger, fast keilförmiger
Schale, bis 8
cm lang, meist einfarbig violettblau oder violett gestreift auf
hellerm
Grund, findet sich fast in allen
Meeren rings um
Europa,
[* 2] an den deutschen
Küsten auf
Sandbänken
in unzähliger
Menge. Die einzelnen
Muscheln
[* 3] hängen meist mit den Byssusfäden, mittels deren sie sich am
Grund festheften,
aneinander. Sie dienen nicht nur als Köder, sondern werden auch häufig sowohl roh als gebraten gegessen und vielfach gezüchtet.
Bei La
Rochelle, gegenüber der
Insel
Ré, hat man
Pfähle in
Reihen, die paarweise gegen das
Meer hinaus konvergieren,
eingerammt und durch
Flechtwerk miteinander verbunden. Die so erhaltenen
¶
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Wände sind 200-300 m lang und 2 m hoch. Weiter hinaus im Meer sind nur stärkere Pfähle eingerammt. An diese setzt sich die schwärmende Muschelbrut an und erreicht im Juli Bohnengröße. Man löst sie dann mit einem Eisen [* 5] ab und verpflanzt sie auf das Flechtwerk, wo sie sich durch ihre Byssusfäden alsbald wieder festspinnen. Später verpflanzt man sie noch weiter landeinwärts, und im Alter von 10-12 Monaten bringt man sie auf den Markt. Diese Kultur wird dort seit dem 13. Jahrh. betrieben und bringt einen bedeutenden Gewinn.
Ähnlich verfährt man im Meerbusen von Tarent. Bei Venedig [* 6] sammelt man die Muscheln von den Hafenpfählen und Planken, Fahrzeugen und Bojen und züchtet sie an schwimmenden Flößen. In der Apenrader und Kieler Bucht werden Bäume von 3-6 m Höhe, deren Stamm unten zugespitzt ist, in den Meeresgrund gesetzt, so daß sie stets unter Wasser bleiben. Die sich ansetzenden Muscheln sind nach 3-5 Jahren ausgewachsen und werden den ganzen Winter hindurch geerntet. In neuester Zeit hat man Versuche angestellt, diese Methode, welche sehr gute Muscheln liefert, einfach und billig ist, aber auch manche Mängel hat, durch eine vollkommnere zu ersetzen.
An der Westküste Holsteins benutzt man die als Dünger, weil man keine Einrichtungen besitzt, sie durch
Kultur schmackhafter zu machen. Neuerdings sind in Wilhelmshaven
[* 7] tödlich verlaufende Vergiftungen beim Genuß von Miesmuscheln
,
welche aus stagnierendem Wasser des Hafens stammten, vorgekommen. In erster Linie war die Leber giftig. Brieger fand darin ein
Alkaloid, Mytilotoxin, welches den Ptomainen nahesteht und dem Curare ähnlich wirkt und durch Erstickung
infolge von Lähmung der Brustmuskeln tötet.
Dies Gift bildet sich nur in Muscheln, die in stagnierendem Wasser leben, während die in freier See gezüchteten oder gefangenen völlig unschädlich sind. Die giftigen Muscheln besitzen einen süßlichen, ekelerregenden Bouillongeruch und geben, mit Alkohol übergossen, eine goldgelbe Flüssigkeit, die beim Erhitzen mit einigen Tropfen Salpetersäure grasgrün wird.
Vgl. Möbius, Austern- und Miesmusche
lzucht (Berl. 1870);
Sabatier, Études sur la moule commune (Par. 1877).