mehr
angelehnt an das Neocom der Dent Jaune und der Cime de l'Est. Es ist dies augenscheinlich eine verworfene Schichtplatte, die sich übrigens ebenfalls durch eine Verwerfung mit der umgelegten Nummulitenschicht der Rochers de Gagnerie berührt (siehe das von der Mine de Collonges aufgenommene Croquis). Wenn man die Falten der Dents du Midi nach W. verfolgt, so erkennt man, dass der Abstand zwischen Jura- und Kreideschichten sich mehr und mehr vermindert und dass die letztern sich eng den Jurafalten des Mont Ruan und des Sagerou anschmiegen.
Wie in der Gruppe der Dent de Morcles, beobachtet man auch hier im Neocom drei Abteilungen: das schwarze, schieferige Neocom (Valangien), das graue Neocom (unteres Hauterivien) und das braune Neocom mit Toxaster complanatus (oberes Hauterivien). Das obere Neocom (Urgon) bildet eine schon von weitem leicht zu erkennende Kalkfelsmasse. Die Trias scheint an der Faltung nicht teilgenommen, wohl aber als Rutschfläche gedient zu haben, auf der sich die Jura- und Kreidefalten inmitten des Tertiärs entwickelt haben.
Stellenweise berühren sich die Nummulitengesteine in Form von Breccien und Konglomeraten direkt mit dem bei vollständiger Abwesenheit der mittleren und obern Kreide korradierten (abgeriebenen) Urgon, was für die teilweise Entblössung dieser Region im Anfang der Tertiärzeit und für die Erosion der entblössten Stellen zeugt (Plateau Daviaz). Anderwärts gibt es zwischen den Nummuliten- und Urgonschichten eine eisenhaltige Formation (Bolus), die eine unterirdische Erosion anzeigt.
Mehrere hohe Joche ermöglichen die Ueberschreitung der Berge dieser Gruppe. Auf Schweizergebiet sind es: der Col de Bostan (2352 m) mit dem Pas de la Béda, der Col du Sagerou (2413 m), Col de Susanfe (2500 m), Col d'Émaney (2427 m), Col de Barberine (2480 m), Col du Vieux (2536 m), Col de Tanneverge (2497 m) und Col du Jorat (2223 m) (siehe die betr. Artikel);
auf französischem Gebiet der Col de la Golèze, Col d'Anterne, Col de Salenton etc. Der Flysch, der den Sockel dieser hohen Kette bildet und noch eine ganze Reihe von Kreidefalten einschliesst, besteht hauptsächlich aus tonschieferigen Schichten, lokal auch aus harten Sandsteinen und Konglomeraten.
Die Ebene von Salanfe, die den Boden eines tiefen Erosionskessels bildet, zeigt in überzeugender Weise die Ueberlagerung der Kreide und des Jura auf dem Tertiär in der Nähe des krystallinen Grundgebirges.
Die Jurafalten der Zone Tours Sallières-Mont Buet ruhen in ihrer Gesamtheit der Kreide der Zone Dents du Midi-Dents Blanches auf. Diese Ueberlagerung ist besonders gut sichtbar am Fuss der Tours Sallières, weil von da weg nach O. jede Spur von Gesteinen dieses Alters verschwindet. An den Felsen der Gagnerie (2653 m) findet sich nur noch das Neocom verkehrt auf Nummuliten- und Flyschgestein. Man muss bis an den Rand des Rhonethals zwischen Saint Maurice und Mex gehen, um das Neocom und den Jura des normalen Sockels des Massivs wieder zu finden. Auf der SO.-Seite gewinnt das Neocom wieder an Bedeutung. Es schiebt sich zwischen die Falten des Jura und wickelt diese mehr und mehr ein, bis sie an der Crête des Fiz endlich ganz damit zugedeckt sind.
Das geologische Profil lässt die Tätigkeit der Erosion in dieser Gebirgsgruppe deutlich erkennen. Heute noch ist die glaziale Verwitterung und Abtragung tätig. In seiner ganzen Ausdehnung zeigen besonders die obersten Gräte der Dents du Midi und der Rochers de Gagnerie die Wirkungen einer sehr regen Erosion, indem dieselben ruinenartig zerfallen, was häufige Felsstürze veranlasst. Das allgemeine Relief von grossen Zentralkämmen mit zahlreichen davon abgehenden Seitenkämmen ist das Resultat der Erosion und besonders der glazialen Tätigkeit.
In den zwischen diese Kämme hineingreifenden Nischen nahmen die Gletscher, die ehemals die Gebirgsflanken bedeckten, ihren Anfang. Mehrere von ihnen haben grosse und tiefe Kare ausgegraben, so die Mulde von Salanfe, deren ebener Boden die Lage eines seit dem Rückzug der Gletscher wieder aufgefüllten einstigen Sees andeutet. Sie bildet ein Gegenstück zu der noch tiefern hufeisenförmigen Mulde von Sixt. Das Thälchen von Susanfe oder Clusanfe wird durch zwei gegen eine Seitenklus, die Schlucht von Encel, konvergierende Arme gebildet, durch welche sich die Gewässer der Saufflaz ins Val d'Illiez stürzen.
Die Ebene von Salanfe ist der Sammelpunkt für die Quellarme des Wildbaches Salanfe oder Salanche, der in Wasserfällen (Dalley, Pissevache) durch die Combe de Van ins Rhonethal eilt. Auch die Thälchen von Émosson, Barberine und Émaney tragen das Gepräge der Gletschererosion. Die Thäler des Trient und der Eau Noire folgen fast genau der Karbonsynklinale zwischen der Zone der Aiguilles Rouges und dem kleinen Massiv der Arpille und zeigen ebenfalls bemerkenswerte Erosionsphänomene. Die Gewässer der Dents du Midi Gruppe eilen alle zur Rhone, sei es oberhalb des Genfersees (Trient, Salanfe, Saint Barthélemy, Vièze), sei es unterhalb desselben (Giffre und Arve).
[Dr. H. Schardt.]