Midhat
Pascha, türk. Staatsmann, geb. 1825 in
Bulgarien
[* 2] von türkischen, der islamitischen
Sekte der
Bektasch angehörigen
Eltern, trat um 1840 als
Schreiber
(Kiatib) zu
Rustschuk in den
Staatsdienst, rückte aber erst, als er
Fuad
Paschas
Gunst errang,
rascher vorwärts. Als
Fuad
Großwesir geworden, ernannte er Midhat Pascha
1865 zum
Wali des neuen Donauwilajets
(Bulgarien),
wo er in kurzer Zeit durch vortreffliche
Verwaltung große Erfolge erzielte. 1867 wurde er als
Minister ohne
Portefeuille in
das
Ministerium berufen, aber 1868 zum
Wali von
Irak Arabi in
Bagdad ernannt.
Hier errichtete er eine türkische Dampfschiffahrtskompanie und begann die Wiederherstellung der alten Bewässerung des Landes, um die frühere Fruchtbarkeit zurückzurufen. Aber bereits 1872 ward er als Führer der türkischen Reformpartei wieder ins Ministerium berufen und 1. Aug. nach Mahmud Nedim Paschas Sturz zum Großwesir ernannt. Indes konnte er den Sultan Abd ul Asis nicht für seine Reformideen gewinnen, fiel durch seine selbständige Haltung bald in Ungnade und wurde im Oktober bereits entlassen. Im August 1875 zum Justizminister ernannt, stürzte er den russisch gesinnten Großwesir Mahmud Nedim durch die Bewegung der Softas, hatte auch an der Entthronung des Sultans Abd ul Asis 30. Mai hervorragenden Anteil und wurde Präsident des Staatsrats. Am 16. Dez. ward er zum Großwesir ernannt, und 23. Dez. verkündete er eine konstitutionelle Verfassung, deren Entwurf er schon 1. Juni veröffentlicht hatte.
Voll Vertrauen auf die
Wirkung dieses
Schrittes setzte er die
Ablehnung der
Vorschläge der
Konferenz der Großmächte durch den
großen
Nationalrat durch, was den
Ausbruch des
Kriegs mit Rußland zur verhängnisvollen
Folge hatte. Als
Midhat Pascha
jedoch durch sein
Selbstbewußtsein die
Eifersucht des
Sultans erregte und in seiner Erregung über die Mißwirtschaft der
Günstlinge
Abd ul Hamids sich zu unvorsichtigen Äußerungen fortreißen ließ, ward er vom
Sultan als
Hochverräter
zum
Tod verurteilt, aber zum
Exil begnadigt und sofort auf einem
Dampfer nach
Italien
[* 3] geschafft, von wo er
sich über
Paris
[* 4] nach
England begab.
Erst 1878 ward ihm die Rückkehr gestattet und anfangs Kreta als Aufenthaltsort angewiesen; im November erwirkte der Einfluß Englands seine Ernennung zum Generalgouverneur von Syrien. Da er sich hier etwas unbotmäßig benahm, wurde er 1880 als Wali nach Smyrna versetzt und 1881 wegen Anteils an der Ermordung des Sultans Abd ul Asis zum Tod verurteilt, aber zu lebenslänglicher Verbannung nach Taif in Arabien begnadigt. Hier starb er infolge der Entbehrungen, die er erdulden mußte.
Vgl. Léouzon
le
Duc, Midhat Pascha
(Par. 1877).