Meyerbeer
,
Giacomo (eigentlich Jacob Liebmann Beer; der hinzugefügte Name Meyer war von einem Verwandten dieses Namens übernommen), Opernkomponist, geb. (nach dem Beschneidungsregister; nach M.s eigener Angabe 1794) zu Berlin [* 2] als der Sohn eines Bankiers, erhielt durch den Klavierlehrer Lauska und durch Clementi den ersten Musikunterricht. Im Alter von 15 J. ging er zum Abt Vogler in Darmstadt, [* 3] bei dem er, im Verein mit K.
Meyerbeer
von
Weber und Gänsbacher, drei Jahre hindurch seiner Ausbildung oblag. Gegen Ende seiner Studienzeit veröffentlichte
er vierstimmige geistliche
Gesänge (Klopstocksche Gedichte) und wurde infolge seiner Kantate «Gott und
die Natur» zum großherzogl. darmstädtischen Hofkomponisten ernannt.
Im 18. Jahre begab sich Meyerbeer
nach
München,
[* 4] wo er seine erste
Oper,
«Jephthas Tochter», auf die
Bühne brachte. Dann wandte er
sich nach
Wien.
[* 5] Hier trat er bald den gefeiertsten Klaviervirtuosen an die Seite, während seine komische
Oper «Abimelek, oder
die beiden
Chalifen» sowie das Monodram «Thevelinda» keinen Erfolg
hatten.
Auf Salieris
Rat ging Meyerbeer
zu weiterer Ausbildung nach
Venedig
[* 6] und nahm nun
Rossini zum Vorbild bei einer Reihe von
Opern, die
er für verschiedene
Bühnen
Italiens
[* 7] komponierte. Die meisten machten
Glück und verbreiteten
M.s Ruf über
Italien;
[* 8] aber nur
die letzte von ihnen, der 1824 für
Venedig geschriebene «Crociato in Egitto», drang
über die
Alpen.
[* 9] 1826‒42 lebte in
Paris,
[* 10] seit 1842 in
Berlin; 1832 ernannte ihn der König von
Preußen
[* 11] zum Hofkapellmeister, 1842 zum
General-Musikdirektor. Er starb in
Paris, wo er mit den Vorbereitungen zur Aufführung der «Afrikanerin»
beschäftigt war.
Meyerbeer
hat als Opernkomponist über 30 Jahre die
Bühne beherrscht, und seine großen, der
Pariser Zeit entstammenden
Opern gehören noch jetzt zum ständigen Repertoire aller großen
Bühnen. Seinen Ruhm begründete «Robert le
Diable» (zuerst 1831 in der
Pariser
Großen
Oper), ein Werk, das die vollständige Umwandlung seines künstlerischen Schaffens zeigte und das größte Aufsehen
erregte. Meyerbeer
hatte die Rossinische Form, in der er sich bis dahin bewegte, abgestreift bis auf die Fähigkeit,
für
Gesang zu schreiben, welche als der beste Erwerb aus seiner langen ital. Schule dauernd
eigen blieb, und
¶
mehr
war zu selbständiger Manier durchgedrungen. Sie beruht auf einer ungemein scharfen Berechnung des äußern Effekts. Unterstützt
wurde Meyerbeer
hierbei durch eine außergewöhnliche Begabung für den Ausdruck der Affekte, namentlich der pathetischen. Hierzu
kam noch eine reiche melodische Erfindung und Meisterschaft in der Handhabung aller musikalischen Mittel. Die folgende Oper
«Les Huguenots» (zuerst in Paris 1836) bezeichnet den Höhepunkt von M.s Schaffen; in ihr ist sein Stil
vollständig ausgebildet und zu noch bedeutsamern Wirkungen verwertet.
Zugleich treten jedoch die Schattenseiten der Manier mehr zu Tage, die Häufungen drastischer Wirkungsmittel, übertriebenes Raffinement in Bezug aufs Detail, auf die Spitze getriebene Charakterisierung. In den spätern Schöpfungen M.s zeigen sich diese Mängel desto greller, je mehr in ihnen die Frische, Fülle und der Wert der specifisch musikalischen Erfindung abnimmt. Es sind dies die Opern «Ein Feldlager in Schlesien» [* 13] (1844 zur Wiedereröffnung des Berliner [* 14] Opernhauses zuerst aufgeführt, später u. d. T. «Vielka», umgearbeitet, auch in Wien gegeben),
«Le [* 15] Prophète» (zuerst in Paris 1849),
«L'Étoile du Nord» (1854, zuerst an der Opéra-Comique in Paris aufgeführt und verschiedene Nummern aus dem «Feldlager» in umgestalteter Form enthaltend),
«Le pardon de Ploërmel» (auch «Dinorah»
genannt und 1859 an der Pariser Opéra-Comique zuerst gegeben) und «L'Africaine» (zuerst in
Paris 1865). Außer seinen Opern veröffentlichte Meyerbeer
die allgemein für sein bestes Werk gehaltene Musik
zu seines Bruders (Michael Beer) Tragödie «Struensee» (zuerst in Berlin 1846), ferner drei Fackeltänze für Harmoniemusik, einen
Schiller-Festmarsch (1859), einen Krönungsmarsch für Wilhelm Ⅰ., Lieder mit Klavierbegleitung u. a.
– Die von Meyerbeer
selbst gegründete Meyerbeer-Stiftung, ein Legat von 30000 Meyerbeer
, dessen
Zinsen alle zwei Jahre an deutsche Komponisten unter 28 Jahren vergeben werden, hat ihren Sitz in Berlin. –
Vgl. A. Pougin,
G. Meyerbeer
(Par. 1864);
H. Blaze de Bury, G. et son temps (ebd. 1865);
Mendel, Giacomo Meyerbeer.
Eine Biographie (Berl. 1868);
ders., Giacomo
Meyerbeer.
Sein Leben und seine Werke (ebd. 1869).