Mētrik
(v. griech. metron,
Maß), die
Theorie der
Verskunst oder die
Wissenschaft der allgemeinen
Gesetze des
Rhythmus
(s. d.) als der Grundlage aller Versmessung, verbunden mit
der
Darstellung der verschiedenen in der
Dichtkunst gebrauchten Versmaße. Die Metrik
erhielt ihre
Ausbildung durch die Griechen,
von denen sie auf die
Römer
[* 3] und später, vielfach modifiziert, auf die modernen
Völker überging. Im
Mittelalter bestand sie
lediglich in einer oberflächlichen Silbenzählung.
Richard
Bentley war der erste, der in seiner
Ausgabe
des Horaz (1711) die rein mechanische Messung der
Verse beiseite setzte und den
Rhythmus wieder als das
Prinzip der Metrik
erfaßte.
Eine eigentlich wissenschaftliche Gestaltung erhielt die Metrik
aber erst durch
Gottfried
Hermann, der in seinem Werk
»Epitome doctrinae
metricae« (Leipz. 1816, 2. Aufl. 1844) eine
neue
Theorie derselben auf
Grund der Kantschen
Lehre
[* 4] von den
Kategorien aufstellte und epochemachend wirkte, obschon er von verschiedenen
Seiten heftigen
Widerspruch erfuhr. So rügte namentlich
Apel in seiner »Metrik«
(Leipz. 1814-16, 2 Bde.)
bei
Hermann den Mangel aller musikalischen Grundlage, während
Böckh
(»De metris
Pindari«, Berl. 1811) wieder
einen andern Weg einschlug, indem er von der Erforschung der
Lehren
[* 5] der ältern
Rhythmiker ausging.
Handbücher der alten Metrik
lieferten
Munk (»Die Metrik
der Griechen und
Römer«, Glog. 1834),
Freese (»Griechisch-römische Metrik«
, Leipz.
1842),
Roßbach
[* 6] u.
Westphal (»Die Metrik
der Griechen im
Verein mit den übrigen musischen
Künsten«, 3. Aufl.,
das. 1885-87, 3 Bde., auf den
Grundsätzen
Böckhs beruhend),
J. H. H.
^[Johann
Hermann
Heinrich]
Schmidt
(»Griechische Metrik«
, Leipz.
1872),
Christ ( Metrik
der Griechen und
Römer«, das. 1874). Die Metrik
der germanischen
Völker bietet besondere Schwierigkeiten vornehmlich
insofern dar, als die einzelnen
Silben nicht, wie in den
Sprachen der Alten, eine bestimmte, auf der eignen
Beschaffenheit beruhende Messung (lang oder kurz) haben, sondern ihr metrischer Wert und deshalb auch ihre Zusammenfügung
zu
Versen lediglich durch den
Accent oder die
Betonung
[* 7] in jedem einzelnen
Wort und im
Satz bestimmt wird (s.
Prosodie). In allen
romanischen
Sprachen dagegen besteht alle metrische
Kunst fast nur in der Zählung der für jeden einzelnen
Vers nötigen
Silben, wobei oft selbst tonlose
Silben den Versaccent erhalten, also mitgezählt werden, z. B.:
Dis-moi donc, je te prie, une seconde fois (Corneille).
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Das Alt- und Mittelhochdeutsche besaß eine streng geregelte Verskunst, deren Gesetze erst durch neuere Forscher, namentlich durch Lachmann (»Über althochdeutsche Betonung und Verskunst«, Berl. 1831-1832) und Schneider (»Systematische und geschichtliche Darstellung der deutschen Verskunst von ihrem Ursprung an bis auf die neuere Zeit«, Tübing. 1861),
dargelegt
wurden. Nach und nach war aber im 14. und 15. Jahrh. dieselbe bloßer
Silbenzählung gewichen, und erst Metrik
Opitz legte durch seine »Deutsche
[* 8] Poeterei« (1624) den
Grund zu einer neudeutschen Metrik
, indem
er darin nachwies, daß im deutschen
Vers zwischen
Hebung
[* 9] und
Senkung gerade so regelmäßig abgewechselt werden müsse wie
mit
Länge und
Kürze im antiken trochäischen und iambischen
Vers. Auf
Opitz fortbauend, versuchte dann
J.
H.
^[Johann
Heinrich]
Voß in seiner
»Zeitmessung der deutschen
Sprache«
[* 10] (2. Aufl., Königsb. 1831) zuerst eine vollständige
Metrik
der deutschen
Sprache zu geben. Aus der neuern Zeit sind zu nennen: Minckwitz (»Lehrbuch der deutschen
Verskunst«, 6. Aufl.,
Leipz. 1878),
Westphal
(»Theorie der neuhochdeutschen Metrik«
, 2. Ausg.,
Jena
[* 11] 1877) und
Sanders (»Abriß der
deutschen Silbenmessung und
Verskunst«, Berl. 1881). - In der
Musik ist Metrik
die
Lehre von den Taktarten und ihrer
Dynamik (s.
Takt).