Metaphysik
(grch.) ist der
Titel eines der Hauptwerke des
Aristoteles, der jedoch nicht von diesem selbst, sondern von
dem Ordner und Neuherausgeber seiner
Schriften (Andronikus von Rhodus) herrührt und ursprünglich nur die
Stelle bezeichnen
wollte, welche der fraglichen
Schrift in der neuen
Ausgabe «nach den physischen» (meta ta physika)
angewiesen war. Erst die neuplatonischen
Ausleger des
Aristoteles legten in den
Titel den
Sinn einer dem Gegenstand nach über
die Physik hinausgehenden Untersuchung oder einer Wissenschaft vom
Übersinnlichen; wobei sie sich auf
eine Erklärung des
Aristoteles selbst (im Eingang des 6.
Buches) berufen konnten, wonach die in dem Werke behandelte Disciplin
(Aristoteles nennt sie erste, d. h. Fundamentalphilosophie) zwar überhaupt von der
Substanz handeln, besonders aber noch der
Lösung der Frage gewidmet sein sollte, ob es außer den physischen (sinnlichen)
Substanzen noch eine höhere, übersinnliche
gebe. Da
Aristoteles diese Frage bejaht und die übersinnliche
Substanz ihm gleichbedeutend
mit Gott ist,
so mündet seine Metaphysik
schließlich in eine
Theologie.
Daher hat der
Titel Metaphysik
überwiegend die Bedeutung einer Wissenschaft vom
Übersinnlichen behalten. Erst seit
Hume tritt daneben
eine andere Bedeutung von Metaphysik
auf, indem man darunter nicht mehr eine Wissenschaft von den letzten
Gründen der Dinge (an
deren Möglichkeit man verzweifelte), sondern von den
Gründen unserer Erkenntnis der Dinge verstand. Kant, der eine solche
Wissenschaft (unter dem
Namen der Kritik der
Vernunft) begründete, übernahm auch diesen neuen
Sinn von Metaphysik
mit denjenigen Abänderungen,
welche seine Neubegründung der Erkenntniswissenschaft forderte. Er versteht unter Metaphysik
die systematische Darlegung
der apriorischen Elemente der Erkenntnis, wie die Kritik der
Vernunft sie herausstellt, so daß Metaphysik
, Vernuftkritik,
ferner Transcendentalphilosophie sich sehr nahe berühren und fast zusammenfallen. So steht seine «Grundlegung
zur Metaphysik
der
Sitten» in genauer
Beziehung zur «Kritik der praktischen
Vernunft»; die «Metaphysik
der
Sitten» selbst ist nur eine Anwendung
der in letzterer
Schrift festgelegten Principien; und ähnlich verhalten sich die «Metaphysischen
Anfangsgründe der Naturwissenschaft» zur Kritik der reinen (nämlich theoretischen)
Vernunft.
Innerhalb der letztern werden bisweilen metaphysisch und transcendental so unterschieden, daß das erstere (z. B.
in der
Verbindung metaphysische Deduktion) der bloße Nachweis des Apriori, transcendental die tiefere
Begründung desselben
genannt wird. Gegenwärtig ist der
Titel Metaphysik
fast noch mehr in Verruf gekommen als in Kants Zeit, obwohl man das, was er ursprünglich
besagt, nämlich eine philos. Grundwissenschaft, natürlich nicht entbehren kann.