Messīna,
ital. Provinz auf der Insel Sizilien, [* 3] umschließt deren nordöstlichen Teil, wird südlich von der Provinz Catania, östlich vom Ionischen, nördlich vom Tyrrhenischen Meer und westlich von der Provinz Palermo [* 4] begrenzt und umfaßt 4579 qkm (nach Strelbitsky nur 3227 qkm oder 58,6 QM.) mit (1881) 460,924 Einw. Die Provinz wird in ihrer ganzen Ausdehnung [* 5] von dem Peloritanischen Gebirge (Dinnamare 1130 m) und den Madoniabergen (Monte Sori 1845 m), welche eine Fortsetzung des Apennin bilden, durchzogen.
Die meist von S. nach N. fließenden Gewässer sind von geringer Bedeutung und im Sommer sehr wasserarm; das Klima [* 6] ist gesund, der Boden fruchtbar, aber nur teilweise bebaut. Die Haupterwerbszweige der Bevölkerung [* 7] sind: Getreidebau, Öl-, Wein- und Seidenkultur, Schafzucht, Fischerei [* 8] und Schiffahrt;
die Industrie hat im allgemeinen geringe Bedeutung.
Von großen
Landverkehrswegen ist die
Eisenbahn von Messina
[* 9] nach
Syrakus
[* 10] zu nennen, welche die an der östlichen Meeresküste liegenden
Orte berührt. Die
Provinz, welche auch die
Liparischen Inseln umfaßt, zerfällt in die vier
Kreise:
[* 11]
Castroreale,
Messina
,
Mistretta und
Patti.
Die Stadt Messina
liegt am
Fuß des Peloritanischen
Gebirges, von einem
Gürtel
[* 12] zerrissener Felsengipfel umgeben, paradiesisch an der
Straße von Messina
(Faro di Messina
, bei den Alten
Fretum Siculum), von der
Küste an amphitheatralisch gegen die Abhänge der bebauten
Berge hinansteigend. Sie ist dem
Rang nach die zweite Stadt, in strategischer, kommerzieller und industrieller
Hinsicht aber der wichtigste
Ort der
Insel und zugleich eine der hervorragendsten Handelsstädte
Italiens.
[* 13]
Der Hafen, der 1000 Schiffe [* 14] faßt, einer der schönsten und sichersten der Welt, wird von einer kreisförmigen, von SW. nach NO. ins Meer hineinlaufenden Erdzunge (Braccio di San Raineri) gebildet und war früher durch eine Citadelle und mehrere Forts, die aber gegenwärtig verfallen sind, verteidigt. Zwei Leuchttürme erheben sich auf der Landzunge, deren sichelförmige Gestalt der Stadt im Altertum den Namen Zankle gab. Daneben entsteht der Wirbel Garofalo, die alte Charybdis (s. d.). An Stelle der aufgelassenen Hafenbefestigungen wird nun ein System von äußern Verteidigungsforts errichtet.
Die nach dem furchtbaren Erdbeben [* 15] von 1783 zum großen Teil neuerbaute Stadt hat vier Vorstädte, schöne Plätze, breite, mit Lavaquadern gepflasterte Straßen mit Fontänen, ansehnliche Kirchen und elegante Paläste. Der Corso Cavour teilt die Stadt in die See- und die Hügelstadt. Neben ihm sind unter den Straßen die mit jenem parallel laufenden, an 2 km langen und mit schönen Palästen gezierten Straßen Via Garibaldi und Vittorio Emmanuele, welch letztere sich längs des Hafens hinzieht und eine wundervolle Aussicht über die Meerenge nach Kalabrien und auf die herrlich gelegene Stadt selbst darbietet, unter den Plätzen die Piazza del Duomo mit einem schönen Marmorbrunnen von Montorsoli (ein Neptunbrunnen desselben Meisters steht auf dem Corso Vittorio Emmanuele) und der Platz der Annunziata mit dem schönen Denkmal Don Juan d'Austrias (1572) hervorzuheben.
Die bedeutendste unter den mehr als 80 Kirchen ist die aus der Normannenzeit stammende Kathedrale, auf dem großen Domplatz gelegen, mit Marmorfassade, schönem Portal, antiken Säulen [* 16] von ägyptischem Granit und Mosaiken aus dem 14. Jahrh. Erwähnenswerte Kirchen sind auch die von San Francesco, San Gregorio und mehrere andre, meist ehemalige Klosterkirchen, welche mit Gemälden, insbesondere von Rodriguez und andern Meistern der Messineser Schule des 16. und 17. Jahrh., Grabdenkmälern und Altären reich geschmückt sind. Von Gebäuden sind ferner zu nennen: der städtische Palast, das Hospital (aus dem ¶
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16. Jahrh.), die Markthalle, der Monte di Pietà, der Getreidespeicher, das große neue Theater, [* 18] das schönste in Sizilien, die Paläste Brunaccio, Grano u. a. Die Zahl der Einwohner beträgt (1881) 78,438, mit Einschluß des ganzen Gemeindegebiets 126,497. Die Industrie erstreckt sich auf die Fabrikation von Musselin, Leinwand, Seidenstoffen etc.; auch die Anfertigung von Korallenarbeiten sowie von Essenzen aus Limonen, Orangen etc. ist bedeutend. Daneben bildet die Fischerei einen Haupterwerbszweig der Bewohner.
Von größter Wichtigkeit ist endlich die Schiffahrtsbewegung im Hafen von Messina
, welcher hinsichtlich der Zahl und des Tonnengehalts
der ankommenden und abgehenden Schiffe unter den italienischen Seestädten nur Genua
[* 19] und Neapel
[* 20] erheblich
nachsteht. 1886 betrug die Zahl der eingelaufenen Schiffe 4675 mit 1,466,703 Ton. Gehalt (darunter 1811 Dampfer mit 1,322,207
T.). Der Import besteht hauptsächlich aus Getreide
[* 21] und Mehl,
[* 22] Garnen und Geweben, Kohlen, rohen Häuten, Fischen, Eisen
[* 23] und Stahl,
Holz
[* 24] und Kolonialwaren; die Hauptausfuhrartikel sind Orangen und Zitronen (auch in Salzwasser), Wein, Weinstein,
Seide,
[* 25] Orangen- und Zitronenessenz, Mandeln, Nüsse und Haselnüsse.
Der Wert der Einfuhr betrug 1886: 29,28 Mill., der der Ausfuhr 40,83 Mill. Lire. Messina
war
bis Ende 1879 Freihafen. Messina
hat eine Universität (1882 von 151 Hörern besucht) mit vier Fakultäten, einem Kollegium der schönen
Künste und mehreren wissenschaftlichen Sammlungen; ferner ein Priesterseminar, Lyceum, Gymnasium, Kollegium
Alghieri, Gewerbeinstitut, eine technische Schule, Akademie für Wissenschaften und Künste (Accademia Peloritana) und zahlreiche
bedeutende Wohlthätigkeitsanstalten. Es ist Sitz des Präfekten, eines Erzbischofs, eines Appellhofs, Handelstribunals, Hafenkapitanats
und anderer Zivil- und Militärbehörden und mehrerer auswärtiger Konsulate (darunter auch ein deutscher Berufskonsul). Schöne
Punkte in der Umgebung sind der Campo santo, das Kapuzinerkloster oberhalb der Stadt und insbesondere der Leuchtturm Torre del
Faro am Kap Peloro mit herrlicher Aussicht.
Geschichte. Messina
hieß, wie schon erwähnt, ursprünglich Zankle und wurde um 740 v. Chr. von der südlich gelegenen Stadt Naxos
und von euböischen Kolonisten gegründet. Der Ort wurde bald
so blühend, daß er schon 648 eine Kolonie
(Himera) aussenden konnte. Um 495 eroberte Anaxilas von Rhegium, von Geburt ein Messenier, die Stadt und nannte sie Messana (Messene). 466 wurde
die republikanische Verfassung eingeführt. Die Stadt hob sich nun durch lebhaften Handel und Schiffahrt von Jahr
zu Jahr, bis sie 396 von den Karthagern erobert und zerstört wurde.
Dionysios begann den Wiederaufbau der Stadt. Nach Vertreibung Dionysios' II. auf kurze Zeit frei geworden, fiel Messina
schon 312 wieder
in die Hände des Agathokles. Nach dessen Tod bemächtigte sich der Stadt 282 ein Haufe Mamertiner (s. d.), nach
denen die Stadt Mamertina genannt wurde. Die Raubzüge der neuen Bewohner wurden 264 die nächste Veranlassung zum Ausbruch
des ersten Punischen Kriegs. Die Stadt ging darauf in die Hände der Römer
[* 26] über, in deren Besitz sie von nun an verblieb.
Nach dem Untergang des weströmischen Reichs teilte sie die Schicksale Siziliens. 831 ward Messina
von den Sarazenen
erobert, die aber 1038 und zum zweitenmal 1071 von den Normannen wieder daraus verjagt wurden. Hier ward 1233 von Friedrich
II. ein sizilischer Reichstag abgehalten, wo Gesetze für die Insel erlassen wurden. In Messina
nahm 1282 die Sizilianische Vesper
ihren Anfang, sowie 1674 hier auch ein Aufstand gegen die harte spanische Regierung ausbrach. Die Aufständischen
riefen die Franzosen zu Hilfe, von welchen 1676 die Spanier in einer großen Seeschlacht, in welcher der niederländische Seeheld
de Ruyter fiel, besiegt wurden.
Aber schon 1678 mußten die Franzosen die Stadt wieder räumen, worauf sie, nachdem 7000 Einwohner aus Furcht vor der Rache der Spanier ausgewandert waren, unter die spanische Herrschaft zurückkehrte. 1713 ward sie von dem Herzog von Savoyen besetzt, 1718 wieder von den Spaniern erobert, 1719 von den Kaiserlichen und 1735 abermals von den Spaniern eingenommen. Eine furchtbare Pest entvölkerte 1743 die Stadt, das Erdbeben von 1783 legte sie halb in Trümmer, und 1823 ward sie durch eine Überschwemmung verwüstet. In den Unruhen 1. und kam es zum Straßenkampf zwischen Volk und Militär. Neue Aufstände und blutige Kämpfe erfolgten 1848, wo die Stadt mehrmals vom Kastell Terranuova aus bombardiert wurde, so vom 29. Jan.
[* 9]
^[Abb.: Karte der Straße von Messina.]
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bis 20. Febr. und vom 26. Febr. bis 10. März. Im Oktober ward Messina
von den neapolitanischen Truppen besetzt. Bei der von Garibaldi geleiteten
Insurrektion von 1860 war Messina
die letzte Stadt, in welcher sich die Neapolitaner behaupteten; die Citadelle ward sogar erst übergeben.