Merck
,
Johann Heinrich, Schriftsteller, eine Originalgestalt der Sturm- und Drangperiode, war zu Darmstadt [* 2] geboren. Nachdem er in Altdorf und Göttingen [* 3] seine Universitätsstudien, welche zufolge seiner günstigen Familienverhältnisse mehr auf allgemeine als fachwissenschaftliche Bildung sich richteten, beendigt hatte, begleitete er einen jungen Edelmann auf Reisen, heiratete in Genf [* 4] eine Französin und wurde 1767 in seiner Vaterstadt als Sekretär [* 5] der Geheimkanzlei, im folgenden Jahr als Kriegskassierer mit dem Titel eines Kriegsrats angestellt.
Seine eigne schriftstellerische Wirksamkeit, die er schon im 21. Jahr durch anonyme Veröffentlichung von Übersetzungen
englischer Werke begann, hatte weniger Bedeutung als der von ihm kritisch geübte Einfluß auf die Produktivität hervorragender
Zeitgenossen.
Goethes
Genius ist von keinem
Menschen so früh erkannt und in den ersten Schaffensjahren
so günstig geleitet worden als von Merck.
Aber auch zahlreiche andre ausgezeichnete
Männer empfingen von ihm unmittelbar und
mittelbar geistige
Förderung und Beratung.
Außer mit
Goethe stand Merck
mit
Herder, G.
Schlosser,
Boie,
Wieland,
Nicolai, den
Brüdern
Jacobi,
Claudius,
Lavater,
G.
Forster,
Lichtenberg u. a. m. in eifriger
Korrespondenz. Er war eine Zeitlang die
Seele der auf seine Anregung 1772 gegründeten
»Frankfurter gelehrten
Anzeigen« und gehörte später zu den wichtigsten Mitarbeitern des Wielandschen
»Merkur«
[* 6] und der »Allgemeinen
deutschen
Bibliothek«
Nicolais. Fürstliche
Personen suchten den
Verkehr mit ihm; die Landgräfin
Karoline
von
Hessen-Darmstadt wählte ihn 1783 zum Begleiter auf ihrer
Reise nach
Petersburg;
[* 7] der
Herzog
Karl
August von
Weimar,
[* 8] der ihn
wochenlang auf der
Wartburg bei sich hielt, ließ sich von ihm nicht nur in
Kunst-, sondern auch in Staatsangelegenheiten gern
beraten.
Neben so vielfacher Thätigkeit, zu welcher seit 1782 eifrig betriebene paläontologische Studien kamen, befaßte sich auch mit mancherlei industriellen Unternehmungen. Hier schien ihm aber alles zu mißlingen. Fehlgeschlagene Versuche auf diesem Gebiet im Verein mit häuslichem Mißgeschick (es starben ihm binnen kurzer Zeit fünf Kinder) trübten zuletzt die Klarheit seines Geistes. Die Verdüsterung seiner Seele, die sich auf einer Reise nach Paris [* 9] 1790 nur vorübergehend lichtete, äußerte sich zuletzt in der völlig ungegründeten Sorge, Verwirrung in seinen Kassengeschäften werde ihn in Schmach und Armut stürzen. Am endete er selbst sein Leben durch einen Pistolenschuß.
Mercks
zahlreiche
Korrespondenz wurde gesammelt von
Wagner in: »Briefe an
Joh. Heinr. Merck
von
Goethe,
Herder,
Wieland und andern bedeutenden Zeitgenossen« (Darmst. 1835),
»Briefe an und von J.
H. Merck«
(das. 1838),
»Briefe aus dem Freundeskreise
von
Goethe,
Herder, Höpfner und Merck«
(Leipz. 1847). Ungedruckte
Briefe Mercks
an
Wieland wurden veröffentlicht in »Im neuen
Reich« 1877. Seine »Ausgewählten
Schriften zur schönen Litteratur und
Kunst« gab
Stahr heraus (Oldenb.
1840).
Vgl.
Zimmermann, J.
H. Merck
, seine Umgebung und Zeit (Frankf. 1871).