Titel
Menschĭkow,
1) Alexander Danilowitsch, Fürst von, russ. Staatsminister, geb. 6. (16.) Nov. 1672 bei Moskau [* 2] aus niederm Stand, war in jungen Jahren Spielgenosse Peters d. Gr. Als Sergeant im Garderegiment Preobraschensk machte er 1696 den Feldzug gegen Asow mit und begleitete dann den Zaren auf seiner Reise nach Holland und England. Im Ausland benutzte er die Zeit zu fleißiger Arbeit und tüchtigen Studien. Immer höher in der Gunst des Zaren steigend, übernahm er die Oberaufsicht der Erziehung von dessen Sohn Alexis. Im Nordischen Krieg zeichnete er sich mehrfach, namentlich 1702 vor Schlüsselburg, aus, zu dessen Kommandanten er nach der Eroberung ernannt wurde.
Bei der
Einnahme von
Marienburg
[* 3] 1702 kam er in den
Besitz jenes Mädchens, welches später
als
Kaiserin
Katharina
I. den
Urheber ihres
Glückes nie vergaß. Menschikow
ward vom
Kaiser
Leopold I. 1702 zum
Grafen, 1706 zum deutschen
Reichsfürsten und,
nachdem er die
Schweden
[* 4] bei
Kalisch
[* 5] geschlagen, von
Peter zum russischen
Fürsten und
Herzog von
Ingermanland erhoben.
Nach der
Schlacht bei
Poltawa 1709 zwang er bei Peremolotschna den größten Teil der schwedischen
Armee
unter
Löwenhaupt zur
Kapitulation und erhielt noch auf dem Schlachtfeld die Feldmarschallswürde. 1710 nahm er
Riga,
[* 6] rückte
dann in
Pommern
[* 7] und
Holstein ein und eroberte 1713
Stettin.
[* 8] 1714, 1719 und 1723 wurde er der ärgsten
Bestechungen und
Veruntreuungen
angeklagt und erlangte nur durch die
Gunst
Katharinas die
Gnade des mißtrauisch gewordenen
Zaren wieder.
Als nach
Peters
Tod 1725
Katharina durch Menschikows
Mitwirkung den
Thron
[* 9] bestieg, erreichte dessen Macht den höchsten Gipfel.
Menschikow
veranlaßte die
Kaiserin,
Peter II. als Nachfolger einzusetzen, indem er während der
Regierung des minderjährigen
Kaisers
noch lange zu herrschen hoffte. Auch bewirkte er die Verlobung seiner Tochter mit
Peter II. Diese ehrgeizigen
Pläne erregten jedoch den
Neid von Menschikows
Feinden, und da
Peter überdies des
Zwanges überdrüssig war, ward Menschikow
plötzlich
des
Hochverrats, der
Teilnahme am
Tode des
Prinzen
Alexis, der Absicht auf die
Krone, vielfacher
Bestechungen
etc. angeklagt und nebst seiner
Familie nach
Beresow in
Sibirien verwiesen, während sein unermeßliches
Vermögen der
Krone verfiel.
Menschikow
starb 22. Okt. Seine beiden noch übrigen
Kinder wurden von der
Kaiserin
Anna aus der
Verbannung zurückgerufen.
Die Tochter
Alexandra vermählte sich mit dem
General
Grafen
Gustav
Biron,
Bruder des
Herzogs von
Kurland,
[* 10] und
starb 13. (24.) Okt. 1736 in
Petersburg.
[* 11] Der Sohn,
Fürst
Alexander Alexandrowitsch, geb. 1713, wurde Gardeoffizier, erhielt
die väterlichen
Güter zurück, zeichnete sich in den türkischen und schwedischen
Kriegen aus und starb als
General
en Chef 27. Nov.
2) Alexander Sergejewitsch, Fürst, russ. Staatsmann, Enkel des Fürsten Alexander Alexandrowitsch, geb. 1789, trat 1805 in die Armee ein, widmete sich aber bald der diplomatischen Laufbahn und ward Attaché bei der Gesandtschaft in Wien. [* 12] Die Feldzüge von 1812 bis 1815 machte er als Flügeladjutant des Kaisers Alexander I. mit und rückte in ihnen bis zum General auf, nahm aber 1823 mit Kapo d'Istrias, Stroganow u. a. seine Entlassung, weil die von ihnen gewünschte Intervention zu gunsten Griechenlands nicht stattfand.
Nach der Thronbesteigung des
Kaisers
Nikolaus 1825 ward Menschikow
nach
Persien
[* 13] gesandt, um dem
Schah ein
Bündnis mit Rußland gegen
die Türkei
[* 14] anzubieten; doch scheiterte das
Projekt teils an Menschikows
Schroffheit, teils
an des
Schahs
Übermut. An dem alsbald ausbrechenden persisch-russischen
Krieg nahm Menschikow
im
Generalstab teil. Im türkischen
Feldzug von 1828 erhielt
er das
Kommando der Expedition nach
Anapa, welche
Festung
[* 15] sich ihm nach kurzer Belagerung im Juni ergab.
Dann mit der Belagerung von
Warna beauftragt, wurde er bei einem
Ausfall der
Garnison schwer verwundet.
Nach seiner Wiederherstellung trat er als Vizeadmiral und
Chef des Marinegeneralstabs an die
Spitze des russischen Seewesens,
welches ihm hauptsächlich sein Aufblühen verdankte. Seit 1831 auch
Generalgouverneur von
Finnland, wurde Menschikow
1834 zum
Admiral
befördert und 1836 Marineminister, trat aber später wieder in seine
Stelle als
Statthalter von
Finnland
¶
mehr
zurück und beschäftigte sich daneben mit der Organisation der Ostseeflotte und der Verstärkung
[* 17] der russischen Seefestungen
im Finnischen Meerbusen. Im März 1853 sandte ihn Kaiser Nikolaus als außerordentlichen Botschafter nach Konstantinopel;
[* 18] hier
forderte er die ablehnende Antwort der Pforte durch seine Verletzung aller Formen des Hofs heraus, indem er im
Paletot vor dem Sultan erschien. Am 22. Mai verließ er diese Stadt wieder und übernahm den Befehl über die Streitkräfte zu
Land, lieferte den Alliierten im September 1854 die Schlacht an der Alma sowie 5. Nov. die unglückliche Schlacht bei Inkerman und
leitete dann die Verteidigung von Sebastopol,
[* 19] erkrankte aber im Februar so ernstlich, daß er Anfang März
von seinem Kommando abtreten mußte. Am ward er zum Gouverneur von Kronstadt
[* 20] ernannt, im April 1856 aber von diesem
Posten wieder abberufen. Als witzig und zu beißendem Spott geneigt, spielte Menschikow
in den höhern Kreisen der russischen Gesellschaft
eine große Rolle. Es wird eine Unzahl von anekdotischen Zügen von ihm erzählt. Er starb