Menschenraub
(Plagium) kann in der eigentlichen, dem röm.
Recht zu
Grunde liegenden Bedeutung nur da vorkommen, wo
es
Sklaverei giebt, indem dieses
Verbrechen darin besteht, einen freien
Menschen widerrechtlich zum Sklaven zu machen. Diejenigen
analogen
Verbrechen, welche man gegenwärtig unter Menschenraub
begreift, sind
Abarten der
Freiheitsberaubung. Hauptsächlich rechnet
man hierher diejenige widerrechtliche Handlung, wodurch jemand durch Entziehung seiner
Freiheit in den
Zustand einer dauernden Abhängigkeit von fremder Gewalt versetzt oder in entfernte Weltgegenden geschleppt wird, also das
Versetzen in
Leibeigenschaft, in fremden
Kriegs- oder
Schiffsdienst, die sog. Seelenverkäuferei
u. dgl.; ferner
Kinderdiebstahl
(Kinderraub) und Verkauf von
Kindern an Seiltänzer, Bettler u. s. w. Das Deutsche
[* 2]
Reichsstrafgesetzbuch
bedroht in §. 234 mit Zuchthaus denjenigen, welcher sich eines
Menschen durch List,
Drohung oder Gewalt bemächtigt, um ihn
in hilfloser
Lage auszusetzen oder in
Sklaverei,
Leibeigenschaft oder in auswärtige
Kriegs- oder
Schiffsdienste zu bringen.
Nach §. 235 werden mit Gefängnis bestraft diejenigen, welche eine minderjährige
Person durch List,
Drohung oder Gewalt ihren Eltern oder ihrem Vormund entziehen, mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren, wenn die Handlung in der
Absicht geschieht, die
Person zum Betteln oder zu gewinnsüchtigen, unsittlichen Zwecken oder Beschäftigungen zu gebrauchen.
Das österr.
Strafgesetz rechnet auch die unbefugte Werbung für den Soldatenstand zum Menschenraub
In der
Brüsseler Kongreßakte von 1890 (s.
Sklaverei) haben die Vertragsstaaten die Verpflichtung übernommen, Sklavenraub und
Sklavenhandel
unter
Strafe zu stellen.
Deutschland
[* 3] hat diese Verpflichtung durch Gesetz vom erfüllt. -
Vgl. von Liszt, Lehrbuch des deutschen Strafrechts (7. Aufl., Berl. 1896).