Menschenopfer
,
in vielen ältern Kulten gebräuchliche Opfer lebender Menschen. In Ägypten [* 2] wurden z. B. dem Busiris rothaarige Menschen geopfert, in verschiedenen semitischen Kulten dem Moloch (Melkart) die menschliche Erstgeburt dargebracht, und selbst den alten indischen, griechischen und italienischen Kulten fehlte dieser grausame Gebrauch nicht. Mit dem Fortschreiten der Gesittung wurden diese Opfer gemildert oder abgeschafft, so z. B. zunächst statt der Eingebornen Kriegsgefangene und Sklaven, dann stellvertretende Tiere und zuletzt nur noch Puppen u. dgl. geopfert.
Auch wurden statt der
Menschen Teile von ihrem
Körper, z. B. die
Vorhaut bei den
Semiten,
Haar
[* 3] und auch wohl ein einzelner
Finger
oder eine
Portion
Blut, als Lösungsmittel für das
Leben hergegeben. Der
Akt der
Ablösung wurde in besondern
Mythen (Iphigenia) verherrlicht und bestimmten Wohlthätern der Menschheit (z. B. dem
Herkules,
Perseus
[* 4] und
Numa) als
Verdienst angerechnet. Während das Menschenopfer
(namentlich das eines
Kindes) als das Teuerste galt, was
man den
Göttern darbringen konnte, also immer den
Sinn des
Opfers beibehielt, gehören die ehemals sehr verbreiteten Menschenopfer
am
Grab Verstorbener (s.
Manendienst,
Trauerverstümmelung und
Totenbestattung) einem andern Ideenkreis an,
obwohl sie einer ähnlichen
Ablösung unterlagen. Menschenopfer
fanden in prähistorischer Zeit auch in unsern Gegenden sicher statt,
wie dies ja auch von den alten
Germanen von den alten Schriftstellern
(Tacitus) berichtet wird. Sichere
Spuren davon sind bis
jetzt in den Altertümern nur selten gefunden worden, obgleich früher viel darüber geschrieben worden
ist.
Fraas fand z. B. in einer alten Ansiedelung auf dem Lochenstein in
Württemberg
[* 5] einen zertrümmerten menschlichen
Schädel
mit ungewöhnlich starken Wandungen und ein zerhacktes
Schienbein, welche in alten
Zeiten und wahrscheinlich in noch frischem
Zustand so übel hergerichtet worden waren.