Mennonīten
(Taufgesinnte, niederländ. Doopsgezinden), nach ihrem Stifter Simons Menno (s. d.) benannte protestantische Sekte. Die Normalschrift derselben ist Mennos »Fundamentbuch von dem rechten christlichen Glauben« (1556). Sie sucht ohne mystischen Beisatz eine rein evangelische Ansicht und Behandlung des Christentums festzuhalten, verwirft den Eid, den Krieg und jede Art von Rache, ebenso die Ehescheidung außer im Fall des Ehebruchs und die Übernahme obrigkeitlicher Ämter; die Obrigkeit gilt als eine zwar jetzt noch notwendige, aber dem ¶
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Reich Christi fremde Einrichtung, die Kirche als eine Gemeinde der Heiligen, die durch strenge Kirchenzucht in der Reinheit erhalten werden müsse. Ihre Ältesten und Lehrer dienen unentgeltlich. Die Kinder erhalten den Namen bei der Geburt; die Taufe aber wird in den Bethäusern vollzogen. Der Grad der bei der Kirchenzucht anzuwendenden Strenge veranlaßte schon 1554 eine Spaltung und schuf die Parteien der gelinden Wiedertäufer (auch Waterländer genannt, weil sie im Waterland am Pampus in Nordholland und bei Franeker ihren Sitz hatten) und der feinen Wiedertäufer (auch Sonnisten, weil ihre Kirchen das Zeichen der Sonne [* 3] hatten, und alte Flaminger genannt).
Unter den letztern traten wieder kleinere Parteien auf, wie die Ukewallisten, Anhänger eines Bauern, Uke Walles aus Groningen (gest. 1653), der die Kirchenzucht besonders streng übte, auch Dompelers, d. h. die Untertaucher, genannt, weil sie die Taufe mit dreimaligem Untertauchen vollzogen, und die Janjakobschristen, genannt nach Johann Jakob, welcher die Strenge der Kirchenzucht noch gesteigert sehen wollte. Unter dem Einfluß des Arminianismus zerfielen die groben Wiedertäufer seit 1664 wieder in zwei Parteien, deren eine, die altgläubige, nach ihrem Parteihaupt Samuel Apostool (gest. 1644 in Amsterdam) [* 4] Apostolen, auch mennonitische Taufgesinnte genannt, Mennos Lehre [* 5] von der Prädestination beibehielt, während die andre, nach ihrem Haupt Galenus Abraham de Haen (gest. 1706) Galenisten genannt, die arminianischen Grundsätze annahm. 1801 vereinigten sich beide wieder, und seit 1811 sind alle Gemeinden durch die Errichtung der Allgemeinen Taufgesinnten Societät in Amsterdam enger verbunden.
Gegenwärtig offenbart sich das mennonitische Prinzip bei den meisten nur noch im Festhalten an der eigentümlichen Auffassung
der Taufe und des Eides. Auf praktisch-philanthropischem Gebiet ist ihr Einfluß in der letzten Zeit bedeutend gewesen; ein
Missionsverein, Teylers theologische Gesellschaft zu Haarlem
[* 6] und andre Stiftungen sind ihr Werk. In den Niederlanden, wo sie gegenwärtig
ca. 32,000 Anhänger (in über 100 Gemeinden) zählen, genießen sie längst Religionsfreiheit. In Deutschland
[* 7] zählte man 1871 ungefähr 20,000 Mennoniten;
davon kommen auf Preußen
[* 8] etwa 14,000, d. h. eine Zahl, wie sie merkwürdigerweise seit 60 Jahren
sich ungefähr gleichgeblieben ist und sich auch 10 Jahre später eher verkleinert als vergrößert hatte (über 10,000 kommen
allein auf die Provinz Westpreußen).
[* 9]
Hier erlangten die Taufgesinnten seit 1802 die Befreiung vom Soldateneid, seit 1827 auch vom Amts- und Zeugeneid; doch ist ihre Militärbefreiung durch die norddeutsche Bundesverfassung 1867 aufgehoben. Dieser Umstand, dazu die Praxis, alle Mitglieder auszuschließen, welche sich mit Personen andern Bekenntnisses verheiraten, endlich die zuzeiten sehr starke Auswanderung nach Rußland dienen zur Erklärung des auffälligen statistischen Resultats. Neuerdings wandern sie aus Furcht vor Aufhebung ihrer Privilegien auch aus Rußland wieder aus, um Nordamerika [* 10] und Brasilien [* 11] aufzusuchen.
Hier und überall, wo sie heimisch sind, haben sie sich als stille, fleißige Unterthanen bewährt. Völlig verschieden von ihnen sind die die Kindertaufe gleichfalls verwerfenden Baptisten (s. d.).
Vgl. Reiswitz und Wadzeck,
Beiträge zur Kenntnis der Mennoniten
gemeinden (Berl. 1824);
Hunzinger, Das Religions-, Kirchen- und Schulwesen der Mennoniten
(Speier
[* 12] 1830);
Bloupetten Cate, Geschiedenis der doopsgezinden (Amsterd. 1839-47, 5 Bde.);
(Frau Brons) »Ursprung, Entwickelung und Schicksale der Taufgesinnten« (Norden [* 13] 1884);
Mennoniten.
Schön, Das Mennonitentum
in Westpreußen
(Berl. 1886);
Müller, Die Mennoniten
in Ostfriesland (Amsterd. 1887);
»Mennonitische Blätter« (begründet von Mannhardt, 1854 ff.).