Mengtse
(»Lehrer Meng«, latinisiert Mencius), chines. Sittenlehrer, geb. 371 v. Chr. in der heutigen Provinz Schantung, bekleidete mehrere Jahre lang das Amt eines Ratgebers am Hof des Prinzen Seuen in Tse, dann ähnliche Stellungen in andern Staaten, zog sich endlich in seine Heimat zurück, um sein System auszubilden und sich Schüler heranzuziehen, und soll ein Alter von 84 Jahren erreicht haben. Mengtses Lehren befassen sich vorwiegend mit zwei großen Gegenständen: dem Verhältnis des Regenten zu den Regierten und der moralischen Natur des Menschen. In ersterer Beziehung stellt er als obersten Grundsatz auf: das Volk ist das wichtigste Element in einer Nation;
erst nach dem Volke kommt das Reich und erst in dritter und letzter Reihe der Fürst. In ethischer Hinsicht nimmt eine ursprünglich gute Beschaffenheit der menschlichen Natur an und tritt ebenso der Philosophie des Egoismus, welche Jangtschu lehrte, entgegen wie der von Mihtse gepredigten allgemeinen und gleichmäßigen Menschenliebe, welche ihm unverträglich schien mit der besondern Liebe, die man den Eltern schulde.
Mengtses Lehren wurden von seinen Anhängern in der Form von Dialogen im »Buch des Mengtse«, dem vierten der sogen. »Sseschu« (»Vier Bücher«),
aufgezeichnet; dasselbe ward öfters, unter anderm ins Lateinische von Julien (Par. 1824, 2 Bde.),
ins Englische von Collin (Malakka 1828) und von Legge (»Life and works of Mencius«, Lond. 1874) und ins Französische von Pauthier (Par. 1841), übersetzt.
Vgl. Faber, Lehrbegriff des Philosophen Mencius (Elberf. 1877).