Mendelssoh
n-Bartholdy
,
Felix,
Komponist, geb. zu
Hamburg
[* 2] als Sohn des
Bankiers
Abraham Mendelssohn
und Enkel
des
Philosophen
Moses Mendelssohn
, kam 1812 mit seiner Familie nach
Berlin,
[* 3] wo deren Haus bald ein Sammelpunkt
wissenschaftlicher und künstlerischer Berühmtheiten wurde. Nachdem ihm die
Mutter (Schwester des Legationsrates Salomon
Bartholdy) den ersten Klavierunterricht erteilt hatte, wurde er durch Ludw.
Berger
(Klavier) und Zelter
(Komposition) weiter gebildet. 1821-25 entstanden mehrere Klavierquartette, die
Oper «Die
Hochzeit
des Gamacho» (1827 in
Berlin aufgeführt) und das berühmte Streichoktett. Aus den J. 1826-28 stammen
die Ouverturen zum «Sommernachtstraum» und «Meeresstille
und glückliche Fahrt», welche Werke seinen Ruhm mit begründet haben. Mendelssoh
n-Bartholdy
unternahm 1829 seine
erste Kunstreise nach
London.
[* 4] Im Mai 1830 ging er nach
Italien,
[* 5] 1831 nach
Paris,
[* 6]
London u. s. w. Die Eindrücke dieser zwei Reisejahre
hat er später in seinen «Reisebriefen» (Lpz.
1861; 9. Aufl. 1882) beschrieben.
Außer vielen Kirchenstücken gehören dieser Zeit eine Reihe kleinerer Sachen an, wie die Hebriden-Ouverture, die ersten Lieder ohne Worte, die «Walpurgisnacht» (später umgearbeitet),
das G-moll-Konzert, das H-moll-Capriccio, zum großen
Teil die
Sinfonien
in
A-dur und
A-moll und die Ouvertüre zum
«Märchen von der schönen
Melusine». Nachdem Mendelssoh
n-Bartholdy
1833 zum drittenmal
England besucht hatte, trat er im Herbst desselben Jahres das
Amt als städtischer Musikdirektor in
Düsseldorf
[* 7] an, wo er neben
Immermann bis 1835 wirkte.
Mit der Übersiedelung nach
Leipzig
[* 8] (1835) begann
M.s reichste und vielseitigste Thätigkeit. Bis 1841 dirigierte er
fast ununterbrochen die Gewandhauskonzerte. Auch vollendete er sein Oratorium
«Paulus», dessen Anfänge er mit nach
Leipzig
brachte und das 1836 beim Musikfest in
Düsseldorf zuerst aufgeführt wurde. Ferner gehören jener Zeit an das Klavierkonzert
in
D-moll, der 42., 95. und 114. Psalm, die Ouvertüre zu «Ruy-Blas»,
das Klaviertrio in
D-moll, die
Sinfonie-Kantate «Lobgesang» (zur 400jährigen Jubiläumsfeier der
Buchdruckerkunst komponiert) u. s. w. Bereits 1837 hatte sich Mendelssoh
n-Bartholdy
mit
Cäcilie Jeanrenaud, der Tochter eines reform. Predigers in
Frankfurt
[* 9] a. M., vermählt.
Der König von Preußen [* 10] berief ihn 1841 nach Berlin, wo er die Musik zu Sophokles' «Antigone» vollendete. Anfang 1842 kehrte er nach Leipzig zurück, dirigierte aufs neue die Gewandhauskonzerte, schuf 1843 seine Musik zum «Sommernachtstraum» und rief das Konservatorium der Musik ins Leben. Im Winter 1843 ging er abermals nach Berlin, wo er nun mit dem Titel eines königl. General-Musikdirektors einen bestimmten Wirkungskreis als Leiter der Kirchenmusiken im Dom, der Sinfonie-Soireen der königl. Kapelle u. s. w. erhielt.
Ungeachtet aller Auszeichnung von seiten des Königs konnte er dessen Pläne zur Reorganisation der
Musik in
Berlin nicht zur
Ausführung bringen. Mendelssohn-Bartholdy
löste das Verhältnis in
Berlin und begab sich zunächst nach
Frankfurt a. M., im Aug. 1845 wieder
nach
Leipzig, wo er die
Musik zu
Sophokles' «Ödipus in
Kolonos» und die Neubearbeitung der schon früher
(1843) komponierten
Musik zu Racines
«Athalia» vollendete. 1846 ging er nach
Birmingham,
[* 11] wo sein Oratorium «Elias» zum erstenmal
aufgeführt wurde. Nachdem er im Winter 1846-47 wieder Gewandhauskonzerte zu
Leipzig geleitet und einen Besuch in England
gemacht hatte, verlebte er den
Sommer 1847 in
Baden-Baden
[* 12] und der
Schweiz
[* 13] und kehrte im September nach
Leipzig
zurück. Hier erkrankte er zu Anfang Oktober und starb er wurde in
Berlin beigesetzt. Eine Bronzestatue vor dem
Neuen Gewandhaus in
Leipzig wurde enthüllt.
Mit einem melodischen
Talent, wie es sich in der deutschen
Musik seit
Mozart und
Schubert kaum wieder gezeigt
hatte, verband eine umfassende musikalische und allgemeine
Bildung. Er war der erste, der die Formen der ältern
Meister für
die neue
Komposition benutzte und die bedeutenden Werke des 18. Jahrh. wieder nachdrücklich in
das Musikleben der Gegenwart einführte. Seine Aufführung von
Bachs Matthäuspassion
(Berlin
ist der Ausgangspunkt einer Renaissance geworden, in der wir noch stehen. Von seinen zahlreichen
Kompositionen für
Gesang
sind die meisten allgemein beliebt geworden. Eine
Oper «Lorelei» (ausgeführt von Mendelssohn-Bartholdy
Bruch) und ein Oratorium
«Christus» blieben
unvollendet. Mit seinen Oratorien
«Paulus» und «Elias» hat Mendelssohn-Bartholdy
großen
Erfolg gehabt; sie gehören einer Mischform an, da in Nachahmung
Bachs prot.
Choräle eingestreut sind. Eine Gesamtausgabe
von
M.s Werken erschien 1871-77 (kritisch revidiert von
Rietz) in
Leipzig. -
Vgl. M.s Briefe, hg. von seinem Bruder mit biogr.
Nachrichten (Bd. 1: Reisebriefe 1830-32, 9. Aufl., Lpz. 1882; Bd. 2: Briefe 1833-47, 6. Aufl., ebd. 1875);
E. Polko,
Erinnerungen an Felix Mendelssohn-Bartholdy
(ebd. 1868);
Ed. Devrient,
Meine
Erinnerungen an
Felix Mendelssohn-Bartholdy
und seine
Briefe an mich (3. Aufl., ebd. 1891);
Reißmann, Felix Mendelssohn-Bartholdy.
Sein Leben und seine Werke (3. Aufl., ebd. 1893);
Hiller, Felix Mendelssohn-Bartholdy
Briefe und
Erinnerungen (Köln
[* 14] 1874; 2. Aufl. 1878);
Karl Mendelssohn-Bartholdy
,
Goethe und
Felix Mendelssohn-Bartholdy
(Lpz. 1871);
Hensel, Die Familie Mendelssohn-Bartholdy
1729-1847. Nach
Briefen und Tagebüchern (8. Aufl., 2 Bde.,
Berl. 1895);
Lampadius, F. Mendelssohn-Bartholdy
(Lpz. 1886);
J.
Eckardt, Ferd.
David und die Familie Mendelssohn-Bartholdy
(ebd. 1888);
Briefe von F. an I. und Ch. Moscheles, hg. von F. Moscheles (ebd. 1888);
Briefwechsel zwischen Felix Mendelssohn-Bartholdy
und Jul. Schubring, hg. von Schubring
(ebd. 1892). -
Mendelssohn-Stiftungen, von denen Stipendien an Komponisten und ausübende Tonkünstler verliehen werden, bestehen in London («Mendelssohn Sholarship ^[richtig: Scholarship]») und Berlin. - Über M.s Schwester Fanny, s. Hensel, Wilhelm.