Titel
Meer
(Weltmeer
,
Ozean, hierzu die
Karte
»Meeresströmungen
[* 3] etc.«),
[* 4]
die ganze zusammenhängende Wassermasse, welche den größten Teil der Erdoberfläche bedeckt. Man teilt dasselbe ein in fünf Ozeane, nämlich:
1) das Südliche Eismeer südlich vom südlichen Polarkreis, 2) das Nördliche Eismeer nördlich vom nördlichen Polarkreis, 3) den Atlantischen Ozean zwischen dem Meridian des Kaps der Guten Hoffnung und dem des Kap Horn.
4) den Stillen Ozean zwischen dem Meridian des Kap Horn und dem des Kap Leeuwin, 5) den Indischen Ozean zwischen den Meridianen von Kap Leeuwin und Kap der Guten Hoffnung. Diese Einteilung ist nach dem Vorgang der Londoner Geographischen Gesellschaft (1845) immer allgemeiner angenommen und für Seekarten und ozeanographische Publikationen offiziell eingeführt. Nach vorläufigen Berechnungen kann das Areal der Meeresfläche zu 6,793,000 QM. angenommen werden. Da das Gesamtareal der Erdoberfläche 9,261,000 QM. beträgt, so ist das Flächenverhältnis von Meer zu Land etwa 2,76:1. Noch auffallender gestaltet sich der Gegensatz zwischen und Festland, wenn man auch die größte und die mittlere Tiefe der größten und der mittlern Höhe gegenüberstellt.
Während nämlich die größte Tiefe 8513 m der größten Höhe 8840 m nahezu gleichkommt, beträgt die mittlere Tiefe 3320 m, die mittlere Höhe vielleicht 440 m. So ungenau die beiden letztern Zahlen auch noch sind, so geben sie doch ein anschauliches Bild für die Gegensätze in den räumlichen Verhältnissen des Meers und der Kontinente. Dieselben Kräfte, welche durch Abschwemmung die Umrisse der höchsten Erhebungen schärfer und rauher gestalten, ebnen die Meerestiefen immer mehr und gestalten das Becken des Weltmeers zur Tiefebene, aus welcher die Kontinente als gewaltige Plateaugebirge emporsteigen.
Die Meerestiefen sind erst seit wenigen Jahrzehnten zum Gegenstand erfolgreicher Forschungen gemacht. Im J. 1838 betrug die größte bekannte Tiefe 2200 m. Die großen Tiefen, welche man kurz nachher fand, haben sich in neuerer Zeit als irrig erwiesen. Erst als das praktische Bedürfnis sich geltend machte und für Legung transozeanischer Telegraphenleitungen die Untersuchung des Meeresgrundes erforderlich wurde, bildete sich die Technik auf diesem Gebiet aus (s. Tiefenmessung). [* 5] Über die Tiefenverhältnisse findet man bei den einzelnen Ozeanen Spezielleres angeführt. Die größten Tiefen, welche man bis zum Jahr 1887 zuverlässig festgestellt hat, enthält folgende Tabelle:
Übersicht der größten Meerestiefen.
Meeresteil | Ort der Lotung Breite | Länge | Größte Tiefe Meter | Gefunden von | im Jahr |
---|---|---|---|---|---|
Nordatlantischer Ozean | 19° 39' Nord | 66° 26' West | 8341 | Brownson | 1883 |
Südatlantischer Ozean | 19° 55' Süd | 24° 20' West | 6006 | Schley | 1878 |
Nordsee | bei Nörstrand (Norwegen) | 687 | Hoffmann | 1872 | |
Ostsee | nordwestlich von Gotland | 325 | Hoffmann | 1871 | |
Mittelländisches Meer | 35° 5' Nord | 18° 8' Ost | 3968 | Spratt | 1865 |
Golf von Mexiko | 25° 8' Nord | 87° 18' West | 3875 | Sigsbee | 1878 |
Karibisches Meer | 20 Seemeilen südl. von Grand Cayman | 6270 | Bartlett | 1880 | |
Nördlicher Stiller Ozean | 44° 55' Nord | 152° 26' Ost | 8513 | Belknap | 1874 |
Südlicher Stiller Ozean | 11° 51' Süd | 78° 54' West | 6160 | Belknap | 1881 |
Chinasee | 17° 54' Nord | 117° 14' Ost | 3840 | Thomson | 1875 |
Zwischen Japan u. Admiralitätsinseln | 11° 24' Nord | 143° 16' Ost | 8367 | Thomson | 1875 |
Sulu- oder Mindorosee | 8° 32' Nord | 121° 55' Ost | 4663 | Nares | 1874 |
Celebessee | 5° 42' Nord | 123° 34' Ost | 4755 | Nares | 1874 |
Bandasee | 5° 24' Süd | 130° 37' Ost | 5120 | Nares | 1874 |
Melanesien oder Korallensee | 16° 47' Süd | 165° 20' Ost | 4850 | Nares | 1874 |
Indischer Ozean | 16° 11' Süd | 117° 32' Ost | 5523 | v. Schleinitz | 1875 |
Nördliches Polarmeer | 78° 5' Nord | 2° 30' West | 4846 | v. Otter | 1868 |
[Der Meeresboden.]
Die Grundbeschaffenheit der Ozeane ist abhängig von der Nähe des Landes einerseits und von der Meerestiefe anderseits. In Entfernungen bis zu 150 Seemeilen von der Küste und in mäßigen Tiefen (im Atlantischen Ozean bis etwa 750 m) kann man Festland-Abschwemmungen als charakteristische Beschaffenheit des Grundes annehmen. Außerhalb dieser Küstenzone herrschen die organischen Reste in dem Tiefseeschlamm vor. Am weitesten über alle Meere verbreitet und den Boden des größten Teils des Nordatlantischen Ozeans bedeckend ist der Globigerinenschlamm, ein Kalkschlamm, welcher aus den kalkigen Resten vieler Foraminiferen (Wurzelfüßer) besteht, unter denen die Globigerinen die zahlreichsten sind.
Seiner Zusammensetzung nach läßt sich der Globigerinenschlamm oft nicht von der Kreide [* 6] unterscheiden, und man nimmt an, daß sich die letztere unter ähnlichen Bedingungen gebildet hat. Die Foraminiferen leben in der Nähe der Meeresoberfläche in großer Menge, ihre zarten Reste sinken nach dem Absterben äußerst langsam in die Tiefe hinab. Auf dem Weg dahin wird der kohlensaure Kalk durch die freie Kohlensäure im M. angegriffen und mehr und mehr aufgelöst. So erklärt es sich, daß in größern Tiefen immer weniger Kalkschlamm zum Niederschlag gelangt und derselbe in Tiefen über 3700 m aufhört, einen wesentlichen Bestandteil des Tiefseeschlammes zu bilden. In größern Tiefen herrschen roter Thon und vulkanischer Detritus vor, ersterer vermutlich aus unlöslichem Rückstand der organischen Reste und feinstem von Winden [* 7] und Strömungen über die Meeresfläche verteilten unorganischen Staub herrührend, letzterer das Produkt von Eruptionen, welche in der Nähe der Küste oder unterseeisch stattgehabt haben. Außer diesen drei Hauptklassen der Grundbeschaffenheit sind noch die organischen Ablagerungen des Diatomeen- und Radiolarienschlammes zu erwähnen, welche aus Kieselzellen und -Schalen bestehen, die, schwerer zersetzlich als Kalk, in größere Tiefen gelangen. Wegen ihrer geringern Verbreitung sind indessen nur beschränkte Gebiete des Meeresbodens durch ihr Vorherrschen charakterisiert.
[Meerwasser.]
Die Frage nach dem Ursprung des Salzgehalts des Meers ist hier nur so weit zu berühren, als die Aufrechterhaltung der bestehenden ¶
Aequatorial-Maßstab = 1:100.000.000
Die kleinen Zahlen (1358) geben die Tieflothungen in Metern an, der Punkt dabei bezeichnet den Ort der Lothung.
Die grossen Zahlen (16,8°) im Atlantischen Ocean geben die Temperatur der Oberfläche in der betreffenden Breitenzone in Graden nach Celsius an.
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Zusammensetzung darunter verstanden wird. Die Flüsse [* 10] führen dem Meer die Salze in etwa folgender Zusammensetzung zu: Carbonate 80, Sulfate 13, Chloride 7. Das Salz [* 11] des Meers dagegen enthält sehr konstant: Carbonate 0,21, Sulfate 10,34, Chloride 89,45. Man nimmt an, daß im Meerwasser befindliche von Fäulnisprozessen herrührende Schwefelsäure [* 12] den zugeführten kohlensauren Kalk in schwefelsauren Kalk (Gips) [* 13] verwandelt, aus welchem durch organische Prozesse wieder der kohlensaure Kalk der Schalen und Skelette der Seetiere hervorgeht. Das Meerwasser enthält nach Forchhammer 27 Elemente gelöst, zu denen später noch mehrere gefunden sind. Wahrscheinlich sind alle Stoffe vertreten. Die meisten dieser Elemente sind nur in kleinen Mengen in Seepflanzen oder in dem Kesselstein der Dampfschiffe gefunden worden.
In größerer Menge finden sich die Hauptbestandteile des Seesalzes: Chlor, Schwefelsäure, Kalk, Magnesia und Natron, welche untereinander und zum Gesamtsalzgehalt überall im Weltmeer in merkwürdig gleichbleibendem Mischungsverhältnis angetroffen sind. Der Salzgehalt wiederum steht zu dem spezifischen Gewicht des Meerwassers in sehr konstantem Verhältnis, sobald man das letztere auf eine bestimmte Temperatur bezieht. Diese Verhältnisse geben zwei einfache Methoden an die Hand, [* 14] den Salzgehalt des Seewassers zu bestimmen: eine chemische und eine physikalische.
Bei der erstern bestimmt man den Salzgehalt aus der Menge des Chlors, welche aus einem gewissen Quantum Seewasser mit Hilfe einer Silberlösung niedergeschlagen werden kann (Titriermethode). Der sehr konstante Koeffizient Salzgehalt / Chlorgehalt (1,81) ergibt dann ohne weiteres das Resultat. Bei der zweiten Methode bestimmt man das spezifische Gewicht des Seewassers mittels eines Aräometers, reduziert dasselbe auf eine konventionelle Temperatur (gewöhnlich 17,5° C.) und hat dann den Koeffizienten Salzmenge / (spezifisches Gewicht-1) (131,9) anzuwenden. Folgende Tabelle enthält für verschiedene Meeresgebiete den Salzgehalt für 1000 Teile Seewasser und das Mischungsverhältnis der Hauptbestandteile auf Chlor = 100 berechnet sowie den sich daraus ergebenden Chlorkoeffizienten und das spezifische Gewicht reduziert auf 17,5° C. (nach den Untersuchungen Forchhammers):
Salzgehalt | Schwefelsäure | Kalk | Magnesia | Chlorkoeffizient | Spezifisches Gewicht | |
---|---|---|---|---|---|---|
1) Atlantischer Ozean, 0-30° nördl. Br. | 36,253 | 11.75 | 2.98 | 11.11 | 1,810 | 1.0277 |
2) 30° nördl. Br. bis Nordspitz-Schottland-Neufundland | 35,932 | 12.05 | 3.07 | 11.10 | 1,812 | 1.0274 |
3) Nördlich davon | 35,391 | 11.80 | 2.97 | 11.03 | 1,808 | 1.0270 |
4) Baffinsbai und Davisstraße | 33,281 | 12.01 | 2.77 | 11.23 | 1,811 | 1.0254 |
5) Nordsee und Skagerrak | 32,823 | 12.09 | 2.86 | 11.25 | 1,816 | 1.0258 |
6) Kattegat und Sund | 16,230 | 11.94 | 3.29 | 10.86 | 1,814 | 1.0124 |
7) Ostsee | 4,931 | 12.73 | 3.64 | 11.94 | 1,835 | 1.0038 |
8) Schwarzes Meer | 18,146 | 11.71 | 4.22 | 12.64 | 1,821 | 1.0138 |
9) Mittelmeer (Kreta) | 37,936 | 11.82 | 3.08 | 10.90 | 1,816 | 1.0289 |
10) Straße von Gibraltar | 36,391 | 11.42 | 2.82 | 10.12 | 1,805 | 1.0278 |
11) Atlantischer Ozean, 0-30° südl. Br. | 36,553 | 12.03 | 2.91 | 10.96 | 1,814 | 1.0279 |
12) 30° südl. Br. bis Kap Horn und Kap der Guten Hoffnung | 35,038 | 11.94 | 2.87 | 10.15 | 1,809 | 1.0267 |
13) Indischer Ozean | 33,868 | 12.04 | 2.98 | 11.01 | 1,814 | 1.0259 |
14) Nördlicher Stiller Ozean | 35,219 | 11.67 | 2.93 | 11.06 | 1,807 | 1.0269 |
15) Südpolarregion | 28,565 | 11.65 | 3.16 | 10.99 | 1,814 | 1.0218 |
Aus der sich hieraus ergebenden gleichmäßigen Zusammensetzung der gelösten Substanzen im M. muß man auf eine fortwährend vor sich gehende innige Durchmischung des Meerwassers schließen. Der Salzgehalt wird vermehrt durch Verdunstung und Eisbildung, vermindert durch Niederschläge und Eisschmelze und lokal durch Süßwasserzuflüsse. Infolgedessen ist die horizontale Verteilung des Salzgehalts am Boden sehr gleichmäßig, an der Oberfläche schwankend. Im allgemeinen findet sich die größte Salzmenge an der Oberfläche, abnehmend bis 1500-1800 m, dann sehr langsam nach unten hin zunehmend, aber am Boden nicht den Betrag der Oberfläche erreichend.
Wegen der dort herrschenden niedrigen Temperatur bleibt das Wasser unten natürlich immer absolut am schwersten. Abgesehen von den geschlossenen Meeresteilen, findet sich das salzigste Oberflächenwasser in den Gebieten trockner Winde, [* 15] den Passaten, im Gegensatz zu den Regionen der äquatorialen Regen und der feuchten Monsune; doch ist die Verteilung nicht durchaus hiernach geordnet. Besonders hervorzuheben ist das ausgedehnte Gebiet schweren Wassers im Nordatlantischen Ozean, herrührend von den aus den salzigen Binnenmeeren (Karibisches Meer, Mittelländisches Meer) austretenden Strömungen (dem Golfstrom und dem Unterstrom der Straße von Gibraltar). [* 16]
Für den nördlichen Stillen Ozean bringen die Strömungen aus dem niederschlagreichen Monsungebiet umgekehrt Verdünnung, so daß sich beispielsweise beobachten ließ im Nordatlantischen Ozean in 26° 21' nördl. Br. und 33° 37' westl. L. spez. Gew. 1,0272, im nördlichen Stillen Ozean in 30° 22' nördl. Br. und 154° 56' westl. L. spez. Gew. 1,0255. Die im Seewasser enthaltene Luft ist anders zusammengesetzt als die Luft der Atmosphäre, weil Sauerstoff und Stickstoff in verschiedener Menge absorbiert werden.
Die Atmosphäre enthält 20,9 Sauerstoff, 79,1 Stickstoff, die Luft im Seewasser dagegen 34,9 Sauerstoff und 65,1 Stickstoff. Warmes Seewasser enthält weniger Luft als kaltes. Es werden absorbiert (nach Tornöe) Stickstoff 14,4-0,23 t, Sauerstoff 7,79-0,2 t + 0,005 t2. Erfahrungsmäßig findet sich das Seewasser mit Stickstoff sehr vollständig gesättigt, dagegen zeigt sich namentlich in der Tiefe Mangel an Sauerstoff, welcher durch Oxydation und Tierleben beständig verbraucht wird. Je länger das Wasser in der Tiefe, desto ärmer ist es an Sauerstoff.
Armut an Stickstoff dagegen deutet darauf hin, daß solches Wasser in warmen Gegenden mit der Oberfläche kommuniziert hat. Die Analyse der im Tiefenwasser enthaltenen Luft bietet dadurch ein Mittel, auf die unterseeische Zirkulation zu schließen. Das Meerwasser ist viel reicher an Kohlensäure als süßes Wasser (1 Lit. Nordseewasser enthält 50 ccm Kohlensäure). Der Kohlensäuregehalt nimmt mit der Tiefe zu, er steigt und fällt mit der Salzmenge. Die speziellen Untersuchungen auf diesem Gebiet lassen noch keine allgemein gültigen Resultate angeben. ¶
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Die physikalischen Eigenschaften des Meerwassers sind besonders in Bezug auf Gefrierpunkt und Maximum der Dichtigkeit von denen des chemisch reinen Wassers ganz abweichend, wie folgende Zusammenstellung ergibt:
Wasser, dessen Salzgehalt beträgt | gefriert bei | erreicht sein Dichtigkeitsmaximum bei |
---|---|---|
0 Proz. | 0° C. | +4° C. |
1 " | -0.7° " | 1.6° " |
2 " | -1.4° " | -0.8° " |
3 " | -2.1° " | -3.5° " |
4 " | -2.6° " | -6.1° " |
Die größte Dichtigkeit des Seewassers liegt also im allgemeinen immer unter dem Gefrierpunkt. Während daher ein Süßwassersee, sobald er bis zum Grund auf +4° abgekühlt ist, bei einer Lufttemperatur unter Null sehr bald an der Oberfläche gefrieren kann, dauert der vertikale Wasseraustausch des sich abkühlenden Seewassers unter dem Einfluß der Winterkälte so lange fort, bis die ganze Wassermasse auf den tief herabgedrückten Gefrierpunkt abgekühlt ist. Erst dann bildet sich unter Abscheidung des Salzes eine Eisdecke (s. Polareis). Die Polarmeere bilden daher unter der Eisdecke mächtige Ansammlungen eiskalten, bis auf -2° und darunter abgekühlten Wassers, ein Umstand, der für die Wasserzirkulation über das ganze Weltmeer entscheidend wirkt.
[Meerestemperatur.]
Die Meerestemperatur an der Oberfläche ist wesentlich abhängig von der Temperatur der Luft und folgt den Schwankungen derselben, wenngleich unter beträchtlicher Abstumpfung der Extreme. In den mittlern Breiten beträgt die jährliche Schwankung im Atlantischen Ozean durchschnittlich 5° C., in abgeschlossenen Meeresteilen kann sie viel beträchtlicher werden, z. B. im Skagerrak 17° C. Die Oberflächenströmungen sind für die Verteilung der Temperatur von besonderer Bedeutung, daher die Temperatur im Nordatlantischen Ozean im Mittel 2-3° höher ist als im Südatlantischen und die Temperaturen gleicher Breiten im nördlichen und südlichen Stillen Ozean einander etwa gleich sind und zwischen dem des Atlantischen Ozeans liegen. Die Äquatorgegenden haben im Durchschnitt 28°. Die höchste in offener See gemessene Meerestemperatur ist bei Aden [* 18] vor dem Roten Meer zu 34,5° C. beobachtet.
Die Meerestemperatur in der Tiefe ist erst in den letzten Dezennien so zuverlässig bestimmt worden, daß man einen Überblick über die Temperaturverteilung am Meeresboden und in den mittlern Wasserschichten hat gewinnen können. Für diese Messungen sind besonders konstruierte, gegen hohen Druck geschützte Thermometer [* 19] erforderlich. Als Resultat der Temperaturbeobachtungen in der Tiefe ergibt sich allgemein das Vorhandensein einer außerordentlich mächtigen Kaltwasserschicht, deren Temperatur dem Gefrierpunkt naheliegt.
[* 17] Fig. 1 gibt ein Beispiel für die Temperaturverteilung im tiefen Ozean. Im Stillen Ozean, wo die Begrenzungsflächen der Wasserschichten gleicher Temperatur zwischen 35° nördl. und 35° südl. Br. sehr gleichmäßig verlaufen, liegt die Fläche von 2,5° C. in etwa 1550 m Tiefe, und die mittlere Tiefe zwischen diesen Breiten beträgt etwa 3500 m. Eine Wasserschicht von 2000 m Mächtigkeit ist also durchweg kälter als 2,5° C. Nimmt man aber die Fläche von 5° als obere Grenzfläche des kalten Wassers an, so erhält man für dasselbe Gebiet eine kalte Schicht von nahezu 2700 m Mächtigkeit. Im nördlichen Teil des Stillen Ozeans findet sich schon in 100 m Tiefe Wasser von einer Temperatur unter 1° C., wie folgende Temperaturreihe zeigt, welche
[* 17] ^[Abb.: Fig. 1. Tieflotungen und Temperaturverteilung (in Celsiusgraden) im Atlantischen Ozean. I. von den Kapverdischen Inseln über Monrovia bis Ascension (Länge und Tiefe 600:1); II. von da bis nahe an die Congomündung (500:1). Nach Messungen der Gazelle im Juli und August 1874.] ¶
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Meer.
Unter den verschiedenen Erklärungen, welche für die Entstehung der großen Meeresströmungen aufgestellt sind, haben nur zwei eine größere Bedeutung, die man als die Gravitationstheorie und die Windtheorie bezeichnen kann. Die Gravitationstheorie führt die allgemeine ozeanische Zirkulation auf die starke Erwärmung des Meereswassers unter dem Äquator zurück, wodurch das leichtere Oberflächenwasser polwärts abfließt und durch eine Rückströmung kalten und dichten Polarwassers in der Tiefe ersetzt wird; die Windtheorie sieht als einziges Agens der Meeresströmungen die Passatwinde und die vorherrschenden Winde an der Meeresfläche an. Wenn nun auch festgestellt ist, daß die Bewegungen der Atmosphäre in erster Linie für die Entstehung der Meeresströmungen in Betracht kommen, so darf man gleichwohl die Temperaturschwankungen, Dichteunterschiede, Verdunstung, Rotation der Erde und Druck der an der Oberfläche lagernden Wassermassen als sekundäre Faktoren nicht außer acht lassen.
Die allgemeine Versetzung der Wassermassen läßt sich oft weniger durch direkte Beobachtungen nachweisen als durch Temperaturmessungen. Letztere haben nun ergeben, daß in allen Meeren, die in der Tiefe frei mit den Eismeeren in Verbindung stehen, selbst unter dem Äquator, eiskalte Wassermassen lagern, die nur an der Oberfläche von einer verhältnismäßig dünnen Schicht warmen Wassers überlagert werden. Das Aufquellen des kalten Tiefenwassers am Äquator läßt sich unzweideutig durch die Lage der Isothermenflächen nachweisen, die von den höhern Breiten nach den Tropen aus der Tiefe emporsteigen.
Die chemische Zusammensetzung des Polarwassers lehrt ferner, daß das ganze Becken des norwegischen Meeres in seiner Tiefe mit salzreichem atlantischen Wasser von hohem Stickstoffgehalt angefüllt ist. In der Richtung der Meridiane herrscht also eine dreifache Zirkulation des Wassers: ein Absteigen in hohen Breiten, in der Tiefe eine Bewegung äquatorwärts und ein Aufsteigen unter dem Äquator. Auf die vorherrschende Windrichtung ist auch der Austausch des Wassers in der Richtung der Parallelkreise zurückzuführen.
Ein anhaltend gegen das Ufer wehender Wind bewirkt hier eine Aufstauung des Wassers; der Druck, der hierdurch in der Tiefe an der Luvküste erzeugt wird, veranlaßt einen Unterstrom am Meeresboden in einer dem Winde entgegengesetzten Richtung. So wird eine vertikale Zirkulation eingeleitet mit einer absteigenden Bewegung des Wassers an den Luvküsten und einer aufsteigenden an den Leeküsten. Entschiedene Leeküsten sind in der Passatzone die Westküsten der Kontinente, die Ostküsten dagegen Luvküsten. Im nordatlantischen Ozean trifft man an der Küste von Marokko, [* 20] der Sahara und von Senegambien bis zum Kap Verde kaltes Küstenwasser, im südlichen Atlantic erstreckt sich eine Zone kalten Küstenwassers vom Kap bis zur Congomündung.
Dieselbe Erscheinung wiederholt sich an der Westküste von Nordamerika [* 21] vom Kap San Lucas bis San Francisco und an der Westküste von Südamerika [* 22] vom Kap Blanco bis über Valparaiso [* 23] hinaus. Diese Kaltwassergebiete verdanken ihre Entstehung den Passaten, die das Oberflächenwasser der Ozeane westwärts drängen; der Überdruck, der an den Luvküsten entsteht, veranlaßt eine Kompensation an den Leeküsten durch Emporsteigen kalten Wassers aus der Tiefe. Entsprechend diesen Verhältnissen, liegen im Westen der tropischen Ozeane die Isothermenflächen viel tiefer als in der Osthälfte.
In den Gebieten, welche außerhalb der Passatzone liegen, muß nun infolge der vorherrschenden Westwinde eine Zirkulation in entgegengesetzter Richtung stattfinden. Für den nordatlantischen Ozean ist dieselbe nachgewiesen. Die Isothermen senken sich gegen Osten; die »kalte Mauer«, jenes Kaltwassergebiet, das die amerikanische Küste von dem warmen Wasser des Golfstroms trennt, rührt nur zum Teil von dem Labradorstrom her, zum Teil ist der Auftrieb [* 24] an der Leeküste die Ursache.
Diese beiden großen Zirkulationssysteme stehen miteinander in einem Austauschverhältnis. Nur zum kleinen Teil sinken die Wassermassen des Äquatorialstromes an der Luvküste zur Tiefe, die größte Masse biegt an den Antillen um und lenkt als Golfstrom in den Oberflächenstrom der nördlichen Zirkulation ein. Von diesem letztern zweigt sich wieder ein Arm an der spanisch-afrikanischen Küste südwärts zum Äquatorialstrom ab. Dieses ganze System verdankt seine Entstehung der allgemeinen atmosphärischen Zirkulation, welche durch den Temperaturunterschied zwischen Pol und Äquator einerseits, Kontinent und Ozean anderseits bedingt ist.
Von den Strömungen ist nun die Verteilung der Oberflächentemperatur der Ozeane abhängig. In den Tropen, wo die Strömungen von O. nach W. setzen, verbreitert sich das Gebiet tropisch warmen Wassers (über 24°) ganz außerordentlich nach W. Entsprechend den in gemäßigten Breiten herrschenden östlichen Strömungen, finden sich die Ansammlungen von Wasser mit Temperaturen von 12-20° an den Ostseiten der Ozeane. Es beträgt die Breite [* 25] der Fläche mit einer Oberflächentemperatur von 12-24° im
Stillen Ozean | Atlantischen Ozean | |||
---|---|---|---|---|
Westseite | Ostseite | Westseite | Ostseite | |
August | 16° | 65° | 15° | 60° |
Februar | 12° | 45° | 8° | 50° |
Die Folge hiervon ist, daß die Wasserflächen mit einer Temperatur über 12° sehr viel breiter in den Osthälften sind als in den Westhälften. Wie ausgedehnt die Flächen warmen Wassers sind, zeigt folgende Tabelle: Es beträgt in Prozenten der bezüglichen Meeresfläche das Areal der Nordhemisphäre (NH.), bez. der Südhemisphäre (SH.) mit einer Oberflächentemperatur ¶
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über 24° | über 20° | |||||
---|---|---|---|---|---|---|
Febr. | Aug. | Jahr | Febr. | Aug. | Jahr | |
NH. | 36.0 | 56.0 | 46 | 47.6 | 65.2 | 56 |
SH. | 42.6 | 23.2 | 33 | 59.2 | 39.1 | 47 |
Erde | 39.6 | 38.6 | 39 | 53.7 | 51.3 | 52 |
Zwei Fünftel der gesamten Meeresoberfläche sind im Jahresdurchschnitt tropisch und mehr als die Hälfte über 20° erwärmt. Zugleich lassen die Zahlen erkennen, in wie hohem Maße die nördliche Halbkugel in Bezug auf die ozeanische Wärmeverteilung begünstigt ist. Die Flächen hoher Temperatur verschieben sich mit dem Sonnenstand, so daß im Sommer der Nordhemisphäre der größere Teil der erstern nördlich, im Winter aber südlich vom Äquator liegt. Im Jahresmittel tritt die thermische Begünstigung der nördlichen Halbkugel deutlich hervor, wie folgende Tabelle zeigt, welche angibt, wieviel Prozent der gesamten über 24°, bez. über 20° erwärmten Meeresfläche der nördlichen und wieviel der südlichen Hemisphäre zukommt.
über 24° | über 20° | |||||
---|---|---|---|---|---|---|
Febr. | Aug. | Jahr | Febr. | Aug. | Jahr | |
NH. | 42 | 68 | 55 | 43 | 59 | 51 |
SH. | 58 | 32 | 45 | 57 | 41 | 49 |
Der größere Teil der tropisch warmen Meeresfläche gehört der Nordhemisphäre an.
Vgl. O. Krümmel, in der »Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie«, Bd. 6,1887. - Über Fauna der Tiefsee s. Naturforscherversammlung, S. 635, und Maritime wissenschaftliche Expeditionen.