Meer,
Mehr, Dorf bei Rees (s. d.).
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Mehr, Dorf bei Rees (s. d.).
die zusammenhängende Wassermasse, die das Festland der Erde von allen Seiten umgiebt und fast drei Viertel der gesamten Erdoberfläche bedeckt. (S. Erde und Planigloben.) Durch die räumliche Verteilung der Festlandmassen zerfällt das gesamte Weltmeer in drei große Hauptabschnitte oder Oceane, den Atlantischen, den Stillen oder Großen und den Indischen Ocean, die alle durch selbständige Meeresströmungen (s. unten) charakterisiert und hierdurch, wie durch ihre Größe, als selbständige oder Hauptmeere anzusehen sind.
Indem man von den äußersten Punkten der südl. Länderräume, also vom Kap Hoorn, vom Nadelkap und vom Südkap Tasmaniens aus bis zum unbekannten Südpolargebiet die Meridiane jener drei Punkte als Grenzen der Oceane auffaßt, verschwindet das früher sog. Antarktische oder Südliche Eismeer aus der Liste der Oceane, während das Arktische oder Nördliche Eismeer besser zu den unselbständigen oder Nebenmeeren gerechnet wird. Als solche betrachtet man weit zwischen die Kontinente und ihre Teile hineinreichende Glieder eines Hauptmeers. Diese zerfallen wieder in Mittelmeere und Randmeere. Ist der Zusammenhang mit dem Hauptmeere nur sehr schmal oder fehlt derselbe ganz, so entstehen Binnenmeere (s. d.). Haupt- und
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Ncbenmeere sind meist reich gegliedert durch Ein- schnitte, die bald willkürlich mit verschiedenen Namen belegt werden, wie Bucht, Bai, Golf, Meerbusen u. s. w. is. Bai), bald ibres eigenartigen Charakters halber eigene Bei^ennungen erhalten, wie 'Astuarium, Fjord, Lagune, Hass, Liman, Etang, Ria (s. diese Artikel). Diese Einschnitte dienen häufig als Häfen (s. d.). Die den Zusammendang einzelner Meeres- flächen vermittelnden engen Teile beißen Meerenge, Strafte, Sund oder Kanal.
Die Meeres tiefe wurde noch in der Mitte des 19. Jahrb. sehr überschätzt (s. Tiefseeforschung). Die größte wirtlich gemessene Tiefe im Atlantischen Ocean (s. d.) im Norden von St. Thomas beträgt 8341 in;
die im Stillen Ocean (s. d.) fand sich zwi- schen den Freuudschastsinseln und der Insel Kerma- dec als gröftte bisher überhaupt gemessene (1895) von dem engl. Vermessungsschiff Pinguin gelotet) in 30" 28' südl. Vr. und 17i;
39' lvestl. L. von Green- wich zu 9427 in (bisher galt als gröftte Tiefe das Tuscarora-Tief östlich von Japan in 44° 55' nördl. Br. und 152° 2 östl. L. von Grcenwich zu 8513 m); die im Jüdischen Ocean (s. d.) in 11" 22' südl. Br. und 116" 50' östl. L. von Greenwich zu 205 in; die im südl. Atlantischen Ocean 0" 11' südl. Br. und 18° 45' westl. L. von Greenwich zu 7370 in; die im uördl. Polarmeer 78" 5' nördl. Vr. und 2" 30' westl. L. von Greenwich zu 3012 in; die im südl. Polarmeer l8" 2i' südl. Br. und 95" 44' östl. L. von Greenwich zu 484 ni.
Der Unterschied zwischen dein höchsten und tiefsten Punkte der Erdoberfläche berechnet sich danach auf 17 353 in. Eine sebr schnelle Zunahme der Meerestiefe findet namentlich in der Nähe von Steilküsten statt; jede küstennahe Flachsee, bis zu 200 in tief, die als Überflutung des Koutiuentalsockels erscheint, ist als Nandmeer, d. h. als Bestandteil des nahen Kontinents, aufzufassen;
die tiefsten Stellen scheinen im allgemeinen nicht in der Mitte der Meer, son- dern mehr in der Nabe der Küsten sich vorzufin- den.
Binnenmeere haben in der Negel eine weit geringere Tiefe als der offene Ocean. Die mittlere Tiefe der gefamten Meeresräume kaun ungefähr zu 3300 in angenommen werden. Mit dieser Tiefe er- hält man als Volumen des Weltmeers 1220 Mill. cdkin und daraus folgt, daß das Meer etwa den 840. Teil des gesamten Erdvolumens ausmacht. Das Meer nimmt die meisten Flüsse in sich auf, ohne selbst einen Abfluft zu baoeu; es müftte daher unaufhör- lich zunehmen und steigen, wenn nickt durch die fortwährend an seiner Oberfläche stattfindende Wasserverduustung eiue ungeheure Wassermeuge von der Atmosphäre ausgenommen und iu Gestalt von Wolken und ibren Niederschlägen zum Teil dem Lande wieder zugeführt würde.
Der Meeresgrund oder Meeresboden ist zumeist flachwellig, nur von allmählich aussteigeudeu Bodenanschwelluugen (Nucken, Platten oder Pla- teaus) und sanft geböschten trichterförmigen Einsen- kungen (Tbälern oder Becken) uuterbrocben. Das Fehlen der Erosion auf dem Meeresboden und die Äusehnung durch Sedimente, in der Näbc der Küsten durch die Anschwemmungen der Flüsse und die Zer- störungsprodnkte der Küste selbst, im offenen Meer dnrch die niedersinkenden animalischen Neste, bewirkt diesen Gegensatz zum Festlande.
Die Spitzen und Nucken der Bodenanschwellungen ragen oft als In- seln (s. d.), Bänke (s. d.), Riffe' ls. d.)^ Klippen (s. d.) und Schären (s. d.) über die Oberfläche hinaus. In allen Oceanen bedeckt den Meeresboden ein feiner Schlamm. DieTiefseeablagerungen (unterhalb der 200-Meterlinie, die annähernd mit der 100- Fadenlinie zusammeufällt) siud zum größern Teil pelagisch; zu den wenigen ausgedehnten terrigenen Bilduugen gehören der vulkanische und der Korallen- schlamm, der grüne Schlamm an Steilküsten ohue grofte Flüsse zwischen 100 und 900 Faden Tiefe, der nur von der brasil. Küste bekannte rote Schlamm (durch die Flüsse ins Meer gesübrter Laterit) ilnd endlick der in groften Tiefen vorkoiunlende blaue Schlamm.
Die pelagischen Ablagerungen bestehen groftenteils aus den teilweise umgewandelten Nesten kleiner tie- rischer oder pflanzlicher Organismen, fo die Ptero- podenerde (nicht tiefer als 2000 Faden), die Schalen von Pteropoden und Heteropoden, die Globigerinen- erde (in etwa 21)00 Faden Tiefe), die Schalen voll Foraminiferen, Kokkolithen u. a., die Diatomeenerde, kiesclige Neste voil Diatomeen, kieselige Nadiolarien- skelette und Schwanlinnadeln mit vielen Gesteins- sragmenteli, die Nadiolarienerde, hauptsächlich Ra- diolarienschalen und die charakteristischste Tiefseebil- dung, der überall nur in den gröftten Tiefen vorkom- mende, nur wenige Centimeter mächtige rote Thon, ein Zersetzuugsprodukt vulkanischer Produkte mit vielen tierischen und anorganischen Beimengungen.
Die Temperatur der obern Wasserschichten hängt von der Sonnenbestrahluug ab; nach der Tiefe zu findet eine anfangs schnellere, nachher lang- samere Abnahme statt. Am Meeresboden hat man in der Nabe der Polarmeere bis zu -~1,5", im Polar- meere bis unter-3,5", in den mittlern und niedrigern Breiten bei 4000 und0000 in Tiefe zu l^i" bis 2°, am Äquator zu l 0,?" bis -0,6" 0., südlich vom 'Äquator zu 0,8° bis 1,8° (I gefunden. Diese nie- drigen Temperaturen erklären sich durch das Zu- strömen des eiskalten Wassers der Polargegenden am Boden; ein abgeschlossenes Becken, wie das Mittelländische Meer, hat von 50" ni abwärts bis zum Boden eine gleicbmäftige Temperatur von 13". Durck Zeichnung der Isothermeu in einem Meeres- querschuitt (Wärnieprofil) erhält man eine deutliche Vorstellung der Temperaturverteilung; Krümmun- gen derselben nach unten zeigen warme Strömungen, solche nach oben kalte Stromuugeu an. Das Dichtig- teitsmarimum des Meerwassers liegt bei -3,5° lü., der Erstarrungspunkt bei etwa -2,5° ('. Die im M. treibenden E i s m asse n haben verschiedenen Ur- sprung; teils entstammen sie als Eisberge (s. d.) den arttischen Gletschern, teils gefriert das Meer- wasser selbst zu Eisfeldern, die das schollen eis iPackeis) und Flardeneis (Pfannkucheneis) bil- den und als Treibeis grofte Strecken zurücklegen.
Die geometr. Gestalt der M eeresoberfläche, der Meeresspiegel, ist eine sog. Mveaufläche, d. b. eiue solche, die iu jedem ihrer Punkte senkrecht steht zur Nesultantc aller in diesem Punkte wirksamen Anziehungskräfte. Da diese sehr verschieden stark sind, so weicht die wirtlich vorhandene Meeresober- fläche in ihrem mittlern Stande, d. h. befreit von allen Unregelmäßigkeiten der Wellen- und Gezeitcn- bewegungen, ziemlich erheblich von der Gestalt des abgeplatteten Rotationsellipsoids ls. Erde) ab in- folge der Anziehung durch die Kontinente. Doch liegt wobl nirgends der Meeresspiegel an den Küsten über 500-00 in höher als im freien Ocean. Wegen der Unsicherheiten in der Bestimmung der Höhenlage des Meeresspiegels an Küsten kann die- ser keinen festen Nullpunkt für Höhenbestimmungen
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abgeben: als solchen hat man daher für Deutsch- l land einen Punkt (Normalnull ^ AN) festgestellt, , der 37 in unter dem Normalböhenpunkt der Ver- ! liner Sternwarte und annähernd gleichboch mit dem Nullpunkt des Pegels zu Amsterdam liegt. ! Früber batteman aus längern Beobachtungsreihen ^ den durch die Geleiten (s. d.) und andere Ursachen > gestörten mittlern Wasserstand berechnet und als Nullpunkt benutzt;
dieser beträgt sür die Ostsee bei Swinemünde nur 1-2 cm mehr als das Ber- liner Normalnull. Wie sich aus dem Begrifs der NweüvMche (s. oben) notwendig ergiebt, haben die einzelnen Küstenpunkte der Meer verschiedene Ni- veauböbe;
so liegt die Oberfläche des Atlantischen Oceans etwa 1 m höher als die des Mittelländischen Meer, die des Stillen Oceans bei Panama 1,07 in böber als die des Atlantischen Oceans bei Ebagreo; doch scheinen die neuesten Präcisionsnivellement^ zu ergeben, daß die Differenzen nicht überall fo groß sind, wie früber angenommen wurde. Von den Gewässern des Festlandes unterscheidet sick das Meerwasser durch seinen Geschmack, der außer seiner salzigen Veschaffenbeit nock einen Zu- satz von widerlicher Bitterkeit hat, übrigens in den verschiedenen Meer verschieden und bei größerer Ent- fernung vom Lande am salzigsten ist. Das Salz verbindert die Fäulnis des Seewassers keineswegs; vielmehr lehrt die Erfahrung, daß das Seewasser selbst, wenn es in Ruhe stebt, viel leickter fault als reines Wasser.
Dagegen giebt der S a l z g e b a l t dem Meerwasser einen Zusatz von specifischer Schwere, der es geschickt macht, größere basten zu tragen und das Schwimmen zu erleichtern. Die Zusammensetzung des Meerwassers ist im allgemeinen: Eblornatrium W,' Teile, Chlormagnesium 3,2, Bittersalz ^,2, Gips 1,4, Cblorkalium 0,6, Verschiedenes 0,1 Teile in 1000 Teilen Wasser. Die große Menge Chlor- natriums, das in dem Flußwasser nur in ganz ge- ringen Mengen gelöst ist, rührt wohl von ausge- dehnten, unterseeisch zu Tag tretenden Steinsalz- lagern bor; die großen Massen von koblensaurem Kalk, die durch die Flüsse dem Meer zugefübrt, hier aber nur als ganz geringfügige Bestandteile gefuu- den werden, werden von tierischen Organismen, wieKorallenpolypen, Muscheln, Fischen, Fischsäu- gern u. a., verbraucht und bedecken nach dem Tode dieser Tiere den Boden als Schlamm Salzgebalt der Oceane bangt ab vom Grade der Verdunstung und von der Menge der Niederschläge; er ist am größten in den Passatzonen, am lleinsten iu der äquatorialen Kalmenregion und in manchen Binnenmeeren mit reichlichem Süßwass^rzufluß, z. V. in der Oftsee.
Das mittlere specifische Gewicht des Meerwassers beträgt etwa 1,05; bis 1,031 und ist wesentlich von dessen Salzgebalt abbängig. Die Meeres färbe ist im allgemeinen blau, in flacken Meeresteilen und in der Nabe von Küsten und Flußmündungen grün (meergrün) mit vielen Nuancen. Klippen verursachen einen bräunlichen oder schwärzlichen, Schlammgrund einen graulichen Ton. Kaltküsten geben dem Wasser eine auffallend helle Farbe, und vom Ufer aus erscheint das Meer zuweilen ganz dunkelblau.
Auch andere Farben lolivengrün, rot, gelb) kommen vor, sie rühren meist von tierischen oder pflanzlichen Organis- men ber. Hierher gehört auch die Erscheinung des Milchmeers < Wintermeers), die nur iu der Nacht und besonders im Indischen Ocean auftritt. Das beionders in den tropischen Gewässern häusige Leuchten des Meer (Pbosphorescenz) wird ver- schieden erklärt. Nach K. Vogt wird es stets durch Tiere hervorgebracht. Es beschränkt sich aber auf keine Tierklasse der Meeresbewohner, noch auf ein Organ, sondern es ist bei denselben eine allgemeine Lebenserscheinung und, wie die Wärme, eine Be- gleiterin des chem. Stoffwechsels.
Die verschiedene Intensität richtet sich daher nach der Energie, mit welcker die Lebensprozesse vor sich gehen. Das Licht wechselt nickt bloß in Stärke, sondern auch in Farbe, und es giebt ungefärbtes, rötliches, gelbliches, bläu- liches und grünliches Licht. Manche Seetiere leuch- ten nur während der Muskel- oder Friktionsbewe- gung. Eine hervorragende Rolle unter den Leucht- tieren fpielt Xo^tiluca und in tropischen Meer die nahe verwandte i'vi'ocvZtis. Merkwürdig ist ferner die außerordentliche Durchsichtigkeit des Meer, die im allgemeinen weit größer als in dem mit sremden Teilchen reick geschwängerten Wasser der meisten Süßwasserseen und noch mehr der Flüsse, und in kalten Klimaten auffallender als in den heißen ist.
Das Licht dringt, nach den Aussagen der Taucher, Kl-20 m und noch tiefer unter die Oberfläche des Meer ein, und Ulan bat häufig bei 65 in Tiefe noch den Meeresgrund deutlich gefehen; die Lichtstrahlen dringen aber noch in größere Tiefe ein, photogr. Platten wurden bei trübem Wetter bis auf 200 m, bei bellem sogar nock in 300 in Tiefe angegriffen. Das Meerwasser ist in fortdauernder Bewegung, wodurck seine Neinheit erbalten wird. Zu den regel- mäßigen geboren, außer den Gezeiten (s. d.), vor allem die konstant in einer Richtung ziehenden M e e r e 5 str ö m u n g en. Die polaren Strömungen sind auf Verschiedenheit des specififchen Gewichts infolge von Temperaturunterschieden, also verschie- dener Dichtigkeit zurückzuführen.
Der verschiedene Sal'igebalt bringt den Wasseraustausch zwischen Weltmeer und Mittelmeeren zu stände sin der Straße von Gibraltar u. s. w.). Auch die Gestalt de^ Meerbodens und der Küsten übt eine gewisse, aber doch nur mebr nebensächliche Einwirkung auf Richtung und Ausbreitung der Meeresströmungen aus. Die wichtigsten Meeresströmungen haben aber, wie Zöppritz festgestellt hat, den Winden, und zwar den seit langer Zeit immer in derselben Richtung webenden, z. B. den Passatwinden, ihre Entstehung zu verdanken.
Zwei Hauptarten werden, obwohl eine ganz scharse Grenze zu ziehen nicht immer leicht ist, auch beute nock zumeist unterschieden, die Drift- strömung lTristströmung), d. h. die ursprünglich durck den Wind erzeugte Strömung, die durch die Erdrotation oder durch Anstoßen am Land ihre Richtung bäusig ändert, und die Aus gleichungs- strömung, die dadurch entsteht, daß der Abgang des von Driftströmungen weggeführten Wassers er- setzt wird. Da ihre Richtung der der Driftströme entgegengesetzt ist, nennt man sie auch Gegen- str 0 mu n g. Unter den Driftströmungen nehmen die erste Stelle die sog. 'Äquatorialströme oder Ost- ströme ein, voll einigen auch «Rotation des Meer» genannt. Diese Strömungen erscheinen im Atlan- tischen Ocean is. d.), wie in der Eüdsee (s. d.), in der äquatorialen Zone. Außerdem giebt es noch eine Anzahl besonderer Meeresströme, zu deren wichtig- sten der Golsstrom is. d.) und seine Ausläufer im Atlantischen Ocean und der Kuro-Eiwo (s. d.) oder Japanische Strom im Großen Ocean, sowie die aus den Polargebieten kommenden kalten Strömungen geboren. Diese letztcvn Mvcn hiwsig ^d^eMaiim 46* '
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Treibeis mit sich. Auch giebt es sog. Doppelströ- mungen des Meer, die sich kreuzen, d. h. übereinander in direkt entgegengesetzter Richtung sich bewegen. So hat man unwiderleglich nachgewiesen, daß unterhalb des sichtbaren, vom Atlantischen Meer durch die Meer- enge von Gibraltar ins Mittelmeer sich ergießenden Stroms ein anderer, entgegengesetzter durch dieselbe Meerenge vom Mittelmeer in das Atlantische geht, und ähnliche Doppelströmungcn kommen im Bos- porus bei Konstantinopel, in der Straße Bab el- Mandeb, im Eingang des Roten Meer und im dän. Sund vor.
Die Geschwindigkeit der Meeresströ- mungen beträgt kaum mehr als 1,? in in der Sekunde, außer in Meerengen. Die großen äquatorialen Strö- mungen legen 20 - 40 km in 24 Stunden zurück. Sie beeinflussen das Klima der von ihnen be- spülten Küsten in hervorragendem Maße und wir- ken sogar ziemlich weit in das Innere der Konti- nente hinein. Der Einfluß erstreckt sich vorwiegend auf die Luftwärme und Niederschlagsverhältnisse. (Hierzu die Karte: Meeresströmungen.) Eine andere Art der Bewegung des Meer ist die Wellenbewegung, die dadurch hervorgerufen wird, daß der auf die Wasseroberfläche wirkende Druck an benachbarten Stellen größere Ungleich- heiten ausweist.
Abgesehen von den Wellenbewe- gungen, die durch die Gezeiten erzeugt werden, und von Seebebenwellen ls. Seebeben und Krakatau), sind es in erster Reihe Luftdruckolfferenzen und die ihre Ausgleichung bewirkenden Winde, denen die Wellen ihre Entstehung verdanken. Die Wellenhöhe steigt wohl kaum über 15 in, ist aber meist viel klei- ner. Die Wellenlänge ist zehn- bis zwanzigmal größer als die Wellenhöhe, also ist auch der Er- hebuugswinkel der Wellen selten größer als etwa 6°. Die Wellengeschwindigkeit ist bei kräftiger Brise etwa 12 in pro Sekunde; sie kann bis aus etwa die doppelte Zahl im Sturm steigen; die höchste von Abercromby beobachtete Geschwindigkeit ist 24,5 in pro Sekunde bei einer Wellenlänge von 255 in. Ist die Meeresfläche in Bewegung gebracht, so bleibt auch bei eintretender Windstille der Seegang, die Dünung oder Hohle See (s. d.). Bei stürmi- schem Wetter wirft der Wind meist die hohen Kämme oder Köpfe der Wellen in das vordere Thal hin- unter; diese sich überstürzenden Wellen heißen Bre- cher oder Sturzseeu.
Sie können den Schiffen sehr gefährlich werden. Wie weit die Wellenbewe- gung sich in der Tiefe des Meer fühlbar macht, dar- über find uur wenige Beobachtungen angestellt wor- den; Aime hat festgestellt, daß in 40 in Tiefe noch Verschiebungen der Wasserteilchen stattfinden. Nach Experimenten der Gebrüder Weber müßte die Wel- lenbewegung bis in eine Tiefe reichen, die das 350- fache der Wellenhohe ist. In flacherm Wasser, sog. Untiefen, wird die Welle zur Brandung (s.d.).
Bei St. Helena nennt man die, auf Fernwirkung von Stürmen zurückgeführte starke Brandung Roller (s. d.), an der weftafrik. Küste Kalema. Um die zerstörende Kraft der Brecher, Sturz- und Vran- dungsseen abzujchwäcken, verwendete man schon im Altertum t)l zum Glätten und Beruhigen der Wel- lenkämme (f. Wellenberuhigung). Eine besondere Abart von Strandbrandung kann man die in einige Flüsse hinauflaufenden Hochflut-Tidewellen nennen (Nk8car6t3, I^oi-oroc^); diese Sprung wellen sind an seichten Stellen der Mündung am höchsten. In engen Meeresteilen, besonders in Kanälen, tritt stellenweise die eigentümliche Erscheinung stehen- der Wellen auf.
Wenn nämlich das Fortschreiten der Welle durch Ansteigen des Meeresbodens be- hindert wird, so tritt eine reflektierte Welle auf, die im Verein mit andern Ursachen am Ende des Kanals das Wasser hoch aufstaut. Theoretisch ist diese Welle eine stehende, d. h. bei ihr treten in allen Teilen des Kanals alle Wellenphasen, z. B. Hoch- und Niedrig- wasser, zu gleicher Zeit ein, wenn keine 'Reibung die Phasen der Welle verspätet. Man kann den Ge- zeitenverlauf im Englifchen Kanal als stehende Welle erklären; ähnlich ist es mit den uuregelmäßigen Strömungen im Euripos.
Auch Düuung kann stehende Wellen erzeugen, fo das Marrobbio an der ficil., die Resaca an der nordspan. Küste. Zu den Bewegungen des Meer gehören auch noch die Strudel oder Wirbel, welche entstehen, wenn infolge der Ufergestaltung das strömende Meeres- wasser an einem Orte mit hestiger Gewalt in kreis- förmiger Bewegung herumgetrieben wird. Der be- rühmteste dieser Strudel ist der Malström (s. d.). Im Altertum waren die Scylla und Charybdis gefürchtet. Die Wissenschaft, die sich mit dem Meer beschäftigt, heißt Oceanographie (s. d.). Pflanzen- und Tierleben.
Die Flora des Meer ist arm im Vergleich mit der des Festlandes. Wäh- rend auf diesem von der Küste bis zu der Grenze des ewigen Schnees nur wenig Stellen sind, wo Pflan- zen nicht gedeihen, ist ihre Verbreitung im M. eine nur beschränkte, bei 100 in Tiefe treten sie schon sehr stark zurück, bei 400 in sind sie verschwunden. Zu- gleich sind die Meerespflanzen, wenn man zunächst vou Diatomeen und den winzigen Formen, die das Plankton (s. d.) bilden helfen, absieht, an die unmittel- bare Nähe des Landes, sei es unfern der Küsten oder oberhalb der Untiefen gebunden.
Außer jenen win- zigen Formen giebt es keine pelagischen Pflanzen, denn die Tangmassen, die die Saraassomeere (s. d.) bilden, finden sich nicht an der Stätte ihres Ent- stehens, sind vielmehr an fernen Küsten losgerissen und durch die Strömungen hierher zusammen- getrieben worden. Die horizontale Verbreitung der Pflanzen des Meer hängt von der Polböhe weniger ab, denn sie sind unter den Tropen nicht besser als im hohen Norden entwickelt, ja an den antarkti- schen Küsten, besonders in der Nähe der Fallland- inseln, scheinen sie einen nicht unwesentlichen Auf- fchwung zu nehmen. Die Phanerogamcn treten in der Meeresflora ganz außerordentlich zurück, man kennt in ihr bloß 26 Arten, die sämtlich den Hydro- charidaceen (s. d.) und den Najadaceen (s. d.) ange- hören. Zahlreich hingegen sind die Algen (s. d.), be- sonders die Tange, das Meer ist ihr eigentliches Ele- ment. Die Artenzahl beläuft sich auf mehrere Tau- send. - Die Tierwelt des Meer setzt sich aus Ver- tretern aller Tierklassen mit Ausnahme der Ampbi- bien und Tausendfüßer zusammen, jedoch sind die einzelnen Klassen sehr ungleich vertreten.
Sehr we- nig zahlreich sind Meeresinsekten; sie leben als aus- gebildete Tiere (Käfer) oder Larven (Käfer, Fliegen) entweder in der uumittelbaren Nähe der Küste, oft in der Gezeiteuzone, oder pelagisch auf dem osseuen (s. Meerwanzen). Selten sind auch Spinnentiere im M., doch findet sich bei Neuseeland eine echte Spinne und von Milben eine eigene Familie (s. Seemilben), die an allen Küsten ziemlich artenreich zu sein scheint. Eine besondere Ordnung der Spinnentiere, die der Pyknogoniden (s. Assclspinnen), ist auf das Meer be- schränkt. Wahrscheinlich gehören auch die Molukken- krebse (s. d.) in diese Tierklasse. Die Rädertiere (s. d.)
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sind im M. gleichfalls seltener als im süßen Wasser. Auch Reptilien finden sich nicht hänfig im M.: echte Seeformen sind die Seeschildkröten (s. d.), die in- dessen ihre Eier auf dem Laude legen, und die Meer- schlangen (s. d.);
auch Krokodile geben gelegentlick ins R. und durchschwimmen große Strecken.
Ab- solute Meeresvögel giebt es nicht, da sie mindestens an das Land gehen, um zu brüten, die meisten ancb fliegen können, doch sind viele im übrigen ganz (Pin- guine, Alke, Sturmvögel) oder fast ganz (Scharben, Növen) an das Meer gebunden. Säugetiere besucben das Meer entweder mehr gelegentlich (s. Meerotter) oder verlassen es nach größern Pansen (Seebunde und Robben, s. d.), um an das Land zu geben, oder endlich sie verlassen es nie (Waltiere und Sirenen, s. d.), nm das Land zu besuchen, haben aber Arten, die im süßeu Wasser vorkommen oder in dasselbe hinein- schwimmen.
Etwa gleich start im M. wie auf dem Lande und im Sühwasser zugleich mögen die Ord- nnngen der Schnecken und Plattwürmer vertreten sein. Häufiger und zum Teil sehr viel bäusigcr sind Fische, Muschelu, Moostierchen, Schnur- und Ringel- würmer sowie Kruster im M. Fast auvschließlicbe Meeresbewohner sind die Mitglieder des Kreises der Hohltiere, ausschließlich sind es die der Entero- pneusten (s. d.), Mollnskoiden (s. d.) und Echino- dermen und die Klassen der Kopffüßer, Pfeilwürmer, Armfüßer, Horn- und Kalkschwämme, Heraktinelliden und Tetraktinelliden, Anthozoen, Scheiben- und Rippenquallen und Radiolarien.
Die Zahl der das Meer bewohnenden Tierarten ist bedeutend geringer als die der Land und Süßwasser bewohnenden zusammen, aber umgekebrt verbält es sich mit der Menge tierischer Substanz, da die See- tiere vielfach in unendlich viel größern Scharen auf- treten als die Landtiere und weil im M. für Tiere völlig unbewohnbare Stellen kaum vorkommen: in den größten Tiefen herrscht hier noch ein reges Tierleben. Man kann die Tierwelt auch nacb dem Gesichtspunkt ihres Vorkommens unterscheiden:
1) Gruppe der G ezeitentiere, zwischen den Gren- zen von Ebbe und Flnt. Sie sind meist stark be- panzert und haften fest an Felsen, Steinen u.s. w. oder graben sich beim Trockenlanfen des Landes in den feuchten Sand und Schlamm ein, oder verstecken sich unter Steinen, Tangbüscheln u. s. w.
2) K ü st e n - tiere, die von dem Strich der tiefsten Ebbe bis so- weit, wie das Tageslicht in das Meer eindringt und Pflanzen in demselben vorkommen, ihre Vcrtretcr hat. Entsprechend der Beschaffenheit der Küsten sind die Küstentiere wieder unter sich verschieden: Bodentiere (z. B. Rochen, Plattsische u. s. w.) ruhen meist flach auf dem Boden, Felsentiere basten an Felsen oder verstecken sich in deren Klüften, Tangtiere Hansen zwischen den Gebüschen der See- Pflanzen, während Koralleninseltiere nur in den Lücken der Lagunen zwischen den Korallenbauteu vorkommen.
Alle diese verschiedenen .Nüstenticre sind in der Regel farbig und oft sebr bunt, und ihre Färbung ist entweder eine Schutz- oder Warn- färbung. 3sPelagiscbe oder Oderflächen - tiere, die von der Oberfläche bis etwa 300 in tief vorkommen und nach Bedürfnis und obne Nachteil von einem Horizont znm andern steigen oder sinken können. Manche halten sich am Tage an der Ober- stäche anf und ziehen sich des Nachts zurück, andere verfahren umgekehrt, fast alle aber verlassen die Oberstäche bei heftigem Wind oder bei Regen, da die meisten Seetiere das süße Wasser durchaus l nicht vertragen können. Die meisten sind durch- sichtig und farblos (selbst junge Fische) oder blau, besitzeu sebr gute aktive oder als Sinthemmnisse wirtende Bewegungsorgane und hydrostatische Ap- parate in Gestalt von Lnstkammern oder Oltropfen.
4) Pelagische Tangtiere oderSargassotiere bilden die eigenartige Fanna der Sargassomeere (s. d.). Fast alle sind den Farben des Tanges sehr ähnlich gefärbt und besitzen Klammer- und Haft- orgaue, wenn sie nicht überhaupt festsitzend sind.
5) Tiefsee tiere (s. Tiefseeleben). Litterat u r. Maury, ^11i6 p1iv3ica1 AkoZrapdv c"t Ui6 863. lrnä it3 Iü6t00i-o1c)^ (19. Aufl., Neuyork 1883: nach der 1. Anst. dentsch bearbeitet von Bött- ger, Lpz. 1856; 2. Aufl. 1859);
Schleiden, Das Meer (Lpz. 1865-66; 3.Aufl.,Braunschw.1887);
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Krümmcl, Geo- physik.
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Keller, Das Leben des Meer (Lpz. 1895);
Annalen der Hydro- grapbie und maritimen Meteorologie (bg. vom ! Hydrograpdiscken Amt der taiserl. Admiralität).
^ Meer, van der, Name mehrerer niederländ. ! Maler des 17. Iabrb. ! Ian van der Meer, geb. 1628 zu Haarlem, gest. ! daselbst 1691, gehört zu den hervorragenden Land- sckaftern derHaarlemer Echnle. Er liebte es, einer- seits flacke Gegenden mit weiten Fernblicken, an- dererseits Waldlandschaften von Poet. Komposition und warmer Färbung zu malen. Jan van der Meer, Sohn des vorigen, geb. 1656 zu Haarlem, gest. erhielt von sei- nem Vater die erste Anleituug und wurde dann von N. Bergbem unterrichtet. Er malte Land- scbaften mit Tierstaffage und Seestncke; seine Ar- beiten zeugen von Naturstudium und Kompositions- talent, haben aber bereits eine gewisse Manier und Zersabrenbeit.
Man besitzt auch einige treffliche Radierungen von ihm (besonders ein stehendes und ein liegendes Schaf). Ein anderer I an vander Meer, gewöhnlich Ver - meer genannt, geb. 1632 zu Delft, gest. 1675, ist, wie Pieter de Hoogh, im eigentlichsten Sinne ein Maler des Lichtes gewesen. Das eigentümliche Spiel des hellen, durch die Fenster einfallenden Lichtes in einem Binnenranm ist der ihn vorzugsweise be- schäftigende Vorwurf, den er in mannigfachster, stets geistreicher und änßerst reizvoller Weise löst. In der Regel sind es nur einzelne [* ] Figuren, die er darstellt: Eine sich schmückeude Frau (Berlin), Ein Mädchen mit dem Weinglas (Braunschweig; s. Ta- fel: Niederländische Kunst VI, [* ] Fig. 4), Die Briefleserin lAmsterdam und Dresden), Der Geo- meter (Frankfurt a. M.), Dame am Klavier (seit 1893 in London). Nnr selten giebt er Grnppen, so in dem berrlichen Maleratelier (Wien, Galerie
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