Mauren
(Mohren; Morisken, span. Moros), ein Mischvolk aus arabischen und andern Elementen, welches gegenwärtig den Hauptbestandteil der Städtebevölkerung von Marokko, [* 2] Algerien und Tunis bildet und in andern Verhältnissen auch in Senegambien und Ceylon [* 3] zu finden ist. Ursprünglich aber wurde dieser Name (nach dem phönikischen Mauharin) von den Römern den Bewohnern der Atlasgegenden, d. h. Berbern, gegeben und ihr Land danach Mauretanien (s. d.) genannt.
In der
Folge kam dasselbe unter die Herrschaft der
Vandalen, deren
Reich 534 wieder durch
Belisar gestürzt wurde. Als die
Sarazenen
(Araber) ihre
Eroberungen im 7. Jahrh. auch über diesen Teil
Afrikas ausbreiteten, ging der
Name Mauren
auf
die aus und Arabern gemischte
Bevölkerung
[* 4] der
Städte des Atlasgebiets, besonders der
Küste, über und wurde, als die Araber 711 von
Afrika
[* 5] nach
Spanien
[* 6] vordrangen, von den Spaniern auf diese selbst (los
Moros)
übertragen, während die echten,
unverfälschten Nachkommen der alten Mauren
sich in die
Gebirge zurückzogen und den
Namen
Berber
(Amazirghen) annahmen.
Die Mauro-Araber brachten Wissenschaften und Künste nach Spanien, und während noch der größte Teil des übrigen Europa [* 7] in Barbarei versunken war, blühten in Cordova, Granada [* 8] und andern maurischen Städten Gelehrsamkeit und Künste, namentlich die Baukunst [* 9] und Dichtkunst. Aber die Teilung des Landes unter verschiedene Regenten (in die Reiche Saragossa, [* 10] Toledo, [* 11] Valencia, [* 12] Brighuega, Malaga, [* 13] Murcia, [* 14] Denia etc.) und deren Uneinigkeit schwächten sie so, daß sie den unaufhörlichen Angriffen der neuentstandenen christlichen Königreiche in Spanien nicht mehr widerstehen konnten und zuletzt auf das Königreich Granada beschränkt waren.
Ferdinand der
Katholische eroberte 1492 auch dieses und machte dadurch der beinahe 800jährigen Herrschaft der Mauren
in
Spanien
ein Ende. Ein Teil der Mauren
ging nach
Afrika, die meisten aber blieben in
Spanien, wo sie wenigstens äußerlich zum
Christentum
übertraten und unter dem
Namen
Morisken als fleißige, ruhige
Unterthanen lebten, bis die aus Glaubensfanatismus
hervorgegangenen Bedrückungen unter
Philipp II. 1568-70 einen bewaffneten
Aufstand der
Morisken in
Granada hervorriefen, nach
dessen Dämpfung über 100,000 derselben vertrieben wurden.
Die übrigen, wenige noch heute vorhandene Reste in den Gebirgen Granadas ausgenommen, traf unter Philipp III. 1609 gleiches Schicksal; ½ Mill. Morisken verließen damals Spanien und kehrten nach Afrika zurück.
Vgl. Rochau, Die Moriskos in Spanien (Leipz. 1853).
Gegenwärtig nennt man Mauren
in Nordafrika die in den
Städten als Kaufleute angesessenen Araber, deren
Blut teils mit berberischem,
teils aus dem langen Aufenthalt in
Spanien von weiblicher Seite mit spanischem
Blut gemischt ist. Sie zeichnen
sich alle
durch edle, regelmäßige Gesichtszüge, denen ein schöner
Bart besonders würdigen
Ausdruck verleiht, weiße Hautfarbe,
aber auch durch
Neigung zu Fettleibigkeit aus, was sie von reinen Arabern und
Berbern unterscheidet.
Ihre
Sprache
[* 15] ist das sogen. westliche
Arabische, mit vielen berberischen und spanischen Wörtern vermischt.
Ebenso werden als Mauren
bezeichnet die nördlich vom
Senegal wohnenden Trarsa,
Brakna und Duaisch, welche zur Hälfte aus
Schwarzen,
zur andern Hälfte aus arabischen und berberischen
Mischlingen und einigen reinen Arabern und
Berbern bestehen. Diese Mauren
haben
dieselben charakteristischen
Körper- und Geisteseigenschaften wie ihre nördlichern Verwandten, zeichnen sich aber, da
sie ein entbehrungsvolles
Hirten- und Kriegerleben führen, durch Gewandtheit und
Zähigkeit aus; sie neigen auch nie zu Fettleibigkeit,
vielmehr sind sie stets hager, aber auch außerordentlich unreinlich.
Diese Mauren
zerfallen in vier
Kasten: die
Krieger oder Hassan, die
Marabut oder Tolba, beide als das erobernde
Volk von alter mohammedanischer
Abstammung weit über den andern stehend, die Asunug oder Lameh, Nachkommen der unterworfenen Urbevölkerung,
und endlich die kriegsgefangenen Sklaven, deren
Los ein sehr hartes ist.
Endlich nennt man Mauren
in
Ceylon die Nachkommen arabischer
Abenteurer und singhalesischer Mütter, welche in der Zahl von 160,000
Köpfen jetzt den größten Teil des
Handels
zwischen den Europäern und den Eingebornen vermitteln. Wahrscheinlich kamen sie hierher direkt aus dem südlichen
Arabien
und hatten bereits im 14. Jahrh. den ganzen
Handel der
Insel in ihren
Händen, im 16. Jahrh. waren sie sogar die eigentlichen
Herren des
Landes, welche die Herrscher nach ihrem
Willen ein- und absetzten. Durch die Ankunft der
Europäer
ging ihnen zwar ihr politisches, nicht aber ihr kommerzielles Übergewicht verloren.