Marschall
(früher Marschalk, mittellat. marescalcus, vom althochd. marah, »Mähre, Pferd«, [* 2] und scalh, »Diener«),
Königreich Sachsen

* 4
Sachsen. ursprünglich der
Hüter einer
Koppel
Pferde
[* 3] oder einer, der die
Aufsicht über die
Pferde und über den
Stall führte, wie denn noch jetzt
Maréchal im französischen der
Hufschmied, auch
der Stallmeister heißt.
Schon in den frühsten
Zeiten der fränkischen
Könige stieg der Marschall
zum höhern Hofbeamten (comes stabuli,
vgl.
Connétable) empor, dessen
Funktion im
Deutschen
Reich seit der Zeit
Kaiser
Ottos I. eins der großen
Erzämter
(s. d.) ward. Erblicher
Inhaber des Erzmarschallamts
(Reichserzmarschall
) war der
Kurfürst von
Sachsen,
[* 4] der, wie die andern
fürstlichen
Inhaber der Reichserzämter, den damit verbundenen
Dienst durch den
Erbmarschall verrichten ließ, dessen
Würde
in der
Familie der
Grafen von
Pappenheim erblich war.
Marschall von Biberste

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Seite 11.285.
Dieser
Dienst bestand bei der Kaiserkrönung darin, daß derselbe in einen mächtigen Haferberg hineinritt,
um dem neugekrönten
Herrn ein silbernes
Maß voll
Hafer
[* 5] in den
Stall zu bringen. Außerdem hatte er bei
Reichstagen und bei sonstigen
feierlichen Gelegenheiten die
Ordnung und das
Zeremoniell zu überwachen. Jetzt ist
Hofmarschall der
Titel eines höhern Hofbeamten,
der als Vorsteher des Hofmarschallamts
die ganze Haushaltung des
Hofs,
Küche,
Keller, Baulichkeiten etc.,
sowie das niedere Hofpersonal unter seiner
Aufsicht und bei Hoffestlichkeiten die nötigen
Anordnungen zu treffen hat (s.
Hof,
[* 6] S. 606). Die vormaligen
Reichs- und Landerbmarschälle führten bei Versammlungen der
Landstände den Vorsitz.
Endlich kommen
auch bei andern als
¶
mehr
Hoffestlichkeiten, bei Aufzügen, größern Leichenbegängnissen u. dgl.,
Marschälle (Festmarschälle) vor, welche entweder dafür zu sorgen haben, daß alles in der gehörigen Ordnung vor sich gehe,
oder bloß in feierlichem Kostüm
[* 8] dem Zug
vorangehen. Der Deutsche
[* 9] Orden
[* 10] erweiterte zuerst die alte Hofcharge des Marschalls
zur
vornehmsten Feldherrnstelle, obgleich der eigentliche Titel Feldmarschall (s. d.) erst zur Zeit der »deutschen
Reiter« für den Obersten eines Kavallerieregiments vorkommt. In Frankreich nahm das Wort Maréchal, welches anfangs den unter
den Befehlen des Connétable stehenden Intendanten des königlichen Marstalls bezeichnete, sehr bald andre Bedeutung an. Schon
unter Philipp August (1180-1223) führte der Oberbefehlshaber der königlichen Truppen zeitweilig jenen
Titel.
Zur Zeit Ludwigs IX. gab es zwei, später drei, vier und mehr solcher Marschälle, welche zum Unterschied von den Marschällen andrer Lehnsherren Maréchaux de France (Marschälle von Frankreich) genannt wurden und besonders nach der Aufhebung der Connétablewürde 1627 zum höchsten Ansehen gelangten. Unter Heinrich III. ward durch die États-Généraux ihre Zahl auf vier herabgesetzt; doch ward diese Zahl schon von Heinrich IV. und noch mehr von dessen Nachfolgern überschritten, so daß es 1703 unter Ludwig XIV. nicht weniger als 20 Marschälle gab, unter denen auch Seeleute waren.
Staatsverfassung - Sta

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Stab.
Seitdem schwankte ihre Zahl, bis der Titel »Marschall
von Frankreich« ganz aufgehoben wurde. Napoleon
I. stellte die Marschall
swürde wieder her, indem er Reichsmarschälle (maréchaux d'empire) ernannte. Unter der Restauration
wurde der Titel eines Maréchal de camp (Generalmajor) wieder aus der Vergessenheit hervorgezogen, und unter dem Julikönigtum
ward durch ein Gesetz vom die Zahl der Marschälle von Frankreich in Friedenszeiten auf sechs
herabgesetzt, während sie in Kriegszeiten bis auf zwölf vermehrt werden durfte. Napoleon III. stellte das Verhältnis, wie
es unter Napoleon I. bestand, wieder her. Das Zeichen der französischen Marschall
swürde ist ein azurblauer, mit goldenen
Sternen verzierter Stab.
[* 11] Übrigens werden mit dem Namen Marschall
in Frankreich auch noch andre militärische Chargen
bezeichnet, wie z. B. bei der Kavallerie Maréchal des logis derjenige Unteroffizier heißt, welcher die Einquartierung seiner
Eskadron zu besorgen hat.