[* 2] (auch
Mamers,
Mavors), neben
Jupiter der Hauptgott der alten Italer, dessen
Dienst namentlich bei den
Latinern und
Römern uralt war. Doch ist seine ursprüngliche Naturbedeutung nicht sicher. Die einen
(Preller) fassen ihn als Gott des »männlichen
Naturtriebes«, die andern
(Roscher) als Gott der
Sonne
[* 3] auf. Er war ein Sohn der
Juno, die ihn infolge der Berührung einer wunderbaren
Frühlingsblume gebar, und galt den
Römern als
Vater des
Romulus und
Remus (durch
Rea Silvia) für den Ahnherrn des ganzen
Volkes.
Ihm war der erste
Monat des alten römischen
Jahrs (der Frühlingsmonat März) geweiht.
In dem uralten
Liede
der
Arvalbrüder bei dem
Maifest der
Dea Dia wurde Mars um
Hilfe und
Schutz angerufen; ebenso betete man zu ihm früher bei der
Flurweihe (Ambarvalien),
Familie,
Feld und Viehstand zu segnen und vor
Krankheit, Unwetter und anderm
Schaden zu bewahren,
und bei dem
Fest am 15. Okt. (s. unten) opferte man ihm ein
Pferd
[* 4] zum guten Gedeihen der
Aussaat. Durch einseitige Auffassung seines
Wesens ward er dann allmählich zum
Kriegsgott schlechthin und in der spätern Zeit vollständig mit dem griechischen
Ares
[* 5] (s. d.)
¶
mehr
identifiziert. Als Kriegsgott führte er besonders den Beinamen Gradivus (»der Schreitende«, wohl vom Sturmschritt der Schlacht
zu verstehen). Seine Symbole waren der reißende Wolf, der kriegerische und weissagende Specht und die Lanze. Bei Ausbruch eines
Kriegs forderte ihn der Feldherr feierlich zur Teilnahme auf, indem er an seine heilige Lanze und die heiligen
Schilde (s. Ancile) schlug mit dem Ruf: Mars vigila! ( Mars erwache«). Auch während des
Feldzugs und vor derSchlacht wurde ihm viel geopfert, und in seinem Namen vorzüglich wurden die militärischen Auszeichnungen
erteilt.
Seine Hauptfestzeit fiel in den März. Als seine Genossen im Kampfe feierte man angeblich schon seit Tullius Hostilius in besondern
Heiligtümern Pavor und Pallor (»Furcht« und »Erbleichen«). Einen neuen Kult richtete ihm Augustus als Mars Ultor
(Rächer des Cäsar) in dem 2 v. Chr. eingeweihten prachtvollen (heute noch in Ruinen erhaltenen) Tempel auf dem Forum
[* 9] Augusti
ein, in welchem sein Bild und das der Venus als der beiden göttlichen Ahnen des JulischenGeschlechts standen.
Bei den Sabinern wurde auch als Schutzgott der Ehe und des ehelichen Lebens verehrt und zum Gemahl der Nerio (s. d.) gemacht.
Beiname des sabinischen ist Quirinus (s. d.). Über die bildlichen Darstellungen des Mars s. Ares.
Seine Bahn besitzt nach der des Merkur
[* 16] von allen Hauptplaneten die größte Exzentrizität, nämlich 0,0932167,
d. h. etwa 1/11; sie ist aber gegen die Erdbahn nur um 1° 51' 5,8'' geneigt. Die mittlere
Entfernung des Mars von der Sonne ist 1,52369 Erdbahnhalbmesser = 226,52 Mill. km oder nahe 30 Mill.
Meilen. Die größte und kleinste Entfernung verhalten sich wie 5:4, indem die erstere 33, die letztere 28 Mill.
Meilen beträgt. Das Licht,
[* 17] welches der Planet von der Sonne erhält, ist in der mittlern, kleinsten und größten Entfernung
resp. 0,43, 0,52 und 0,36
von dem, welches die Erde von der Sonne empfängt.
Zur Zeit seiner Opposition kann sich der Mars der Erde bis auf 7¾ Mill. Meilen nähern, in seiner obern Konjunktion
sich aber auch bis auf 55 Mill. Meilen von derselben entfernen. Daher sein wechselnder Glanz und sein veränderlicher scheinbarer
Durchmesser, welcher, auf die mittlere Entfernung der Erde von der Sonne
reduziert, 9,5'' beträgt. Sein wahrer Durchmesser ist
0,54 des Erddurchmessers = 6752 km oder 910 geogr.
Meilen. Nach der neuesten Bestimmung von Hartwig ist dafür 0,532 Erddurchmesser = 6735 km
zu setzen.
Eine Abplattung ist wahrscheinlich, ihre Größe aber unbekannt. Die Masse des Mars beträgt nach Leverrier1/2998300 der Sonnenmasse;
seine mittlere Dichtigkeit würde danach = 0,7 der Erddichtigkeit oder viermal so groß
als die Dichtigkeit des Wassers sein, und die Schwere würde auf dem Mars etwa 0,38 von der auf der Erde beobachteten betragen.
Merkwürdig sind die hellern und dunklern Flecke, die man mit Hilfe eines guten Fernrohrs auf dem Planeten bemerkt, und welche
schon Fontana 1636 und Zucchi 1640 wahrnahmen. Aus der Bewegung dieser Flecke haben schon Huygens und D.
Cassini die Rotationsdauer zu 24 Stund. 40 Min. bestimmt; in neuester Zeit fanden van de Sande, Backhuyzen und Wislicenus dieselbe
übereinstimmend gleich 24 Stund. 37 Min. 22,66 Sek.
Die rote Färbung des Mars erklärt man durch die Absorption, welche das von der Sonne kommende Licht beim
Durchgang durch die Atmosphäre des Mars erleidet. Die Anwesenheit einer Atmosphäre auf dem ist unzweifelhaft sicher, und man
muß annehmen, daß ihre Zusammensetzung nicht erheblich von der unsrigen abweiche und vor allem reich an Wasserdämpfen sei.
Anderseits muß die Marsatmosphäre eine wesentlich verschiedene sein von der des Jupiter; denn während
bei dem letztern die Helligkeit nach dem Rande der Scheibe hin abnimmt, ist es eine charakteristische Eigentümlichkeit des
Mars, daß er am Rand heller erscheint als in der Mitte.
In der hellen Randzone werden alle in der Mitte der Scheibe erkennbaren Einzelheiten der Oberfläche unsichtbar,
und dies findet bis auf beträchtliche Entfernung vom Rand statt. Auch in der Mitte ist die Durchsichtigkeit der Atmosphäre
ziemlich wechselnd, und so gelangt man zu der Ansicht, daß die Marsatmosphäre mit Dämpfen erfüllt ist, die aus irgend welchem
Grund nicht so dichte Wolken bilden können, wie diejenigen unsrer irdischen Atmosphäre sind, welche aber
die Oberfläche des Planeten mit einem das Licht noch durchlassenden Nebel überziehen.
Derselbe lichtet sich an einzelnen Stellen und verdichtet sich wieder an andern; während er im zentralen Teil, wo man senkrecht
durch die Nebelschicht hindurchsieht, das Erkennen der Oberflächengestaltung gestattet, ist dies am Umfang
nicht mehr möglich, weil das Licht hier eine dickere Schicht zu durchlaufen hat. Durch die größere Dicke am Rand wird auch
hier die Reflexionsfähigkeit größer, wodurch sich die Helligkeit der Randzone erklärt.
Der ist derjenige Planet, über dessen Oberflächenbeschaffenheit wir, nächst unsrer Erde, am besten unterrichtet sind,
und der uns den Anblick von Veränderungen darbietet, die den meteorologischen Vorgängen auf der Erdoberfläche analog sind.
Von den zahlreichen Flecken des Mars sind die hellern rötlich, die dunklern graugrün oder bläulich. Der gewöhnlichen Annahme
nach sind die letztern Wasseransammlungen, die hellern Festlandmassen. An den Polen des Planeten, von denen
uns infolge der starken Neigung des Marsäquators gegen seine Bahn (27°) in der Regel nur ein einziger sichtbar ist, gewahrt
man sehr helle, fast kreisrunde Flecke von so starkem Glanz, daß man sie selbst durch Wolken in unsrer Atmosphäre bisweilen
sehen kann. Man hat dieselben schon frühzeitig für Schnee- und Eisflächen gehalten, und der ältere
Herschel hat 1784 bemerkt, daß dieselben im
¶
Schiaparelli aber hat sich bei seinen Beobachtungen, die mit einem Merzschen Refraktor von 22 cm Öffnung angestellt wurden,
überzeugt, daß sich die Entfernung eines Fleckes vom Zentrum der Planetenscheibe durch eine einzige Beobachtung
mit einem wahrscheinlichen Fehler von nur einem Grad finden läßt, wenn der scheinbare Durchmesser des Planeten wenigstens
20'' beträgt. Aus 131 Aufnahmen von 1877 bis 1878 hat er dann eine Karte des Mars in Mercator-Projektion konstruiert, welche
den größten Teil der südlichen Hemisphäre und die nördliche bis zum 40. Breitengrad umfaßt
[* 2]
(Fig.
1). Bei den sogen. großen Marsoppositionen, d. h. größten Annäherungen des an die Erde, wie denen von 1862, 1877, 1894,
ist nämlich die