Marlowe
(Marlow, spr. márlo), Christopher (Kit), engl. Schauspieldichter, einer der bedeutendsten Vorläufer Shakespeares, ward zu Canterbury 1562 als Sohn eines Schuhmachers geboren, erhielt eine königliche Freistelle in der King's School daselbst und studierte dann in Cambridge, wo er 1587 Master of Arts wurde. Bereits 1586 hatte er ein Drama: »Tamburlaine the Great«, geschrieben und hierdurch den sogen. Blank verse (s. d.) für immer in das englische Drama eingeführt.
In dem
Stück sind unter vielfachen Übertreibungen und dem
Schwulste der
Diktion
Stellen von hoher
Schönheit und wilder
Größe
verborgen. Durch den Erfolg ermuntert, betrat Marlowe
selbst auf einige Zeit die
Bühne und widmete sich dann
ausschließlich der litterarischen Beschäftigung. Es erschien zuerst: »Life and
death of
Dr. Faustus« (1588; hrsg. von
Wagner, Lond. 1877; von
Ward, Oxf. 1878), die älteste dramatische Bearbeitung der Faustsage
voll dramatischer
Kraft
[* 2] und hoher Sprachgewalt, die indessen im
Faust weniger den
Durst nach
Wissen als nach
sinnlichem
Genuß schildert (s.
Faust).
Das Werk wurde übersetzt von Ad. Böttger (Leipz. 1857), von Bodenstedt in »Shakespeares Zeitgenossen«, Bd. 3 (Berl. 1860),
von A. v. d. Velde (Bresl. 1870),
der zu beweisen sucht, daß Marlowe
das Spießsche Volksbuch von
Faust gekannt und dem deutschen
Original den
Stoff zu seinem
Stück entnommen hat, und von W.
Müller (Leipz. 1879). Es folgten: »The jew
of
Malta« (um 1589; deutsch von
Kannegießer, Berl. 1808),
bei aller Roheit und Wüstheit großartig, auch durch eine hochkomische Szene ausgezeichnet;
»The massacre at Paris« [* 3] (nach 1589),
mit trefflicher Charakterzeichnung des Herzogs von Guise, sonst ohne dramatisches Interesse, und »Edward II.« (1594; hrsg. von Tancock, Lond. 1880; deutsch von Prölß im »Altenglischen Theater«, [* 4] Bd. 1, Leipz. 1881),
wahrscheinlich das letzte und wohl das beste
Stück Marlowes
, eine »Historie«, die alle ältern Werke ähnlicher
Art überragt, in der
Konstruktion den Historien
Shakespeares gleich und reich an glänzenden
Szenen, unter
denen sich die Schilderung vom
Tod
Eduards auszeichnet.
Auch die Versifikation des Dichters zeigt sich in diesem
Stück in ihrem
Glanz. Man schrieb Marlowe
noch andre
Stücke zu, wohl mit Unrecht; doch verfaßte er mit
Nash (s. d.) das
Trauerspiel
»Dido« und übersetzte
einen Teil von
»Hero und
Leander« und die
Elegien des Ovid (1598), die der
Erzbischof von
Canterbury als sittenlos
verbrennen ließ. Marlowes
Privatleben war zügellos. Er starb, zu früh für seine
Kunst, in einem Liebeshandel von seinem
Nebenbuhler erstochen und wurde in
Deptford begraben. Neuere
Ausgaben seiner Werke besorgten A.
Dyce (1850, 3 Bde.),
Cunningham (1872),
Bullen (1885, 3 Bde.),
Breymann und
Wagner (Heilbr. 1885 ff.).
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Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Marlowe
oder Marlow (spr. -loh), Christopher, engl. Dramatiker, geb. im Febr. 1564 zu Canterbury (wo ihm ein
Denkmal von Onslow Ford gesetzt wurde), war Sohn eines Schuhmachers, studierte zu Cambridge und ward 1587 Magister. Schon vorher
hatte er das Trauerspiel «Tamburlaine the Great» (2 Tle.) geschrieben (gedruckt Lond. 1590; neu hg. von
A. Wagner, Heilbr. 1885), das mit großem Beifall aufgeführt ward. Marlowe
ging nach
London
[* 6] und wurde selbst Schauspieler, soll jedoch bald von der Bühne zurückgetreten sein. Er wurde bei einer Rauferei
erstochen.
Seine wichtigsten Stücke sind: «Life and death of Dr. Faustus» (1588; hg. von W. Wagner, Lond. 1877 u. 1885; von A. W. Ward, Oxf. 1878 u. 1887; neu von H. Breymann, Heilbr. 1889; deutsch von Wilh. Müller, Berl. 1818; Böttger, Lpz. 1857, und van der Velde, Bresl. 1870),
«The Jew of Malta» (1588; neu hg. von A. Wagner, Heilbr. 1889; deutsch von Bülow in der Altenglischen Schaubühne, Berl. 1831),
sein bedeutendstes Werk, «Edward Ⅱ.» (1593; hg. von W. Wagner, Hamb. 1871; deutsch von Bülow, Berl. 1831, und O. W. Tancock, Oxf. 1879 u. 1887) und «The massacre at Paris» (1593). Seine Übersetzung der schlüpfrigen Elegien Ovids wurde auf Befehl des Erzbischofs von Canterbury öffentlich verbrannt. Weit zarter ist das Gedicht «Hero and Leander» (1596 gedruckt). Die Trauerspiele M.s zeichnen sich aus durch überwältigende Kraft der Sprache [* 7] und drastische Schilderungen der Leidenschaften, zum Teil auch durch treffliche Charakterzeichnung.
Neben erhabenen Scenen finden sich aber andere voll gemeiner Scherze und zügelloser Roheit. Auf Shakespeare hat er ohne Zweifel großen Einfluß geübt. Seine Werke veröffentlichten: G. Robinson (3 Bde., Lond. 1826), Dyce (3 Bde., ebd. 1850), Cunningham (1871), A. H. Bullen (3 Bde., Lond. 1885), Breymann und A. Wagner (Heilbr. 1885 fg.) u. a. –
Vgl. Verity, The influence
of C. Marlowe
on Shakespeare's earlier style (Lond. 1886);
J. G. Lewis, C. Marlowe
, life and works (ebd. 1891).