Maritime
wissenscha
ftliche Expeditionen.
Obgleich das
Meer in seinen mannigfachen
Erscheinungen und
Wirkungen schon in
den ältesten
Zeiten die
Aufmerksamkeit der
Menschen auf sich ziehen mußte und Gegenstand des Nachdenkens und des Forschens
war, so blieb doch die Kenntnis von der
Beschaffenheit und den Vorgängen in demselben bis in die neueste Zeit außerordentlich
mangelhaft. Wenn schon die
¶
mehr
maritimen
Forschungen Schritt halten mußten mit der Entwickelung der Schiffahrt und sich erst mit dieser von den Küsten auf
die offene See entfernen konnten, so liegt ein weiterer Grund des langsamen Fortschreitens der ozeanischen Untersuchungen in der
Mangelhaftigkeit der zu denselben erforderlichen Instrumente; dieselben beschränkten die Beobachtungen auf die Oberfläche
des Meers und konnten daher nur sehr einseitige und lückenhafte Resultate liefern.
Erst den letzten Dezennien ist es vorbehalten gewesen, die Forschungen auf das Meer in seiner Gesamtheit bis in die größten,
früher ungeahnten Tiefen auszudehnen und, dieselben systematisch und streng wissenscha
ftlich durchführend, Aufschlüsse
über die Tiefen, die Bodengestaltung und Beschaffenheit, die Temperatur- sowie die sonstigen physikalischen
und biologischen Verhältnisse des flüssigen, den größten Teil unsrer Erdoberfläche einnehmenden Elements zu erlangen.
Das Verdienst, die Meereskunde auf positiver, streng wissenscha
ftlicher Grundlage aufzubauen, hat der Amerikaner F. Maury (s. d.
3). Derselbe wurde in seinen Bestrebungen wesentlich unterstützt durch die gerade zu jener Zeit mächtig
auftretenden Handels- und Verkehrsbedürfnisse, welche eine Telegraphenverbindung der Alten und Neuen Welt durch unterseeische
Kabel verlangten, und denen wir die ersten wichtigen und erfolgreichen Tiefseeforschungen verdanken. Es folgten nun eine
ganze Reihe von Expeditionen
bis in die jüngste Zeit; dieselben wurden zum größten Teil von den Regierungen
der meisten Länder zur wissenscha
ftlichen Erforschung der Ozeane ausgerüstet und von namhaften Gelehrten begleitet.
Eine große Ausdehnung
[* 3] erhielten dieselben durch die vielen Polarfahrten, welche sowohl auf dem Gebiet der geographischen Entdeckungen
als auch der ozeanographischen und hydrographischen Forschungen Vorzügliches leisteten. Unter den größern rein wissenscha
ftlichen
Expeditionen
verdienen die englische mit dem Challenger, die deutsche mit der Gazelle und die amerikanische
mit der Tuscarora hervorgehoben zu werden (weiteres über dieselben s. unten).
Außer den geographischen Forschungen und Entdeckungen, der Aufnahme und Positionsbestimmung von Küsten und Inseln erstreckten
sich die Untersuchungen dieser Expeditionen
auf die Bestimmung der Tiefen der Meere, der Bodenformation
und Beschaffenheit des Grundes, der chemischen und physikalischen Eigenschaften des Wassers, speziell des Salzgehalts, spezifischen
Gewichts, der Temperatur, Farbe und Durchsichtigkeit, der Bewegung des Wassers in den Strömungen und Gezeiten (Ebbe und Flut) sowie
auf das Tier- und Pflanzenleben der Ozeane.
Zum Messen der Wassertiefen hat man sich von alters her des Lotes oder Senkbleies bedient, das in neuerer Zeit allerlei Verbesserungen erfahren hat (s. Tiefenmessung). [* 4] Zur Erforschung der Bodenbeschaffenheit werden Proben des Grundes heraufbefördert. Dies geschieht durch eine Vorrichtung an dem Lot, indem man eine Höhlung desselben mit Talg ausfüllt, an welchem Bestandteile des Bodens haften bleiben, oder durch eine besondere mittels Ventils schließbare Kammer, welche beim Eindringen in den Grund Teile desselben aufnimmt.
Größere Grundproben werden durch Schleppsäcke oder Schleppnetze gewonnen, die in eiserne Rahmen gespannt und beschwert vom Schiff [* 5] aus auf den Grund gelassen und hier entlang gezogen werden. Gleichzeitig werden mit diesen Schleppsäcken die auf dem Meeresboden befindlichen Tiere und Pflanzen gewonnen; dieselben und ähnliche Apparate, die Schleppkäscher, dienen zur Erforschung der Fauna und Flora des Meers in andern beliebigen Tiefen. Zur Bestimmung des spezifischen Gewichts, des Salzgehalts und der chemischen Zusammensetzung des Wassers werden durch besonders dazu konstruierte Wasserschöpfapparate Wasserproben aus verschiedenen Tiefen heraufgeholt.
Das spezifische Gewicht wird mittels des Aräometers bestimmt, der Salzgehalt aus dem spezifischen Gewicht
oder, wie die Zusammensetzung des Wassers überhaupt, durch chemische Analyse. Zur Feststellung der Wassertemperatur werden
Thermometer
[* 6] angewendet; die Bestimmung der Temperaturen in größern Tiefen hat stets große Schwierigkeiten gemacht, und erst
in der neuesten Zeit ist es gelungen, befriedigende Tiefseethermometer herzustellen, von denen das Miller-Casellasche
und das Negretti-Zambrasche auf den letzten Expeditionen
die meiste Verwendung fanden.
Zur Bestimmung der Richtung und Geschwindigkeit des Stroms bedient man sich verschiedener Methoden, indem man entweder die Fortbewegung schwimmender Gegenstände mißt, oder die Geschwindigkeit des Wassers auf die Bewegung einer Schraube oder eines Rades überträgt, deren Umdrehungsanzahl die Stromgeschwindigkeit ergibt und die Stromrichtung durch einen sich in dieselbe einstellenden Körper (ähnlich einer Windfahne) konstatiert. Die letztere Methode wird ausschließlich zur Bestimmung der Strömungen in der Tiefe angewandt. Die Fortbewegung schwimmender Gegenstände benutzt man hauptsächlich zur Bestimmung von Oberflächenströmen, in offener See dient dazu auch die aus astronomischen Beobachtungen abgeleitete Versetzung des Schiffs durch den Strom. Die vertikalen Bewegungen des Wassers, die Ebbe und Flut, werden durch Pegel bestimmt.
Wir geben im folgenden eine Übersicht der hervorragendsten maritimen Expeditionen
in chronologischer Folge und nach den Namen
der Schiffe,
[* 7] auf welchen dieselben unternommen wurden, unter Hinzufügung der hauptsächlichsten Litteratur
für dieselben, soweit sie nicht in den Biographien der betreffenden Reisenden angegeben ist.
Resolution und Adventure, englisch, 1772-75, unter dem Oberbefehl von James Cook (s. d.); wissenscha
ftliche Begleiter Reinhold
und Georg Forster (s. d.). Weltumseglung von Westen nach Osten, ums Kap der Guten Hoffnung in das Südliche
Eismeer bis 71° 10' südl. Br.; Sandwichinseln entdeckt.
Racehorse und Carcaß, englisch, 1773, unter Commander Constantin John Philipps Lord Mulgrave; Begleiter Dr. Irving. Im Nordpolarmeer zwischen Norwegen [* 8] und Spitzbergen zur Entdeckung einer nordwestlichen Durchfahrt. »Journal of a voyage towards the North Pole« (Lond. 1774).
Newa, russisch, 1803-1806, unter Kapitän A. J. ^[Adam Johann] v. Krusenstern (s. d.); Begleiter Horner und O. v. Kotzebue. Weltumseglung; Orlowinseln entdeckt; japanische Inseln und Kurilen durchforscht und aufgenommen.
Nurik, russisch, 1815-18, unter Kapitän Kotzebue (s. d. 2); Begleiter Chamisso (s. d.) und Eschscholtz (s. d.). Weltumseglung, um die Entdeckungen der Holländer im Stillen Ozean näher zu erforschen und eine nordwestliche Durchfahrt in der Nähe der Beringsstraße zu suchen.
Predprijatje, russisch, 1823-26, unter Kapitän Kotzebue (s. d); Begleiter Emil v. Lenz, Eschscholtz, Hoffmann, Preuß, Siewel. Weltumseglung; Südsee; Schifferarchipel aufgenommen.
L'Astrolabe, französisch, 1826-29 und 1839-40, unter Kapitän Dumont d'Urville (s. d.); die letzte Expedition
zusammen mit
dem Schiff Zélée unter Jacquinots Führung. Weltumseglung und Antarktisches Meer; Neuseeland und Neuguinea
aufgenommen, zahlreiche Inseln entdeckt, Torres- und Cooksstraße durchforscht.
Prinzeß Luise, deutsch, 1830-32, Kapitän Wendt; Begleiter Meyen. Weltumseglung Meyen, Reise um die Erde (Berl. 1834).
Discovery und Research, englisch, 1839-43, unter Kapitän Sir James Roß (s. d.). Weltumseglung; Antarktisches Meer bis 78° 4' südl. Br. ¶
mehr
Erebus und Terror, englisch, 1845-48, unter dem Kommando von John Franklin. Expedition nach dem Nordpolarmeer zur Auffindung einer nordwestlichen Durchfahrt (s. Franklin 2). Mc. Clintock, Die Franklin-Expedition und ihr Ausgang (Leipz. 1861); Brandes, Sir John Franklin (Berl. 1854).
Dolphin, amerikanisch, 1851-52 Leutnant Lee, 1852-53 Leutnant Berryman; Nordatlantic.
Novara, österreichisch, 1857-60, unter Admiral v. Wüllerstorf-Urbair; Begleiter K. v. Scherzer (s. d.)
und F. v. Hochstetter (s. d.). Weltumseglung. Die wissenscha
ftlichen Ergebnisse sind
in einem vielbändigen Werk veröffentlicht.
Arctic
, amerikanisch, 1856, unter Leutnant Berryman; Nordatlantic, zum Zweck einer Kabellegung.
Cyclops, englisch, 1857, unter Kapitän Pullen und Leutnant Dayman; Nordatlantic. Auf Grund der Ergebnisse des
Cyclops und Arctic
wurde das erste transatlantische Kabel von Irland nach Neufundland gelegt. »Deep sea soundings in the North
Atlantic Ocean, made in H. M. S. Cyclops« (Lond. 1858).
Bulldog, englisch, 1860, unter Kapitän Mac Clintock (s. d.); Begleiter Wallich. Nordatlantic; Färöerinseln, Island, [* 10] Grönland, Labrador. Mc. Clintock, Remarks illustrative of the sounding voyage of H. M. S. Bulldog in 1860 (Lond. 1861); Wallich, The North Atlantic Sea bed etc. (das. 1862).
Lightning, englisch, 1868 unter Commander May. Erste englische wissenscha
ftliche Tiefsee-Expedition von seiten der Royal Society
zu London,
[* 11] hauptsächlich zur Erforschung des Tierlebens zwischen den Hebriden, Shetland- und Färöerinseln. Wissenschaftliche
Leiter Wyville Thomson und B. Carpenter.
Sofia, schwedisch, 28. Juni bis unter Kapitän v. Otter; wissenschaftliche
Leiter v. Nordenskjöld (s. d.) und Palander.
Nordpolarmeer; kam bis 81° 42' nördl. Br. »Petermanns Mitteilungen« 1868 u. 1869.
Germania
[* 12] (Segelschiff), deutsch, 24. Mai bis unter Kapitän Koldewey (s. d.), die erste deutsche Nordpolexpedition,
zwischen Norwegen, Grönland und Spitzbergen. v. Freeden, Wissenschaftliche
Ergebnisse der ersten deutschen
Nordpolfahrt von 1868 (Hamb. 1869).
Germania (Dampfer) und Hansa, 5. Juni bis Germania unter Kapitän Koldewey (s. d.), Hansa unter Kapitän Hegemann, zweite
deutsche Nordpolexpedition. Teilnehmer auf der Germania Copeland, Börgen, Payer u. a., auf der Hansa: Laube
(s. d. 2), Buchholz, Hildebrandt u. a. (s. Nordpolarexpeditionen
).
Porcupine, englisch, 1869 und 1870, unter Kapitän Calvert; wissenschaftliche
Begleiter Wyville Thomson, B. Carpenter und Gwynn
Jeffreys. Vier Expeditionen:
die drei ersten (Mai bis September 1869) in der Nähe von Irland und der Bretagne und zwischen den
Hebriden, Shetland- und Färöerinseln;
die vierte (Juli bis Oktober 1870) im Gebiet zwischen England und der Pyrenäischen Halbinsel und längs der Nordküste von Afrika [* 13] bis Malta und Sizilien. [* 14]
Mercury, amerikanisch, unter Kapitän P. Giraud, 1870-71 und 1872-73; Atlantischer Ozean; [* 15] New York, Sierra Leone in Afrika, Westindien. [* 16] »Cruise of the schoolship Mercury in the tropical Atlantic« (New York 1871).
Pommerania, deutsch, 1871 und 1872, unter Korvettenkapitän Hoffmann; zwei Expeditionen
unter Leitung der Kommission zur wissenschaftlichen
Erforschung der deutschen Meere in Kiel.
[* 17] Ostsee und Nordsee. »Berichte der Kommission zur wissenschaftlichen
Untersuchung der deutschen
Meere« 1873, 1875 und 1878.
Challenger, englische Korvette, bis Kommandant Kapitän Sir G. Nares, seit 1875 Kapitän
Frank Thomson. Der wissenschaftliche
Stab:
[* 18] Wyville Thomson (s. d.), Commander Tizard, John Murray, J. J. ^[richtig: J. Y. für
John Young] Buchanan, v. Willemoes-Suhm. Reiseroute: Portsmouth,
[* 19] Lissabon,
[* 20] Gibraltar,
[* 21] Teneriffa, Bermudas, Azoren, Madeira,
[* 22] Kapverdische Inseln,
Bahia,
[* 23] Tristan d'Acunha, Kapstadt,
[* 24] Crozetinseln, Kerguelen, antarktischer Polarkreis, Melbourne,
[* 25] Neuseeland,
Fidschiarchipel, Torresstraße, Banda-, Sulu-, Chinasee, Philippinen, Hongkong, Admiralitätsinseln, Jokohama, Honolulu,
[* 26] Tahiti,
[* 27] Valparaiso,
[* 28] Magelhaensstraße, Montevideo,
[* 29] Ascension, Azoren, Sheerneß. »Report of the scientific results of the voyage of H. M. S. Challenger
1873-76« (Lond. 1882 ff.); Spry, The cruise of H. M. S.
Challenger (das. 1877; deutsch, Leipz. 1877).
Isbjörn, österreichisch, 1871 und 1872, unter Weyprecht (s. d.), Graf Wilczek, v. Sterneck; zwei Expeditionen
im Nordpolarmeer, zwischen Spitzbergen und Nowaja Semlja.
Polaris, amerikanisch, 1871-73, unter
Kapitän Chr. Fr. Hall
[* 30] (s. d. 9); Begleiter E. Bessels (s. d.). Arktisch-amerikanischer Archipel;
erreichte 82° 26. nördl. Br. (s. Nordpolarexpeditionen
). »Scientific results
of the United States arctic expedition« (Washingt. 1876).
Polhem, schwedisch, 1871 und 1872, unter Nordenskjöld und Palander; Nordpolarmeer.
Tegetthoff, österreichisch, bis unter Weyprecht und Payer. Nordpolarmeer (s. Payer).
Bache und Blake, amerikanisch, unter Commander J. A. Hovell 1872-74, im Golfstrom und im Karibischen Meer. Blake außerdem auf demselben Gebiet 1874-78 unter Leutnant-Commander Sigsbee, 1878-80 und 1881 unter Commander J. B. Bartlett; 1882 unter Commander Brownson im Nordatlantic zwischen den Antillen und der Küste von Nordamerika; [* 31] fand bis jetzt die größte Tiefe des Atlantic: 8341 m in 19° 39' nördl. Br. und 66° 26' westl. L.
Tuscarora, amerikanisch, verschiedene Expeditionen
im Stillen Ozean. 1873-74 unter Commander Belknap an der
amerkanischen Küste von San Francisco bis 54° nördl. Br., dann über den Stillen Ozean auf der Route: San Francisco, San Diego,
Honolulu, Bonininseln, Kurilen, Hakodate, Alëuten, Kap Flattery, San Francisco. Im November und Dezember 1874 unter Kapitän Erben
zwischen San Francisco und Honolulu. Von Dezember 1875 bis Februar 1876 unter Kapitän J. N. Miller auf der
Route Honolulu, Phönix- und Fidschiinseln,
[* 32] Brisbane. Im März 1878 unter Kapitän J. W. Philip an der Amerikanischen Küste von San Diego
bis Kap San Lucas. Belknap, Deap sea soundings in the North Pacific Ocean, obtained in the U. S. S. Tuscarora (Washingt.
1874).
Gazelle, deutsch, bis unter Kapitän zur See v. Schleinitz; Begleiter Professor Studer. Weltumseglung, Beobachtung
des Venusdurchgangs auf Kerguelen. Route: Kiel, Plymouth,
[* 33] Madeira, Kapverdische Inseln, Monrovia, Ascension, Banana (am Congo), Kapstadt,
Kerguelen, St. Paul und Amsterdam,
[* 34] Mauritius, Westaustralien, Timor, Amboina (Ceram), M'Cluergolf, Westküste von
Neuguinea, Anachoreteninseln, Neuhannover, Neupommern, Neumecklenburg, Salomoinseln ^[richtig: Salomoninseln], Brisbane, Auckland,
[* 35] Fidschi- und Tongainseln, Samoainseln, Punta Arenas, Magelhaensstraße, Azoren, Plymouth, Kiel. »Die wissenschaftlichen
Ergebnisse
der Expedition S. S. Gazelle« (Berl. 1876); »Annalen der Hydrographie und maritimen
Meteorologie« 1874 f.
Alert und Discovery, englisch, bis unter A. Markham (s. d. 2) und Kapitän Stephenson. Englische [* 36] Nordpolexpedition, geleitet von Sir G. Nares (s. d.). Markham kam bis 83½° nördl. Br., dem nördlichsten bis jetzt erreichten Punkt; Alert außerdem 1879, 1880 und 1883 im Süd-Pacific unter Maclear. Coppinger, Cruise of the Alert 1878-82 (Lond. 1883); »Annalen der Hydrographie« 1881; »Petermanns Mitteilungen« 1876, S. 456.
Balorous, englisch, Juli und August 1875, unter Kapitän Loftus F. Jones; Begleiter Gwynn Jeffries. Nordatlantic und Davisstraße.
Böringen, norwegisch, 1876-78, unter Kapitän Wille; drei Sommerfahrten im norwegischen Nordmeer. Wissenschaftliche.
Leiter
Professor Mohn. »Petermanns Mitteilungen« 1878, Nr. 1-11, Ergänzungsheft Nr.
63, 1880; »Annalen der Hydrographie« 1881 und 1883; »Den orske Nordhavs-Expedition
1876-78« (Christ. 1882).
Fylla, dänisch, 1877 und 1878, zwischen Grönland und Island;
1877 unter Kapitän Jacobson, 1878 unter Kapitän Buchwald;
1884 und 1886 nach der Baffinsbai, 1884 unter Kapitän Normann, 1886 unter Kapitän Braëm;
»Annalen der Hydrographie« 1881 und 1887.
Ingolf, dänisch, 1879, unter Kapitän Mourier, westlich und nördlich von Island.
Bega, schwedisch, bis Juli 1879, unter Leutnant Palander; wissenschaftlicher
Leiter v. Nordenskjöld (s. d.). Nördliche
Umschiffung von Asien,
[* 37] längs der Nordküste von Sibirien bis zur Beringsstraße; nordöstliche Durchfahrt gefunden.
Travailleur, französisch, 1880-82, unter Leutnant Richard und Parfait. Wissenschaftliche
Leitung: Professor A. Milne-Edwards.
Meerbusen von Viscaya, Küste von Portugal
[* 38] und Spanien, Mittelländisches Meer, Marokko,
[* 39] Kanarische Inseln, Madeira. »Petermanns Mitteilungen«
1880, S. 322; »Annalen der Hydrographie« 1880, S. 499.
Washington, [* 40] italienisch, 1881, unter Kapitän Magnaghi; wissenschaftlicher Leiter Professor Giglioli; im Mittelländischen Meer bei Sardinien. [* 41]
Triton, [* 42] englisch, Commander Tizard, 1882; wissenschaftlicher Leiter John Murray; Färöer- und Shetlandinseln. ¶
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Titel
Maritime
wissenschaftliche Expeditionen.
Die bedeutendste wissenschaftliche Expedition der letzten Jahre
ist die deutsche Planktonexpedition des Sommers 1889 auf dem Dampfer National, da sie zum erstenmal den Zweck verfolgte, Untersuchungen
über die Masse der treibenden Organismen des Meeres auf Grund von Messungen und Wägungen anzustellen (vgl. Plankton, Bd. 13).
Sie ging von der Pentlandföhrde aus auf die Neufundlandbank, von da über die Bermudas nach Cap Verde, über
Ascension wieder zur amerikanischen Küste nach Para und von hierüber die Azoren zurück nach Kiel, von wo sie ausgelaufen war.
Leiter der Expedition, die den Charakter einer Rekognoszierung und Inangriffnahme einer neuen Richtung der Meeresforschung trug, war V. Hensen, Professor der Physiologie in Kiel, Teilnehmer die Professoren K. Brandt und F. Dahl für Zoologie, F. Schütt für Botanik, O. Krümmel für Ozeanographie und Meteorologie, Fischer als Arzt und für Bakteriologie. Im Atlantischen Ozean wurden ferner wissenschaftliche Untersuchungen speziell zoologischer Natur angestellt von Fürst Albert I. von Monaco [* 43] auf seiner Segeljacht Hirondelle während der Jahre 1885-88; in seiner Begleitung befanden sich die Zoologen Jules de Guerne und Richard. In größerer oder geringerer Entfernung von der amerikanischen Küste sind im Atlantischen Ozean ständig die eigens zu diesem Zwecke eingerichteten Expeditionsschiffe der United-States-Fish-Commission mit wissenschaftlichen Untersuchungen beschäftigt, die zugleich auch die Lösung der für die Hochseefischerei wichtigen Fragen bezwecken. Außerdem tragen die Kriegsschiffe der verschiedenen Nationen durch Beobachtungen und Untersuchungen zur wissenschaftlichen Erforschung der Weltmeere bei.
[Neue Untersuchungsmethoden und Apparate.]
Das fortdauernde Interesse an der wissenschaftlichen Erforschung der Meere führt ständig zu einer wesentlichen Verbesserung und Erweiterung der hierbei zur ¶
mehr
Anwendung kommenden Methoden und Apparate. Besonders die Amerikaner arbeiten unermüdlich an der Vervollkommnung der technischen Behelfe und legen die Resultate dieser Studien in ausführlichen Publikationen nieder. Wie sie an Stelle der Leine für das Lot die Verwendung eines 1 mm starken Klaviersaitendrahts eingeführt haben und zur Führung der Grundnetze statt der Taue Drahtseile benutzen, so sind auch die bisher bekannten und gebräuchlichen Apparate zum Fange der Tiere sämtlich einer hohen Verbesserung unterworfen worden, wenn auch mit Beibehaltung der alten Formen und Prinzipien. Es sind dies die in verschiedenen Modifikationen auftretenden Kurren (trawl der Engländer und Amerikaner, chalut der Franzosen, gangano der Italiener), die Dredschen und Quastendredschen, sämtlich Geräte, welche am Grunde des Meeres arbeiten und die hier ruhenden oder kriechenden Tiere erbeuten.
Zum Fange der dicht über dem Meeresboden frei schwimmenden Organismen, z. B. Tiefseefische und Krebse, hat Fürst Albert I. von Monaco Tiefseereusen eingeführt. Diese Tiefseereuse hat die Gestalt eines dreieckigen Prismas, welches mit einer der Seitenflächen auf den Grund zu liegen kommt, während die Grundflächen senkrecht stehen. Das Gerüst besteht aus zwei gleichseitigen dreieckigen Rahmen aus Eisenschienen, verbunden durch Holzsparren, nach innen von diesem Gerüst ist ein feinmaschiges Netz (Sardellennetz) ausgespannt.
In den dreieckigen Grundflächen befindet sich jederseits ein Eingang in die Reuse in Gestalt eines seichten Trichters aus feinmaschigem Messingdrahtgitter; der ganze Apparat wird mit Gewichtssäcken beschwert und für längere Zeit versenkt, wobei er an einer Boje verankert wird. Im Innern der Reuse werden als Köder Stücke von Fischen oder glänzende Gegenstände angebracht, und der Apparat hat den Vorteil, daß die in ihm gefangenen Tiere vortrefflich erhalten und meist unverletzt sind, während sie in den Kurren meist stark beschädigt werden.
Zum Fange der frei schwimmenden Organismen des Meeres in dessen verschiedenen Tiefen dienen Netze, die sich in bestimmten Tiefen automatisch öffnen und schließen, so daß man sicher ist, nur den Fang aus einer ganz bestimmten Tiefe zu erhalten. Ein derartiges Schließnetz ist von Chun und Petersen angegeben. Dasselbe öffnet und schließt sich infolge der Bewegung eines Propellers, der bei einer schrägen Stellung des Netzes in Aktion tritt; man kann jedoch sicher weder den Eintritt der Funktion noch die Dauer derselben nach Belieben genau bestimmen.
Auf einem andern Prinzip beruht das Kurtinenschließnetz des Fürsten von Monaco, welches den Vorzug hat, während der beliebig zu bestimmenden Dauer einer Funktion die gewählte Wasserschicht horizontal zu durchlaufen, aber in seiner Konstruktion etwas kompliziert ist. Mit beiden Netzen sind schon bedeutsame Resultate erzielt worden. Zum Fange der auf der Oberfläche schwimmenden Tiere dient das gewöhnliche Oberflächennetz, welches aus einem, einem Reif anhängenden konischen Netze besteht, oder die Monacosche Oberflächenkurre, die es ermöglicht, eine größere Oberfläche in den Bereich des Fischens zu ziehen.
Besonderer Art ist das von Hensen zum Fange der treibenden Organismenschar des Meeres, des Planktons, konstruierte Planktonnetz, welches aus zwei mit dem weiten Teile aufeinander gestellten Trichtern besteht. Der obere bildet ein eisernes, mit undurchlässigem Zeug überzogenes Gestell und hat an der Spitze eine Öffnung von 0,1 qm, der untere Trichter ist der fangende Apparat. Dieser besteht aus dem eigentlichen Netze und dem Eimer; das Netz ist seidenes Beuteltuch, sehr feines Gewebe [* 45] von quadratischen Maschen mit 0,053 mm Weite, der Eimer ist von Messing und wird an einen Ring des Netzes, leicht abnehmbar, angeschraubt; unten am Eimer findet sich eine durch einen Stöpsel verschlossene Tülle, durch welche man den Inhalt herausläßt.
Mehrfach hat bei den maritimen
wissenschaftlichen Expeditionen
der letzten Jahre das elektrische Licht als Lockmittel für
die marinen Tiere Anwendung gefunden. In den meisten Fällen kamen hierbei Glühlampen zur Anwendung, die in der Mündung von
Schweb- oder Bodennetzen angebracht wurden und durch einen Leitungsdraht mit einer Batterie an Bord des
Schiffes in Verbindung standen. Fürst Monaco bringt die Glühlampe in der Mitte des Netzes an, und statt die Lampe
[* 46] vom Schiffe aus
zu speisen, versenkt er die Elektrizitätsquelle gleich mit, indem sich im Netze eine hermetisch in einem eisernen Kasten verschlossene,
aus Bunsen-Elementen bestehende Batterie befindet. Zum Studium über das Eindringen der Lichtstrahlen in
die Tiefe werden lichtempfindliche Bromsilbergelatineplatten verwendet, die in einer Bleidose hermetisch eingeschlossen zur
Versenkung kommen; mittels eines Propellers kann der Kasten wie beim Chun-Petersen-Schließnetz in beliebiger Tiefe geöffnet
und geschlossen werden.