Marienbad
582 Wörter, 4'434 Zeichen
Marienbad,
Marienbad,
Stadt und berühmter Badeort in der böhm. Bezirkshauptmannschaft
Tepl, 628 m ü. M.,
Station der Staatsbahnlinie
Pilsen-Eger, liegt in einem anmutigen, grünen Thalkessel, welcher ringsum von
den waldigen
Ausläufern des böhmischen
Mittelgebirges umgeben und nur gegen S. offen ist. Die Stadt besitzt eine schöne, 1849 vollendete
kath.
Kirche, eine evangelische und eine anglikan.
Kirche und eine
Synagoge, ein
Theater,
[* 3] ein Kurhaus, 3 Badehäuser, 2
Krankenhäuser,
ist Sitz eines Bezirksgerichts und zählt (1880) 2009 Einw. Die
Heilquellen von Marienbad
waren zwar schon seit langer Zeit unter
dem
Namen der Auschowitzer
Salzquellen (nach einem Dorf südlich von Marienbad
) bekannt; aber erst infolge der eifrigen und unablässigen
Bemühungen Nehrs (gest. 1820), dessen Bronzedenkmal die
Kolonnade des
Kreuzbrunnens ziert, und des
Abtes
Reitenberger (dem gleichfalls eine Bronzebüste auf der Kreuzbrunn
enpromenade errichtet wurde) des Prämonstratenserstifts
Tepl, in dessen
Besitz sich sämtliche
Quellen und Badeanstalten von Marienbad
befinden, wurden 1807-1808 die ersten Badeeinrichtungen
geschaffen. Marienbad
selbst hat acht benutzte
Quellen; die Umgegend ist aber sehr reich an solchen, die noch
nicht gefaßt und benutzt sind.
Unter den erstern sind vier alkalische Glaubersalzquellen von 9-12° C. (Kreuz-, Ferdinands-, Alexandrinen- und Waldquelle), zwei alkalische Eisensäuerlinge von 8-9° C. (Karolinen- und Ambrosiusquelle) sowie eine erdige, der Wildunger sehr ähnliche Quelle [* 4] (Rudolfsquelle). Der Kreuz- und der Ferdinandsbrunnen kommen aus halb verwittertem porphyrartigen Granit hervor, die übrigen entspringen in Moorboden. Alle Quellen werden vorwiegend zur Trinkkur benutzt; zum Baden [* 5] dienen der Ambrosius- und Ferdinandsbrunnen und ¶
die Marienquelle. Außerdem kommen noch Moorbäder, kohlensaure Gas- und russische Dampfbäder in Anwendung. Für die Moorbäder
wird die Masse, welche eine Temperatur von 35-38° C. hat und schwefelsaures Eisen,
[* 7] Natronsalz und andre Substanzen enthält,
aus dem Moorlager am Berg Podhorn und aus dem neuen Moorlager in nächster Nähe von Marienbad
gewonnen. Die Zusammensetzung
der Quellen ist der Hauptsache nach folgende: Der Kreuzbrunnen, enthält in einem Liter (1000 g) Wasser 4,755 schwefelsaures
Natron (Glaubersalz), 1,633 Chlornatrium (Kochsalz), 1,128 kohlensaures Natron und 0,499 kohlensaure Kalkerde, 0,417 kohlensaure
Magnesia, 0,051 schwefelsaures Kali, 0,034 kohlensaures Eisenoxydul etc. und 1,889 Kohlensäure.
Der Ferdinandsbrunnen ist reicher an den genannten Bestandteilen, enthält 0,082 Eisen und 1,850 Kohlensäure.
Der Ambrosiusbrunnen ist sehr reich an doppeltkohlensaurem Eisenoxydul (0,166 in 1000 Teilen Wasser). Die glaubersalzhaltigen
Quellen von Marienbad
(am meisten benutzt werden der Kreuz- und der Ferdinandsbrunnen) erweisen sich als heilsam namentlich bei Leberanschwellung,
Hämorrhoiden, chronischen Katarrhen des Magens, des Darms und der Gallenwege, bei Gallensteinen, chronischen
Katarrhen der Respirationsorgane, chronischer Gebärmutterentzündung, Menstruationsstörungen, Zuckerharnruhr und Gicht, die
Rudolfsquelle bei chronischen Leiden
[* 8] der Harnorgane.
Der Ambrosiusbrunnen hat die gewöhnlichen Wirkungen der Eisenquellen. Die mittlere Temperatur von Marienbad
beträgt 7,5° C., die
Zahl der jährlichen Kurgäste durchschnittlich 14,000 (nächst Karlsbad die stärkste Frequenz unter
den österreichischen Bädern). Vom Kreuz- und Ferdinandsbrunnen werden jährlich ca. 1 Mill. Flaschen, dann namhafte Quantitäten
durch Abdampfen gewonnenen Brunnensalzes und Brunnensalzzeltchen versendet; auch die Rudolfsquelle und den Ambrosiusbrunnen
gebraucht man in der Ferne. Marienbad
besitzt in der Umgebung eine Reihe schöner Spaziergänge und Aussichtspunkte, unter welchen
die Friedrich-Wilhelmshöhe, der Mecserytempel, die Carolahöhe, Bellevue, der Kaiserturm und die Hohendorfer
Höhe zu den beliebtesten gehören. In weiterer Entfernung liegen: 4 km östlich der basaltische, in zwei Gipfel gespaltene, 840 m
hohe Podhorn mit schöner Aussicht;
13 km östlich Stift und Stadt Tepl;
8 km nordwestlich der aufstrebende Badeort Königswart.
Vgl. Kisch, Der Kurort Marienbad
(Wien
[* 9] 1870);
Derselbe, Marienbad
, seine Umgebung und Heilmittel (4. Aufl., Marienb. 1882);
Derselbe, Ärztlicher
Ratgeber für kranke Frauen in Marienbad
(das. 1884);
Lucca,
[* 10] Zur Orientierung in Marienbad
(11. Aufl., das. 1883);
Sterk, Marienbad
(2. Aufl., Wien 1887).