Tage lang himmlische
Musik und fanden, als
sie denLeichnamdemThomas zeigen wollten, der bei dem
Begräbnis gefehlt, statt des
Körpers nur
Lilien
[* 3] vor. Die daraus gezogene Folgerung, daß Maria zum
Himmel
[* 4] aufgefahren, ist wesentlich unter dem Einfluß der
Kunst dogmatisiert worden. Die
Kirche selbst hat sich dogmatisch mit Maria besonders seit dem von
Nestorius
angeregten Streit beschäftigt. Daraus ging als siegreich die
Ansicht hervor, daß Maria ohne
Schmerzen und menschliche
Beihilfe
geboren und das
Siegel der
Jungfrauschaft sich erhalten habe, übrigens Gottesgebärerin
(Theotokos) zu nennen sei.
Insonderheit wurde die Meinung, daß Maria nach Jesu noch andre
Kinder geboren habe, verworfen und die
Partei
der
Antidikomarianiten, d. h. Widersacher der Maria, welche dieses im Anschluß an die
Schrift (Mark. 6, 3). behaupteten, heftig bekämpft. Die
katholische Kirche hält an beiden
Sätzen, daß eine reine
Jungfrau
geblieben und Gott geboren habe, fest; ihre irdische
Erscheinung verklärt sie zu demIdeal aller weiblichen
Vollkommenheit, »in sich einend, was die
Natur ewig getrennt hat«.
Auch die protestantische
Orthodoxie hält den
Vordersatz fest, daß Maria den
Herrn als
Jungfrau geboren, und schreibt ihr damit
sachlich eine durchaus singuläre
Stellung innerhalb der Menschheit zu. Die Folgerungen aber hat bloß die
katholische Kirche
gezogen. Als die ewig reine
Jungfrau nimmt hier Maria unter allen
Heiligen die erste
Stelle ein; sie ist die
Königin des
Himmels und die mächtigste Fürsprecherin bei Gott, an die sich vorzüglich das
Gebet der Gläubigen
(AveMaria, der
Rosenkranz, die Tagzeiten der seligen
Jungfrau und die Lauretanische
Litanei) wendet.
Sie wurde Schutzpatronin vieler
Länder,
Städte und
Vereine; man widmete ihr eine
MengeFeste (s.
Marienfeste)
und weihte ihr in den
Klöstern ein Offizium, das aus den Lobgesängen auf Maria hervorging, dann aber von
Urban II. auf der
Kirchenversammlung
zu
Clermont (1095) für die
Kirche gesetzlich gemacht wurde. Seitdem nannten sich zahlreiche
Mönchs- und
Nonnenorden, wie die
Karmeliter,
Serviten,
Salesianerinnen und alle
Orden
[* 5] Unsrer
LiebenFrau, nach ihr, und ihre Verehrung nahm
die Gestalt eines ritterlichen Frauendienstes an. Die
Kirchenlehrer stellten für sie ein Psalterium minus und majus und die
BibliaMariana auf; ja, sie meinten selbst, daß »Gott derVaterMaria minnete«. Um diese und andre Abenteuerlichkeiten
dogmatisch zu begründen, ließ man der eine höhere
Stufe des
Dienstes (Hyperdulia) zukommen als den übrigen
Heiligen, deren
Dienst man Dulia nannte.
Friedrich II. von
Preußen
[* 18] wollte gleichfalls die günstige Gelegenheit nicht vorbeigehen lassen, die Erbansprüche
seines
Hauses auf die schlesischen Fürstentümer geltend zu machen, fiel, als Maria Theresia die freiwillige Abtretung
eines Teils von
Schlesien
[* 19] gegen das
Versprechen seines
Beistandes wider ihre übrigen Feinde mit Entrüstung ablehnte, in
Schlesien ein und bemächtigte sich in kurzer Zeit des wehrlosen
Landes, während 1741 ein französisch-bayrisches
Heer in
Österreich und
Böhmen einrückte und die
Spanier sich der österreichischen Besitzungen in
Italien
[* 20] bemächtigten (s.
Österreichischer Erbfolgekrieg).
Dazu kam noch, daß die
FinanzenÖsterreichs zerrüttet, das
Volk mißvergnügt, das
Heer schwach und auf die verschiedensten
Kriegsschauplätze verteilt war; auch fehlte es der jungen unerfahrenen
Königin an erfahrenen und tüchtigen
Staatsmännern und
Feldherren. In ihrer
Not wandte sich Maria Theresia an die
Ungarn. Mit ihrem jungen Sohn
Joseph auf dem
Arm erschien
sie in der Versammlung der ungarischen
Magnaten und erregte eine solche
Begeisterung, daß dieselben bald ein bedeutendes
Heer aufbrachten, welches, mit den
Tirolern vereint, ganz
¶
Schon während des Kriegs, war ihr Gemahl unter dem NamenFranz I. zum Kaiser gekrönt worden. Die nun folgenden Friedensjahre
wurden von der jungen Kaiserin, welche sich, von ihrem angebornen Herrschertalent unterstützt, durch energische
Arbeitskraft in die Details der Staatsverwaltung vertieft hatte, ohne den Blick für das Große und Ganze einzubüßen, zur Abstellung
vieler Mißbräuche in der Verwaltung, zur Ordnung und Verbesserung der Finanzen, zur Herstellung einer tüchtigen Kriegsmacht
und zur Abschließung folgenreicher Bündnisse benutzt.
Nachdem sie schon bei ihrem Regierungsantritt das Verschwendungssystem ihres Vaters in der Hofhaltung
abgestellt, gründete sie jetzt Normalschulen und Erziehungsanstalten und förderte den Handel und den Ackerbau, den letztern
namentlich auch durch die Minderung der Frondienste. Die Staatslasten wurden durch die neue Kameraleinrichtung auf alle Staatsbürger
möglichst gleich verteilt. Durch diese Maßregeln erreichte sie, daß ohne Erhöhung der Steuern die Einnahmen,
die in den letzten JahrenKarls VI. 30 Mill. Gulden betragen hatten, 1756 auf 57 Mill. stiegen.
Das ganze Kriegswesen ward unter Dauns Leitung neu organisiert, die Stärke
[* 31] des Heers auf 108,000 Mann erhöht; es wurden Kadettenhäuser
gegründet und von Zeit zu Zeit größere Manöver abgehalten. Außer ihrem Gemahl standen der Kaiserin,
die sich übrigens nicht gern leiten ließ, in den innern Angelegenheiten GrafFriedrichWilhelm vonHaugwitz, in den äußern
hauptsächlich der GrafWenzelKaunitz (s. d.) als GeheimerHaus-, Hof- und Staatskanzler zur Seite.
Seinem Einfluß ist es namentlich zuzuschreiben, daß Maria Theresia, um Schlesien wiederzugewinnen, sich
um ein Bündnis mit Frankreich, Österreichs Erbfeind, bewarb, welches im Mai 1756 wirklich zu stande kam und Österreich vor
einem französischen Angriffim Fall eines Kriegs mit Preußen sicherte. Letztere Macht wollte Maria Theresia im Bund mit Rußland
vernichten und 1757 den Krieg beginnen; jedoch Friedrich II. kam ihr bereits 1756 durch den Einfall in Sachsen
[* 32] zuvor, und so
begann der Siebenjährige Krieg (s. d.), in welchem Maria Theresia zwar 1757 eine große europäische
Koalition zu stande brachte, um Friedrich zu zermalmen, und trotz aller Wechselfälle des Kriegsglücks standhaft ihr Ziel verfolgte,
endlich aber nach ungeheuern Opfern an Geld und Menschen den HubertusburgerFrieden schließen
und darin ihren großen Gegner im BesitzSchlesiens anerkennen mußte.
Nach dem Mißlingen ihrer ehrgeizigen Hoffnungen und nach dem Tod ihres zärtlich, wenn auch mit etwas Eifersucht geliebten
Gemahls beschloß sie, in Frieden nur dem Wohl ihres Staats zu leben, und widmete sich wieder
mit allem Eifer der innern Verwaltung. Sie hatte zwar ihren ältesten Sohn, Joseph, der 1764 zum römischen König gewählt
und gekrönt worden war, zum Mitregenten ernannt; aber sie gestattete ihm wenig Anteil an der innern Regierung,
nur das Heerwesen blieb ganz seiner Leitung überlassen.
Obgleich fromm, der katholischen Kirche ganz ergeben und intolerant gegen Andersgläubige, zeigte sie doch nie tyrannische
Härte, sondern Gerechtigkeit und Milde, aber auch Festigkeit,
[* 33] wo es galt, die Eingriffe des Papsttums in ihre Kronrechte zurückzuweisen
und bestehende Mißbräuche der Kirche und Übergriffe des Klerus abzustellen. Die Leitung der auswärtigen
Politik überließ sie Kaunitz und ihrem Sohn, und nur mit dem größten Widerstreben willigte sie 1772 in die Beteiligung
Österreichs an der ersten TeilungPolens, da ihr kein andrer Ausweg blieb.
Die Aussicht, 1777 einen Teil Bayerns zu erwerben, erfüllte sie mit Freude; aber nur ungern wich sie dem
ungestümen Drängen ihres Sohns und entschloß sich zum Krieg, der jedoch hauptsächlich mit der Feder geführt wurde, und
den schon 1779 unter Vermittelung Frankreichs und Rußlands der Friede von Teschen beilegte, worin dem österreichischen Haus
das Innviertel mit Braunau zuerkannt wurde. Maria Theresia starb und hinterließ das österreichische
Kaiserreich, welches bei ihrem Regierungsantritt dem Zerfallen nahe war, geachtet und nach außen durch eine Armee von 260,000
Mann geschützt.
Sie ist die Begründerin des österreichischen Gesamtstaats, der unter ihrer bewußten Mitwirkung den Übergang vom mittelalterlichen
zum modernen Staat vollzog. Sie war eine geborne Herrscherin und widmete sich mit allen Kräften dem Staat.
Ihre Gestalt war majestätisch, ihre Züge schön, ihr Wesen liebenswürdig und bezaubernd. Liebevoll und dankbar, gewann sie
sich die Herzen aller, die sie umgaben. Sie hatte 16 Kinder geboren, von denen 10 sie überlebten. IhreSöhne waren, außer
ihrem Nachfolger, dem KaiserJoseph II.: Leopold, Großherzog von Toscana und nach seines BrudersTodKaiser;
2) Maria Friederike Franziska AugusteHedwig, Königin von Bayern, geb. Tochter des PrinzenWilhelm vonPreußen, vermählt mit dem damaligen Kronprinzen, nachherigen König Maximilian II. Joseph, seit Witwe,
trat, nachdem sie seit dem Tod ihres Gemahls in gänzlicher Zurückgezogenheit gelebt hatte, zur katholischen Kirche
über und wohnt seitdem in Elbigenalp im Lechthal. Sie erlebte noch das schreckliche Ende ihres Sohns,
König Ludwigs II. (1886); auch ihr zweiter Sohn, König Otto, ist geisteskrank.
Mehrere protestantische Bischöfe wurden eingekerkert und zahlreiche verheiratete Geistliche ihrer Stellen entsetzt. Die erste
Parlamentsversammlung ward mit einer lateinischen Messe eröffnet, und das eingeschüchterte Parlament
hob selbst fast alle kirchlichen GesetzeEduards VI. wieder auf. Die Unzufriedenheit des Volkes brach endlich in offene Empörung
aus, doch ward dieselbe von den königlichen Truppen gedämpft und nun ein schreckliches Blutgericht gehalten.
Unter denen, welche das verunglückte Unternehmen mit dem Leben büßten, waren auch der Herzog von Suffolk
und JohannaGray mit ihrem Gemahl. Gesteigert wurde die allgemeine Unzufriedenheit, als sich Maria im Juli 1554 mit Philipp II.
von Spanien, dem Sohn KaiserKarls V., vermählte, in den sie leidenschaftlich verliebt war. Durch Strenge und Grausamkeit suchte
sie nun den Protestantismus auszurotten und die Herrschaft der katholischen Kirche herzustellen. Nicht
weniger als 300 Protestanten starben in den nächsten drei Jahren auf dem Scheiterhaufen; ein päpstlicher Legat nahm in London
seinen Sitz; Klöster und Bistümer wurden wiederhergestellt.
Philipp war inzwischen schon 1555 nach Brüssel zurückgekehrt und besuchte Maria erst 1557 wieder, um sie zum Kriege gegen Frankreich
zu bewegen, der aber zum Verlust von Calais
[* 46] führte. Die Vernachlässigung von seiten ihres
Gemahls, die schmerzliche Enttäuschung ihrer Hoffnung, Mutter zu werden, stürzten sie in tiefe Melancholie und steigerten
ihre Krankheit. Sie starb Ihre Nachfolgerin war ihre SchwesterElisabeth.
Vgl. Griffet, Nouveaux éclaircissements
sur l'histoire de Marie (Amsterd. u. Par. 1766);