Titel
Margarine
,
das erstarrte, aus künstlichen
Emulsionen abgeschiedene Fett verschiedenster Herkunft und Mischung, welchem
auf etwa 85
Teile noch etwa 15
Teile Wasser und andere
Stoffe beigemengt sind, um ihm das Aussehen und die
Streichbarkeit der
Butter zu verleihen. Werden die künstlichen
Emulsionen, wie es gesetzlich zulässig ist, mit
Milch oder
Rahm oder
Buttermilch gemacht, so bekommt die Margarine
, dadurch auch noch den
Geruch und
Geschmack der Naturbutter. Als Rohmaterialien
zur
Darstellung der Margarine
, zählt das kaiserl. Gesundheitsamt
folgende auf:
1) das Oleomargarin (Margarin, Oleoöl, Margarinöl), durch Auspressen von Rindertalg gewonnen; auch Pferdefett soll
bei der Herstellung der Margarine
, Verwendung finden; nach
Soxhlet beträgt die in
Deutschland
[* 2] selbst erzeugte Menge Oleomargarin (122400
Ctr.) nur etwa ein Zehntel von der verarbeiteten, während neun Zehntel aus
Österreich
[* 3] und
Amerika
[* 4] importiert
werden, wo eine
Kontrolle über die sanitäre Beschaffenheit der Schlachttiere und über die Herkunft des Fettes nicht verbürgt
wird.
2) Neutral-Lard, ein eigens für die Herstellung von bessern Margarine
sorten bereitetes amerik. Schweineschmalz.
3) Pflanzenöle: Baumwollsamen-, Sesam-, Erdnuß-, auch Palmöl, Palmkernöl und Kokosnußfett.
4) Voll-, Mager-,
Buttermilch oder
Rahm, welche der Margarine
, außer dem
Geruch und
Geschmack auch die aus der
Milch
oder schon aus dem Euter stammenden
Bakterien und sonstigen
Keime in gleicher
Weise zuführen wie der Naturbutter.
5)
Salz
[* 5] und Farbstoffe, wie sie auch für Naturbutter Verwendung finden. Die Ausführungen des kaiserl.
Gesundheitsamtes und Professor
Soxhlets richten sich alle dahin, daß Margarine
, nicht bloß ein bekömmliches
und wohlschmeckendes Fett von streichbarer Beschaffenheit sein solle, wie man es auch ohne die
Verwendung von
Milch oder Milchpräparaten
herstellen könnte, sondern sie verlangen, daß die als Margarine
, bezeichnete Fettzubereitung auch die charakteristischen
Eigenschaften, besonders den
Geruch und
Geschmack der Milchbutter haben solle, durch die sich letztere
von allen sonstigen
Speisefetten wesentlich unterscheidet.
Eine solche Nachahmung von Nahrungsmitteln, die in Deutschland nach dem Reichsgesetz vom (Nahrungsmittelgesetz) ausdrücklich verboten ist, wurde durch das Margarinegesetz vom gestattet. Der Deutsche [* 6] und der Allgäuer milchwirtschaftliche Verein und der Bund der Landwirte petitionierten nun beim Deutschen Reichstage, um ein Verbot der Mischung von Fetten mit Milch oder Milchpräparaten zu erzielen; diese Forderung scheiterte aber an dem Widerstande der Regierung.
Die je nach der
Fütterung, Laktation u.s.w. der Kühe schwankende Zusammensetzung des Butterfettes bringt es mit sich, daß
die Nahrungsmittelchemie einen Zusatz von 10–25 Proz. fremder Fette zu Naturbutter
unter Umständen gar nicht mit Sicherheit nachweisen kann. Als keine Aussicht mehr bestand, die Forderung des Verbots der
Milchverwendung durchzusetzen, klammerte man sich an minderwichtige Forderungen, welche nur darauf abzielten, den Verkehr
mit Margarine
, zu erschweren. So schuf der
Reichstag ein Gesetz, welches die Färbung der Margarine
, verbot
und für dieselbe von der
Butter getrennte Verkaufsräume forderte.
Eine künstliche Färbung der
Butter ist hauptsächlich im Interesse der Ausfuhr ausnahmsweise gestattet; den Fabrikanten
von Margarine
, wäre es indessen leicht, auch ohne Färbemittel die gewünschte Butterfarbe zu erzielen. Der
Bundesrat lehnte jedoch
das neue Margarinegesetz, das mit in Kraft
[* 7] treten sollte, ab. –
Vgl.
Soxhlet, über Margarine
,
(Münch.
1895);
Windisch, Technische Erläuterungen zu dem Entwurf eines Gesetzes, betr. den Verkehr mit Butter, Käse, Schmalz und deren Ersatzmitteln (in den «Arbeiten aus dem kaiserl. Gesundheitsamt»,Bd. 12, Berl. 1896);
Lavalle, Die Margarinegesetzgebung und ihre Entwicklung in den einzelnen Kulturstaaten (Brem. 1896).