Titel
Margarēte,
fürstliche Personen:
1) Margarete
von
Anjou, Tochter des
Königs
Renatus von Anjou,
Titularkönigs von
Neapel
[* 2] und
Jerusalem,
[* 3] und der
Isabella
von
Lothringen, geb. ward mit
Heinrich VI. von
England vermählt.
Schön, geistvoll und unternehmend,
wußte sie sich bald einen großen Einfluß zu verschaffen. Sie benutzte denselben, um den
Regenten, den
Herzog von
Gloucester, zu stürzen, und regierte sodann mit dem
Herzog von
Suffolk, hierauf mit ihrem Günstling, dem
Herzog von
Somerset,
wodurch sie das
Haus
York verletzte und den
Krieg zwischen der
Weißen und
Roten
Rose hervorrief. Im
Kampf mit der
Partei des
Hauses
York, welches ihr vorwarf, daß der von ihr 1453 geborne
Prinz
Eduard untergeschoben sei, entwickelte eine
seltene Geisteskraft und beherrschte auf gleiche
Weise die
Politik wie das
Heer.
Richard von
York verlor gegen sie bei
Wakefield
Sieg und
Leben; desgleichen überwand sie den
Grafen von
Warwick im
Treffen bei St.
Albans.
Ihre Versuche, den von Warwick auf den Thron [* 4] erhobenen Eduard IV. von York zu verdrängen, liefen aber unglücklich ab. Nach der furchtbaren Niederlage der Lancasterschen Partei bei Towton floh sie über Schottland nach Frankreich zu Ludwig XI., der ihr unter der Bedingung der Auslieferung von Calais [* 5] 2000 Soldaten bewilligte. Mit dieser durch englische Flüchtlinge verstärkten Macht drang sie mit ihrem Sohn Eduard aus Schottland in Northumberland ein, konnte aber nichts ausrichten und mußte 1463 wieder nach dem Festland flüchten.
Hier söhnte
Ludwig XI. sie 1470 mit ihrem Todfeind
Warwick aus. Am
Tag der
Schlacht bei
Barnet
wo dieser fiel, landete Margarete
in
England bei
Weymouth, ward aber bei
Tewkesbury (4. Mai) mit ihrem Anhang von
Eduard VI. völlig geschlagen
und fiel in die
Hände ihres Gegners. Ihr Sohn war auf der
Flucht getötet worden, ihr Gemahl
Heinrich VI. wurde 21. Mai im
Tower
ermordet, sie selbst erst 1474 auf Verwendung
Ludwigs XI. aus der
Haft befreit. Sie kehrte nach
Frankreich
zurück u. starb dort
2) Königin von Dänemark, [* 6] Norwegen [* 7] und Schweden, Tochter des Königs Waldemar IV. von Dänemark, geb. 1353 zu Kopenhagen, [* 8] vermählte sich 1363 mit Hakon VIII. von Norwegen, ergriff nach dem Tod ihres Vaters (1375) für ihren unmündigen Sohn Oluf die Zügel der Regierung Dänemarks und nach ihres Gemahls Hakon Tod 1380 auch in Norwegen. Sie einigte sich mit der Hansa über den Besitz von Schonen und sicherte durch Abtretung Schleswigs an Holstein ihre Südgrenze. Nach Olufs frühem Tod wurde sie von den Reichsständen als regierende Herrscherin von Norwegen und Dänemark anerkannt und ihr Großneffe Erich von Pommern [* 9] zu ihrem Nachfolger bestimmt.
Sie eilte hierauf zur Unterstützung der mit der Herrschaft des deutschen
Königs
Albrecht von
Mecklenburg
[* 10] Unzufriedenen nach
Schweden und besiegte
Albrecht bei Axelwalde, worauf sie auch den schwedischen
Thron bestieg
und durch das von den drei
Reichsräten genehmigte
Staatsgrundgesetz, die Kalmarische
Union die Vereinigung der
drei
Reiche begründete. Die
Niederlage, welche
Graf
Gerhard von
Holstein 1404 von den
Dithmarschen erlitten hatte, benutzte Margarete
, um
auch
Schleswig
[* 11] wieder enger mit
Dänemark zu verbinden. Nach der
Eroberung
Flensburgs starb sie dort Von
einnehmendem und imponierendem Äußern, geistreich, beredt, klug, mutig und charakterfest, erwarb sich Margarete
den
Beinamen der
Semiramis des
Nordens.
Vgl.
Erslev, Dronning Margarete
(Kopenh. 1882).
¶
mehr
3) Margarete
(Margot) von Frankreich oder von Valois, die Töchter Heinrichs II. und der Katharina von Medici, geb. zu St.-Germain
en Laye, ward am Hof
[* 13] ihrer Brüder Franz II. und Karl IX. erzogen. Sie erhielt eine vortreffliche Erziehung und zeichnete sich
durch anmutige Schönheit und Grazie aus. Früh trat sie in ein vertrautes Verhältnis zu dem Herzog von Guise,
ward aber durch politische Rücksichten genötigt, ihre Hand
[* 14] dem König Heinrich von Navarra, dem spätern Heinrich IV. von Frankreich,
zu reichen.
Die Vermählung, welche als ein Versöhnungsfest der Katholiken und Hugenotten gefeiert wurde, gab das Signal zu den Greueln der Bartholomäusnacht (s. Hugenotten). Heinrichs Liebe erwarb sie sich nie, obschon sie seit 1578 eine Zeitlang in Pau [* 15] bei ihm lebte. Ein Zwist mit ihm über die Ausübung des katholischen Gottesdienstes veranlaßte ihre Rückkehr nach Paris; [* 16] doch zog ihr hier ihr zügelloses Leben solche Demütigungen am Hof Heinrichs III. zu, daß ihr Gemahl sie zu sich nach Béarn zurückberief.
Als Sixtus V. 1585 ihren Gemahl exkommunizierte, ergriff Margarete
selbst die Waffen
[* 17] gegen denselben. Heinrich IV. machte ihr bei seiner
Thronbesteigung in Frankreich den Vorschlag einer Trennung ihrer kinderlosen Ehe. Doch willigte Margarete
erst 1599 ein, nach
dem Tode der Gabrielle d'Estrées, da sie fürchtete, Heinrich würde sich mit dieser vermählen. Seit 1605 lebte sie zu Paris
in galantem, frommem und wissenschaftlichem Verkehr mit den ausgezeichnetsten Geistern der Zeit, bis sie als der
letzte Sprößling des Hauses Valois starb. Margaretens
Memoiren erschienen in Paris 1648 und öfter (deutsch
von Schlegel, Leipz. 1803); die beste durch Briefe vermehrte Ausgabe ist von Guessard (Par. 1842). Auch Gedichte hinterließ
sie, die in einem naiven und leichten Stil geschrieben sind.
Vgl. Mongez, Histoire de la reine Marguerite de Valois (Par. 1777);
Saint-Poncy, Histoire de Marguerite de Valois (das. 1887, 2 Bde.).
4) Maria Margarete
Therese Johanna, Königin von Italien,
[* 18] geb. Tochter des Prinzen Ferdinand, Herzogs von Genua
[* 19] (gest. 1855),
und der sächsischen Prinzessin Elisabeth, vermählte sich mit ihrem Vetter, dem damaligen Kronprinzen von Italien,
Humbert (s. d.), seit 1878 Königin.
5) Margarete
von Navarra, Tochter Karls von Orléans
[* 20] und der Luise von Savoyen, Schwester König Franz I., geb. zu
Angoulême, wurde am Hof Ludwigs XII. von ihrer Mutter vortrefflich, fast gelehrt erzogen und vermählte sich mit Karl,
Herzog von Alençon, erstem Prinzen von Geblüt und Connétable von Frankreich. Nachdem dieser 1525 gestorben
war, begab sie sich zu ihrem in Madrid
[* 21] in Gefangenschaft befindlichen Bruder, König Franz I., der sich schon vorher vielfach
ihres Rats bedient hatte. 1527 vermählte sie sich in zweiter Ehe mit Heinrich d'Albret, König von Navarra, welchem sie Johanna d'Albret,
die Mutter Heinrichs IV., gebar.
Nach ihres Gemahls Tod (1544) führte sie die Regierung über Béarn allein fort und that viel für Förderung des Ackerbaues,
der Wissenschaft und Kunst. Schon längere Zeit hatte sie sich dem Protestantismus zugeneigt, wie namentlich ihre Schrift »Miroir
de l'âme de la pécheresse« (1533) bekundet, die von der Sorbonne verboten wurde, auch soviel wie möglich
die grausame Verfolgung der Protestanten durch Franz I. gehindert; doch trat sie nicht offen zur evangelischen Kirche über,
bekannte sich vielmehr kurz vor ihrem Tode, der am auf Schloß Orthez in Bigorre
erfolgte, ausdrücklich zur katholischen
Konfession. Margarete
hinterließ eine Reihe von Schriften in Prosa und Versen, die eine große Gewandtheit des Stils
verraten, aber, obschon Margaretens Leben selbst tadellos war, den leichtfertigen Geist jener Zeit atmen.
Hervorzuheben sind aus ihnen: »Heptaméron des nouvelles« (Par. 1559 und dann unzählige Male; neuerlich von Leroux de Lincy, das. 1853-55, 3 Bde., und von Pifteau, 1875),
eine Sammlung von Erzählungen im Geschmack des Boccaccio, die zuerst 1558 unter dem Titel: »Les amants fortunés« erschienen waren, und »Marguerites de la Marguerite des princesses« (Lyon [* 22] 1547, Par. 1554),
eine Auswahl von Gedichten, von ihrem Kammerdiener Jean de la Haye veröffentlicht. Ihren Briefwechsel veröffentlichte im Auftrag der Regierung Génin (Par. 1841-42, 2 Bde.). Ihre »Œuvres complètes« erschienen 1852.
Vgl. Durand, Marguerite de Valois et la cour de François I (Par. 1848, 2 Bde.);
Miß Freer, Life of Marguerite, Queen of Navarra (Lond. 1855, 2 Bde.);
Lotheisen, Königin Margarete von Navarra (Berl. 1885).
6) Margarete von Österreich, [* 23] Tochter des Erzherzogs Maximilian (spätern Kaisers Maximilian I.) und der Maria von Burgund, geb. wurde am französischen Hof erzogen, da sie nach dem Vertrag von 1482 die Gemahlin Karls VIII. werden sollte, kehrte aber nach dessen Vermählung mit Anna von Bretagne 1493 zu ihrem Vater zurück. Ihr neuer Verlobter, der Infant Juan von Spanien, [* 24] mit dem sie sich 1497 vermählte, starb noch in demselben Jahr und auch Herzog Philibert II. von Savoyen, mit dem sie sich 1501 vermählte, schon 1504. Ihr Vater übertrug ihr 1507 die Regentschaft der Niederlande, [* 25] die sie klug regierte und sorgsam gegen die Reformation abzusperren suchte. An dem Zustandekommen des Friedens von Cambrai hatte sie den wesentlichsten Anteil.
Sie starb in Mecheln; [* 26] 1850 ward ihr daselbst ein Denkmal errichtet. Ihren »Discours de ses infortunes et de sa vie« sowie ihre vor den Ständen gehaltenen Reden und ihre Poesien sammelte Jean Lemaire in seiner »Couronne Margaritique« (1549); ihre politische Korrespondenz gaben Leglay (Par. 1839, 2 Bde.) und van den Bergh (Leiden [* 27] 1845-47, 2 Bde.) heraus.
Vgl. Altmeyer, Marguerite d'Autriche (Brüssel [* 28] 1841);
Quinsonas, Matériaux pour servir à l'histoire de Marguerite d'Autriche (Lyon 1860, 3 Bde.).
7) Margarete von Parma, [* 29] natürliche Tochter des Kaisers Karl V. und der Johanna van der Gheynst, einer Flamänderin, geb. 1522, ward am Hof der Königin Maria von Ungarn [* 30] in Brüssel erzogen und 1536 in erster Ehe mit Alessandro de' Medici, in zweiter 1538 mit Ottavio Farnese, Herzog von Parma und Piacenza (geb. 1526), vermählt. Bekannt mit den Sitten des niederländischen Volkes und eingeweiht in die von Spanien in Brüssel beobachtete Politik, ward sie 1559 von Philipp II. zur Statthalterin der Niederlande ernannt, wo ihr anfangs Granvella zur Seite stand.
Eine Frau von männlichem Charakter, staatsklug, gebieterisch, dabei streng katholisch, bewies sie unter den schwierigsten Verhältnissen große Umsicht, und vielleicht wäre es ihr noch gelungen, die Niederlande zu beruhigen; als aber im August 1567 Alba [* 31] mit ausgedehnten Vollmachten erschien, die ihre Würde zu einem bloßen Titel machten, entsagte sie auch diesem und ging Ende Dezember 1567 zu ihrem Gemahl nach Italien, wo sie 1586 in Ortona starb, nachdem sie noch die Genugthuung genossen, ihren Sohn Alexander von Parma 1578 zum Statthalter der Niederlande erhoben zu sehen. Ihre Korrespondenz ¶
mehr
mit Philipp II. gaben F. v. Reiffenberg (Brüssel 1842) und Gachard (das. 1867-81, 3 Bde.) heraus.
8) Margarete von Thüringen, Tochter des Hohenstaufen Friedrich II. und der Jolanthe von Jerusalem, geb. 1237, wurde 1254 mit Albrecht dem Entarteten von Thüringen vermählt und gebar demselben drei Söhne, floh aber, da ihr Gemahl seine Neigung der Kunigunde von Eisenberg zugewandt hatte, von der Wartburg nach Frankfurt [* 33] a. M., wo sie bereits 8. Aug. starb. Daß sie im Abschiedsschmerz ihren Sohn Friedrich in die Wange gebissen habe, ist Sage.
9) Margarete Maultasch (wegen der Form ihres Mundes so genannt), Gräfin von Tirol, [* 34] Erbtochter Heinrichs, Herzogs von Kärnten und Grafen von Tirol, geb. 1318, vermählte sich 1330 mit dem böhmischen Prinzen Johann, einem Bruder des nachmaligen Kaisers Karl IV.; doch war die Ehe keine glückliche. Die Kärntner Volkssage machte aus eine kriegerische, zerstörungswütige Amazone, [* 35] die »böse Gretl«. 1341 trennte Ludwig der Bayer auf ihren Wunsch ihre Ehe, und sie reichte ihre Hand 1342 dessen Sohn Ludwig von Brandenburg. [* 36] Da beide im dritten Grad verwandt waren, erhob Papst Clemens VI. Einspruch und erklärte Kaiser Ludwig in den Bann; doch ließ sich die Kirche 1359 durch eine nochmals vollzogene Trauung zufriedenstellen. Nach ihres Gemahls und ihres Sohns Meinhard Tod (1363) überließ sie Tirol den Herzögen von Österreich. Sie starb in Wien, [* 37] wohin sie sich zurückgezogen hatte, und wo ihr Leibgedingsitz einer ganzen Vorstadt den Namen »Margaretengrund« gegeben haben soll.