Marcīta
(Prato marcitorio, ital., spr. martschi-), Winterwiese;
s. Bewässerung, S. 857.
Marcita
11 Wörter, 90 Zeichen
(Prato marcitorio, ital., spr. martschi-), Winterwiese;
s. Bewässerung, S. 857.
(Begießen, Bespritzen), das Verfahren, wodurch Äckern, Gärten und Wiesen das zum bessern Gedeihen der Pflanzen nötige Wasser auf künstliche Weise zugeführt wird. In gemäßigten Klimaten werden in der Regel nur die Gärten und ¶
Wiesen der Bewässerung mit Wasser unterworfen, selten Feldflächen. Nur da, wo Kloakenwasser in der Nähe großer Städte zur Verfügung steht, bedient man sich derselben zur Bewässerung des Ackerlandes, wogegen in den Tropenländern das Wässern die wesentlichste Operation im Feldbau bildet, ja letzterer gewöhnlich nur durch die Zuführung von Wasser möglich ist. Nördlich und südlich vom Äquator ist die Zone der bloßen Bewässerung, welche gewöhnlich allein genügt, um dauernd gute Ernten zu entnehmen; ihr folgen die Zonen mit Düngung und Bewässerung, dieser in unsern Klimaten die mit Düngung und Entwässerung für die Felder und Düngung und Bewässerung für die Wiesen.
Die ältesten Anlagen zur Bewässerung für die Felder sind in Indien, am Euphrat, in Syrien und Ägypten [* 4] zu suchen; von da aus haben sie sich nach Griechenland, [* 5] Italien [* 6] und Spanien [* 7] und über Nordafrika verbreitet. Die Ägypter wußten den mit den Nilüberschwemmungen ihnen alljährlich gebotenen Dungstoff für ihre Felder nutzbar zu machen; sie kannten keinen andern Dünger und verbrannten das Stroh und die bald trocknenden Exkremente der Tiere, wie dies auch heute noch geschieht.
Sie sammelten das Wasser in Bassins und leiteten es von da aus weiter, zum Teil schon mittels Schöpfräder auf höher liegende Flächen. Die Griechen lernten schon entwässern und düngen; die Wässerungsanlagen entnahmen sie den Ägyptern. Die Römer [* 8] wußten das Wasser außerordentlich zu schätzen; wir bewundern noch heute ihre freilich vorwiegend für Trinkwasserleitungen dienenden Wasserbauten und Wasserkastelle (erhöhte Bassins), ihre Röhrenleitungen, künstlichen Teiche und Seen, Quellenleitungen und dergleichen Anlagen.
Ihre Schriftsteller berichten von der Güte der verschiedenen Gewässer und geben überhaupt schon brauchbare Anleitungen. Am entwickeltsten zeigte sich die aber bei den Mauren in Spanien, deren großartige Wasserbauten noch heute in ihren Einrichtungen und Spuren erkennbar, in einzelnen Gegenden noch so weit erhalten sind, daß sie die gegenwärtige Kultur einzelner Distrikte bedingen. Die Anlagen der Mauren dienten anderwärts vielfach als Vorbild in Bezug auf die Art der Anlagen, die Gesetzgebung, die gesamte Verwaltung und Organisation, charakteristisch dadurch, daß hier die nachweisbar älteste Form der wirtschaftlichen Genossenschaft sich findet.
Die Mauren teilten die ganzen von ihnen beherrschten Provinzen in Bewässerungsbezirke, denen das für ihre Felder und Wiesen nötige Wasser durch Aufstauung der Gebirgsbäche und Flüsse [* 9] für den Sommer gesichert wurde. Die Aufstauung der Gebirgsbäche geschah durch große Sperrmauern, die der Flüsse durch Wehre. Aus den durch diese Aufstauungen entstandenen Reservoirs führten Hauptkanäle (Almatriches) das Wasser ab; aus diesen trat es in andre Kanäle (Azequias) über und ward aus diesen endlich durch Schöpfwerke (Norias) auf das zu bewässernde Land gehoben, wenn nicht der Wasserspiegel der Kanäle höher lag als das Feld.
Nach dem Flächeninhalt jedes Feldes und der durch die Bodenbeschaffenheit bedingten Wasserbedürftigkeit desselben wurde die Wasserportion (Alema) berechnet, deren jedes Grundstück bedurfte, und danach der Querschnitt der Azequien und die tägliche Öffnungszeit einer jeden bemessen. Nach der größern oder geringern Trockenheit der Jahre oder einzelner Tage und nach der Querschnittssumme aller von einem Bassin aus zu speisenden Azequien richtete sich die Öffnungsweite, welche dem Auslauf für jeden Tag zu geben war.
Die genaue Regelung dieser Öffnungsweite war durch einen Schraubenhahn ermöglicht, der mit einem Zeiger in Verbindung stand, welcher auf einer Skala den Kubikinhalt des in jeder Minute durch die Öffnung entweichenden Wassers angab. Jeder Besitzer hatte nun eine oder mehrere Stunden des Tags das Recht, seine Azequia offen zu halten, wofür er einen gewissen Betrag zahlte; wenn er diese ihm zugestandene Zeit überschritt, d. h. bei dem durch eine Glocke (vela) vom Wasserwächter gegebenen Zeichen seine Azequia nicht schloß oder dieselbe vor dem betreffenden Zeichen öffnete, oder des Nachbars Azequia verstopfte etc., so fiel er in strenge Strafe. Diese Einrichtung besteht jetzt noch in manchen Provinzen Spaniens und macht es möglich, daß die Felder selbst in den trockensten Jahren im Sommer keinen Wassermangel leiden.
Im Mittelalter zeichnete sich Oberitalien [* 10] durch seine vorzüglichen Bewässerungseinrichtungen und durch eine weise Gesetzgebung zum Schutz derselben aus; das heute bewunderte Bewässerungssystem mit hoch über den Feldern hingeleiteten Fluß- und Kanalrinnen und unzähligen Zuleitungen ist in dieser Zeit entstanden; die Erfindung (resp. Nachahmung und Vervollkommnung) wird den Mönchen von Chiaravalle zugeschrieben, welche schon im 11. Jahrh. ein vollkommenes System auf ihren Grundstücken eingerichtet hatten.
Der älteste Kanal [* 11] ist der von Vettalia (1057). Schon 1216 erscheint in Mailand [* 12] eine Sammlung der Verordnungen über die Leitung und Benutzung des Wassers, welche später vervollständigt wurde und zur Grundlage der noch heute gültigen Gesetzgebung von 1747 diente. Die erwähnten Mönche, durch ihr System weit und breit berühmt, besaßen bis zu 60,000 Pertiche (über 8000 Hektar) Wässerungswiesen und verkauften ihren Überfluß an Wasser. Auch hier hatte man schon besondere Meßapparate und berechnete die abfließenden Mengen nach Oncias (0,029 qm), durch welche pro Minute 2,1835 cbm Wasser fließen.
In der Folge und bis zur neuesten Zeit fand zur Bemessung des Wassers anstatt der Wasserunze der im 16. Jahrh. von Soldati erfundene Modulus Anwendung. Man unterscheidet trockne Wiesen, nur im Gebirge, bewässerte Wiesen, mit Bewässerung vom 25. März bis 8. Sept., und die Winterwiese (prato marcitorio), welche das ganze Jahr über bewässert wird und zwar zumeist mit Quellwasser, dessen Temperatur im Winter wärmer als Luft und Boden ist. Hier lernte man zuerst die Anlagen im Rübenbau, mit Beeten bis zu 0,5 m Höhe über dem Abzugsgraben, 10-15 m breit.
Alles Wasser ist in festem Eigentum und wird ge- und verkauft. Der Ertrag steigt bis 20,000 kg pro Jahr auf den besten Wiesen, durchschnittlich bis zu 12,500 kg pro Hektar und darüber. Wechselwiesen sind solche, welche zeitweise dem Kornanbau dienen;
diese und die Winterwiesen werden alljährlich gedüngt;
das Wasser allein hält man nicht für ausreichend, um auf die Dauer die gewünschten Erträge zu geben. Am höchsten schätzt man das Abflußwasser aus Städten;
pro Oncia zahlt man bis 800 Lire Pacht pro Jahr.
Großartige Kanäle sind die von Muzza, Triviglio, Muntesana, Pavia und der Naviglio Grande bei Mailand. Die ganze lombardische Ebene liegt tiefer als der Spiegel [* 13] des Po und das von ihm aus über das Land sich erstreckende Netz von Kanälen, Ab- und Zuleitungen, Gräben und Dämmen mit Schleusen, Wehren; Sielen aller Art, Hebevorrichtungen u. dgl.
Vgl. Hamm, [* 14] Die Meliorationen in Italien (Wien [* 15] 1865). -
Aus England wird der Rieselungswiesen in Wiltshire als der ältesten gedacht, 1690-1700 etwa 15-20,000 Acres umfassend, ebenfalls unter Aufsicht eines ¶
Wässerungsvorstandes gestellt. Im J. 1743 legte R. Jennings bei Howden York die ersten Überschlämmungswiesen an.
Aus Deutschland [* 17] datieren als die ersten Kunstbauten die etwa um 1750 von Bürgermeister Dresler angelegten Rückenbauten im Siegenschen, die noch gegenwärtig als Muster dienen. 1765 gab Bertrand, Pfarrer zu Orbe, schon ein besonderes Werk: »Die Kunst, die Wiesen zu bewässern«, heraus, versehen mit vollständigen Plänen über Hangbauten. Die Anlage der Gräben jeder Art, die der Abteilungen und der Sammelgräben, die Wasserproben, Wasserräder, [* 18] Maß und Größe der Wässerung, die Bodenvorbereitung, der Umbau u. dgl. finden sich darin schon nach festen Regeln beschrieben. Zu Anfang unsers Jahrhunderts fand mit der Begründung der rationellen Landwirtschaft auch der Wiesenbau mehr Beachtung, und es erschienen vortreffliche Beschreibungen der lombardischen Anlagen von Wittmann und Burger und der Siegener Wiesen von Schenk, Keller, Vorländer u. a. Es gingen jedoch damals wie zum Teil noch heute die Ansichten über das Wesen der Wiesenbewässerung weit auseinander.
Man hatte die außerordentlichen Erfolge guter Rieselwiesen beobachtet und glaubte, daß das Wasser allein zum gedeihlichen Wachstum der Gräser [* 19] genüge. Man wußte, daß in allen Gewässern gelöste und suspendierte Stoffe sich finden, welche den Pflanzen zur Nahrung dienen, und meinte, daß selbst die stärksten Ernten durch Zufuhr von Wasser in genügender Menge dauernd zu erzielen seien. Es sind aber nicht alle Gewässer reich an derartigen Stoffen, nicht alle enthalten sämtliche den Pflanzen wichtige Nahrungsmittel, [* 20] und die Zeit, in welcher das Wasser über eine Wiese rieseln kann, genügt nicht, um während derselben dem Wasser die erforderlichen Mengen von Nahrungsmitteln zu entziehen.
Die höchst bedeutungsvollen Absorptionsthätigkeiten in der Bodenkrume, erst durch Liebig in helles Licht [* 21] gestellt, haben uns hinreichend darüber belehrt, daß die Krume jedem Wasser gerade die wichtigsten Nährstoffe entzieht und diese zurückhält, daß also das Wasser daran relativ arm sein muß, und daß die mitgeführten Schlammteile (Schlick- oder Mineralfragmente) weit wichtiger als die gelösten Stoffe sind. Damit mußte die Lehre [* 22] von der in ein völlig andres Stadium treten.
Vordem glaubte man, daß die Hauptaufgabe des Wiesenbaues darin zu suchen sei, der Wiese möglichst viel Wasser zuzuführen, und Vincent lehrte z. B., daß in Nord-Deutschland pro Hektar und Sekunde im Mittel 90 Lit. Wasser erforderlich seien. Andre Techniker, wie z. B. Dünkelberg, halten im Durchschnitt 35 L. für angemessen. Vielfach kam man auch zu der Erkenntnis, daß das Wasser allein nicht genügt, sondern daß auch kräftig gedüngt werden muß, sobald das Wasser nicht reich genug an Schlick und gelösten Stoffen ist.
Man legt stets hohen Wert auf die wiederholte Benutzung des Wassers, weil dadurch an Quantität gespart und also solche Anlagen auch da gemacht werden konnten, wo Wasser nicht im Überfluß zu Gebote stand. Jedoch ist hierbei zu berücksichtigen, daß beim Rieseln durch den Widerstand, welchen die Halme leisten, sehr bald der Schlick zu Boden fällt und also das entfernter von dem Zufluß rieselnde Wasser minder wirksam sein muß. Früher führte man massenhaft Wasser zu und schuf nicht selten wahre Sümpfe, jetzt reguliert man den Zufluß und nach Maßgabe desselben auch den Abfluß weit sorgsamer und zieht unter Umständen die bloße Befeuchtung der Feuchthaltung vor.
Früher hielt man auf reichlich genug mit Wasser gespeisten Wiesen die Düngung für entbehrlich, jetzt düngt man, wie die Lombarden und Siegener von jeher gethan, selbst da, wo reichlich Wasser vorhanden ist, sobald man beobachtet, daß man nicht im stande ist, die Wiese schwarz zu wässern, d. h. ihr so viel Schlamm durch das Wasser zuzuführen, daß man der Düngung, um höchste Quantitäten und beste Qualitäten an Futter zu erzielen, entbehren kann. Selbstverständlich verzichtet man damit nicht darauf, die von der Natur unentgeltlich gelieferten Pflanzennahrungsstoffe den Gewässern nach Möglichkeit zu entziehen, um sie in Form des geernteten Heues in der Wirtschaft zu verwerten; man wird da, wo diese Vorräte nachweisbar genügen, nicht zum Zukauf von Dungmitteln raten können und da, wo das Wasser den Transport von Pflanzennährstoffen übernimmt, nicht den Düngerwagen in Anspruch nehmen.
Den Nutzen der Bewässerung erkennt man in der Zufuhr von Nährstoffen, soweit solche vorhanden und absorbierbar sind, in der Verteilung dieser und der künstlich dazu gegebenen Dungmittel, in der Aufschließung der im Boden vorhandenen Pflanzennahrung, in der Absorption nützlicher Gase [* 23] aus der Luft, wodurch der Ernährungsprozeß im Boden begünstigt wird, in der Regulierung der Temperatur (in frosthellen Nächten Schutz gegen Erfrieren, an heißen Tagen Schutz gegen Vertrocknen), in der Entfernung schädlicher Stoffe aus dem Boden (Säuren, Eisensalze etc.), in der Vertilgung von Ungeziefer, in der direkten Zufuhr von Wasser, welches die Wiesenpflanzen in großer Menge brauchen.
Die Menge des Wassers hängt ab vom Klima [* 24] in Bezug auf Regenfall, Verdunstungsfähigkeit und Wassergehalt der Luft, von der Jahreszeit, von dem Boden (Porosität, Bindigkeit, Reichtum, Vorherrschen von Humus- oder Mineralstoffen), von der Beschaffenheit des Wassers, von dem Gefälle, von der Ausdehnung [* 25] der Fläche, von der Möglichkeit etwaniger Wiederbenutzung, von der Möglichkeit des Wiederabfließens, also von der Durchlässigkeit des Bodens, resp. den Entwässerungsanlagen, und endlich von der Art der Bewässerungsanlage.
Die Güte des Wassers ist bedingt durch dessen Ursprung und abhängig von dem Reichtum desselben an Nährstoffen und von der Temperatur. Quellwasser ist in der Regel zu kalt und zu arm, kann aber durch längere Leitung nach beiden Richtungen bin verbessert werden. Im Siegenschen entströmen die Quellen meistens einem an Nährstoffen sehr reichen und leicht verwitternden Gebirge (Schalstein, Lahnphosphorite). Das Wasser der Bäche und Flüsse ist um so besser, je länger deren Lauf war, und je mehr sie Gehöfte und Ortschaften berührten.
Absolut schädlich ist das Wasser aus Torfstichen und Sümpfen, besonders aber das aus Fabriken; Pochwerken und Wäschereien mit schädlichen Substanzen gespeiste sowie solches, welches nachteilige Salze aufgenommen hat. Das aus Waldungen kommende Wasser ist meistens arm an Nährstoffen, welche es im Durchsickern durch die Humusschicht verliert, und nicht selten mit schädlichen Substanzen versehen, z. B. reich an Gerbsäure u. dgl. Das Wasser aus Teichen ist meistens zu arm an Schlick. Längere Leitung (Erwärmung) und Einwerfen von Dungstoffen können zu kaltes und zu armes Wasser verbessern; das mit schädlichen Substanzen versetzte ist nur schwer korrigierbar oder gar nicht zu brauchen.
Nach der Art der Benutzung unterscheidet man in der Bewässerung verschiedene Systeme, welche je nach lokalen Verhältnissen anwendbar sind und oft miteinander ¶