Manichäer,
die Anhänger des von Manes (s. d.) gestifteten Religionssystems. Das manichäische System läßt sich am einfachsten bezeichnen als pers. Gnosticismus, hat aber seine Wurzeln in babylonisch-chaldäischer Weisheit und ist andererseits dem Gnosticismus innerhalb des Christentums nur äußerlich verwandt, sofern ihm die eigentümlich-christl. Idee einer definitiven Vernichtung des Bösen und schließlichen Alleinherrschaft des Guten fehlt, die jener durchweg zum Ausdruck bringt.
Der Manichäismus ist hieran durch seinen eigentlich und endgültig gemeinten Dualismus verhindert. Er nimmt nämlich zwei gleich ewige Grundwesen an, das gute oder das Licht, und das böse oder die Finsternis, beide von unzähligen, von ihnen abhängigen, gleichartigen Äonen oder Elementarkräften umgeben. Das Urlicht oder «der erste Herrliche» besteht aus zweimal fünf Elementen; unter ihm stehen der Lichtäther und die Lichterde, wieder mit je fünf Elementen.
Aus den Urelementen der Finsternis entsteht Satan. Derselbe erhebt sich zur Grenze des vorher unerkannten Lichtreichs und will es erobern. Um ihn zu bekämpfen, rüstet der König des Lichts den Urmenschen mit den Elementen der Lichterde aus. Dieser aber unterliegt im Kampfe, und ein Teil seines Lichts wird von Satan und den Elementen der Finsternis verschlungen und bleibt in die finstere Materie gebannt. Durch Hilfe von oben wird der Urmensch befreit; zur Errettung der geraubten Lichtelemente aber wird aus der mit Elementen des Lichts vermischten Materie das Weltall gestaltet, Sonne und Mond leiten als die glänzenden Schiffe die Lichtelemente nach oben: der Mond, in dem die Mutter des Lebens ihren Sitz hat, übergiebt sie der Sonne, in die der Urmensch gerettet ist, und diese wieder dem Lichtreich.
Zum Kampf wider das letztere erzeugt der Teufel mit fünf weiblichen Dämonen Adam, dessen Seele dem Lichtreiche, dessen Leib mit seinen Begierden der Finsternis entstammt, und Eva, die personifizierte Sinnenlust. Das entstehende, der Materie und Sinnlichkeit ergebene Menschengeschlecht soll so die Befreiung des gefangenen Lichts aushalten. Endlich wird der Urmensch aus der Sonne als Isa (Jesus) herabgesandt, um die Menschen über den Unterschied zwischen Licht und Finsternis zu belehren und so die
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Entscheidung im Sinne einer endgültigen Trennung beider Reiche einzuleiten. Annäherung an das Christentum wurde schon von Manes selbst und in noch höherm Maße von seinen Anhängern im Römischen Reiche gesucht. Aber von dem Jesus, dem «Sohne der armen Witwe», den die Juden gekreuzigt hatten, unterschied Manes den in einem Scheinleibe erschienenen wahren Erlöser, den er ebenfalls Jesus (Isa) nannte. Derselbe brachte die wahre Erkenntnis, die Manes selbst als der Paraklet vollendet hat.
Die biblischen Schriften wurden von Manes teils ganz verworfen (so namentlich das ganze Alte Testament), teils für mehr oder minder gefälscht erklärt. Dafür verfaßte er eigene Lehrschriften und Sendschreiben, sowie ein eigenes Evangelium. Die Manichäer teilten sich in zwei Klassen. Die Auserwählten (lat. electi) oder Wahrhaftigen sollten drei «Siegel» (ein signaculum sinus, oris und manus) haben, d. h. sich des Weins und aller tierischen Nahrung, des geschlechtlichen Umgangs und aller die Lichtwelt schädigenden Beschäftigungen, d. h. jeder materiellen Arbeit und jeder Verletzung des Menschen-, Tier- und Pflanzenlebens enthalten.
Mehr war den Zuhörern erlaubt; aber durch ihre Arbeit mußten sie sich und die Auserwählten ernähren, in der Ehe Mäßigkeit üben und ihr Glück in der Armut suchen. Den Gemeinden standen Lehrer, Dienende und Älteste vor, die den manichäischen Klerus bildeten und noch über den Auserwählten standen. Im Abendlande hießen sie nach christl. Analogie Bischöfe, Presbyter und Diakonen. Der Gottesdienst war einfach, die Gotteshäuser entbehrten jedes Schmucks. Im März wurde Manes’ Todestag gefeiert, an dem in ihren Versammlungssälen ein auf fünf Stufen erhabener Lehrstuhl (Bema) für den im Geist anwesenden Manes stand.
Die abendländischen Manichäer feierten auch den Sonntag (als gemeinsamen Fasttag) und den Todestag Jesu; auch hielten sie Taufe und Abendmahl (letzteres aber nur mit Wasser und Brot). Von Persien aus haben sie sich bis zur Mitte des 4. Jahrh. über Syrien und Kleinasien nach Nordafrika und selbst bis Italien ausgebreitet, wobei die Anlehnung an das Christentum sich verstärkte. Seitdem begannen die blutigen Verfolgungen der Partei. In Nordafrika wurden sie im 5. und 6. Jahrh. von den Vandalen ausgerottet; gleiches Schicksal hatten sie im Römischen Reiche, besonders in Italien. Endlich auch in Persien unterdrückt, zogen sie sich seit dem 6. Jahrh. teils in das noch heidnische östl. Asien, teils in das Dunkel geheimer Verbrüderungen zurück und traten später nur unter andern Namen wieder auf.
Vgl. F. Chr. Baur, Das manichäische Religionssystem (Tüb. 1831);
A. Geyler, Das System des Manichäismus und sein Verhältnis zum Buddhismus (Jena 1875) und die bei Manes angegebene Litteratur.
In der Studentensprache ist Manichäer ein mahnender Gläubiger, besonders jüd. Stammes. Der Ausdruck kommt seit der ersten Hälfte des 18. Jahrh. vor und mag durch studentische Hörer der Kirchengeschichte von der alten Manichäersekte unter Anlehnung an das deutsche «mahnen» entstanden sein.