Mandschurei
,
eins der Nebenländer des chinesischem Reichs, zwischen dem Amur im N., dem Ussuri im O., ¶
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der Mongolei im W., Korea und dem Golf von Petschili im S., umfaßt 982,000 qkm (17,834 QM.) mit 12 Mill. Einw.
Die ist ein Gebirgsland, welches im O. vom Schan Alin, im W. vom Chingan begrenzt wird, und dessen nördlichsten Teil Iljchuri
Alin und Drusge Alin erfüllen. Die höchsten Gipfel im Schan Alin erheben sich zu 3600 m. Hauptfluß ist
der Sungari, als dessen Becken die ganze Mandschurei
anzusehen ist. Das Klima
[* 3] bewegt sich in großen Extremen, das Thermometer
[* 4] steigt im
Sommer bis 32° und fällt im Winter zu -24° C. Die Gebirge sind dicht bewaldet; von Mineralien
[* 5] hat man
Kohle, Gold
[* 6] (dessen Ausbeutung verboten ist, aber im geheimen betrieben wird), Eisen
[* 7] und Edelsteine
[* 8] gefunden.
Flora und Fauna bilden den Übergang zwischen China [* 9] und Sibirien. Der fruchtbare Boden erzeugt viel Gemüse, das zum großen Teil ausgeführt wird, dann Hirse, [* 10] Mais, Weizen, Kartoffeln, seit kurzem Indigo [* 11] und Mohn. Der hiesige Tabak [* 12] und Ginseng werden in China hoch geschätzt. Von wilden Tieren sind Tiger, schwarze Bären, Wölfe, Schweine, [* 13] Füchse, Hirsche, [* 14] Antilopen, Zobel zu nennen, deren Felle einen wichtigen Ausfuhrartikel bilden. Man zieht kleine Pferde, [* 15] Maulesel, Rinder, [* 16] Schafe, [* 17] Schweine.
Unter den zahlreichen Vögeln ist besonders bemerkenswert die mandschurische Lerche [* 18] (Melanocoryphya mongolica), die in großen Mengen nach Nordchina ausgeführt wird, wo sie wegen ihrer Geschicklichkeit, Stimmen nachzuahmen, sehr gesucht ist. Die Flüsse [* 19] sind an Fischen, namentlich Lachsen, außerordentlich reich. Die Bevölkerung [* 20] besteht aus Chinesen, Mandschu und Tungusen und Mischlingen dieser drei Völker, welche gegenwärtig die Hauptmasse der Einwohner bilden.
Die Chinesen wohnen vornehmlich in dem südlichen, Schinking genannten Teil, wohin in neuerer Zeit der
Überschuß der Bevölkerung Nordchinas seine Schritte lenkte, so daß derselbe bereits als Teil des eigentlichen China betrachtet
wird. Früher aber wurden in der ganzen Mandschurei
von der chinesischen Regierung Verbrecherkolonien angelegt und unruhige Stämme des
innern Reichs hierher verpflanzt. An 100 dunganische Familien (s. Dunganen) wurden hier angesiedelt, die,
Chinesen im Äußern, aber Mohammedaner, gleich den Juden Europas in nationaler Abgeschlossenheit leben. So kommt es, daß die
frühern Bewohner, die Mandschu, vielleicht nicht mehr den zehnten Teil der Bevölkerung ausmachen.
Diese sind ein schöner, ursprünglich tungusischer Volksstamm, aufgeweckt, kriegerisch und mit großer Energie begabt, dem es 1644 gelang, sich in den Besitz des Throns von China zu setzen. Sie führten in China die Sitte des Haarschneidens und Zopftragens ein, wogegen die hierher gewanderten Chinesen manche ihrer Sitten, wie die Verkrüppelung der Füße bei den Frauen, aufgaben. Die Mandschu zeichnen sich vor allen Stämmen Nordchinas durch ihre guten Manieren sowie durch ihr zuvorkommendes Benehmen gegen Fremde aus. Von den tungusischen Völkern im N. sind namentlich die Golde (s. Tafel »Asiatische Völker«, [* 21] Fig. 12) hervorzuheben, nächstdem die Manegren, vom mongolischen die Barguburäten.
Alle diese Völkerschaften trennen die jeder eigentümlichen Vorurteile, was natürlich dem Aufschwung des Landes hinderlich ist. Jagd, Ackerbau und Viehzucht [* 22] bilden die Hauptbeschäftigungen der Bevölkerung. Die Industrie beschränkt sich auf die Erzeugung von Branntwein in zahllosen kleinen Brennereien und von Öl. Dem lokalen Verkehr dienen der Sungari, der auf 1500 km selbst für Dampfer fahrbar ist, ferner die Noni und Khurka; der Hauptverkehr bewegt sich aber auf drei Straßen, welche von Peking, [* 23] Sibirien und Korea aus die Städte Mukden, Girin und Tsitsikar berühren.
Administrativ zerfällt die Mandschurei
in die Provinzen Liaotung, Girin Ula und Tsitsikar. Davon wird die erste mit der Hauptstadt Mukden
(170,000 Einw.) und dem Traktatshafen Niutschuang (60,000 Einw.) als zum eigentlichen China gehörig betrachtet.
In den beiden andern sind Hauptorte Girin (120,000 Einw.), Tsitsikar (60,000 Einw.), Sitz des Oberkommandos
der mandschurischen Truppen und als Verbannungsort bekannt, ferner Aigun (100,000 Einw.). Jede der beiden Provinzen wird von
einem Vizekönig verwaltet; die Organisation ist eine rein militärische.
Die 65 Mandschustämme werden eingeteilt in acht Banner, von denen jedes seine eignen Tribunale, Schulen
und Priester hat. Die Militärmacht besteht aus 67,800 Mann, von denen nur 35,350 wirklich im Sold stehen. Sie sind mit Bogen
[* 24] und Pfeilen bewaffnet und haben jährlich 2400 Hirsche und eine Anzahl Zobelfelle zu liefern. Die Abgaben
der Provinzen bestehen in Geld und Getreide;
[* 25] Girin Ula hat 652,800 Mk. in Silber und 22,680 Säcke Getreide, Tsitsikar 12,800 Mk.
in Silber und 8280 Säcke Getreide nebst 5000 Zobelfellen und 1000 Perlen aus dem Sungari zu liefern. Die Mandschurei
erstreckte sich vor 1858 nordwärts
bis nahe zum 55.° nördl. Br.; in jenem Jahr wurde das Gebiet bis zum Amur durch den Vertrag von Argun an
Rußland abgetreten und 1860 die Grenze an den Ussuri geschoben und dadurch ein Gebiet von 650,000 qkm (11,800 QM.) von der
Mandschurei
abgetrennt (vgl. Amur). S. Karte »China«.
Vgl. Wenjukow, Die russisch-asiatischen Grenzlande (deutsch, Leipz. 1874).