Maloja
,
rätoromanisch Malœggia, italienisch Maloggia (Kt. Graubünden,
Bez. Maloja
). 1817 m. Passübergang mit Poststrasse, zwischen
dem
Engadin und dem
Bergell. Die Wasserscheide wird hier nicht durch einen hohen
Rücken, sondern blos durch eine kleine Hochfläche
bezeichnet. Der
Silsersee mit 1800 m und
Silvaplana mit 1816 m liegen fast ebenso hoch wie der Passscheitel,
während das am linksseitigen Gehänge des
Ober Engadin stehende Dorf
St. Moritz mit 1856 m dessen Höhenlage noch übertrifft.
Es steigt somit die Poststrasse des
Ober Engadin gegen den Maloja
zu nur unmerklich an. Während sich das leicht gewellte
Plateau von Maloja
ganz langsam zum
Silsersee absenkt, bricht es gegen das
Bergell plötzlich und schroff
ab. Es ist also kein Passübergang im strengen Sinn des Wortes, sondern blos der das
Engadin nach oben abschliessende Rand
des zum
Bergell hinunterstürzenden Steilabfalles. Vom
Silsersee an wendet sich die Strasse zuerst gegen SW. und dann gegen
S., um nach Ueberschreitung des höchsten Punktes (1817 m) scharf gegen W. abzubiegen und in zahlreichen
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Schlingen den mit Lärchen- und Tannenwald bestandenen, 200 m hohen Hang bis zum obersten Thalboden des Bergell hinunterzusteigen. Die meisten der 16 Kehren können auf steilen Fusspfaden abgeschnitten werden. Von einer der oberen Kehren dieser an schönen Aussichtsstellen reichen Strasse zweigt ein Pfad zum prächtigen Wasserfall der vom Murettopass und Fornogletscher kommenden Orlegna ab. Als Passstrasse im engeren Sinn betrachtet man die 5 km lange Strecke zwischen Capolago (dem obern Ende des Silsersees) und Cavrile im obersten Bergell, von der die Hälfte auf die Kehren entfällt.
Von Samaden bis Chiavenna ist die Poststrasse 55,5 km lang (bis Maloja
Kulm 23,8 km, von da bis Castasegna
an der Landesgrenze gegen Italien 22 km und weiterhin bis Chiavenna 9,7 km). Mit Samaden ist der Maloja
im Sommer durch vier
und im Winter durch drei, mit Chiavenna das ganze Jahr durch zwei tägliche Postwagenkurse verbunden, die den Weg Samaden-Chiavenna
im Sommer in 7½ und im Winter in 9 Stunden, den Weg Chiavenna-Samaden Sommers und Winters in 9 Stunden
zurücklegen.
Seit Vollendung der Albulabahn ist St. Moritz Ausgangspunkt der Post und damit deren Fahrt um 5,5 km abgekürzt. Lokalkurse,
die den Pass nicht überschreiten, sind sowohl im Bergell als im Engadin eingerichtet. Da die Strasse über
den Maloja
der kürzeste Weg vom Ober Engadin nach den oberitalienischen Seen ist, wird sie besonders im Sommer ausserordentlich
stark benutzt. Seit etwa 20 Jahren hat sich die Hochfläche von Maloja
auch zu einem bedeutenden klimatischen Kurort entwickelt.
So finden wir hier etwas oberhalb des Silsersees den monumentalen Bau des Kursaales Maloja
mit prachtvollen
Parkanlagen, dann auf einem den Absturz ins Bergell beherrschenden Felshügel das Schloss Belvédère und zwischen diesen Beiden
noch eine Anzahl weiterer
Gasthöfe und Restaurationen, ferner Villen, sowie eine katholische und eine anglikanische Kapelle.
Als Fremdenort und Touristenzentrum ersten Ranges rivalisiert Maloja
heute mit St. Moritz und Pontresina.
Während die Gemeinde Stampa, zu der der Maloja
politisch gehört, nur 445 ständige Ew. zählt, halten sich im Sommer auf
dem Maloja
allein mehrere Hunderte ständiger Gäste und Tausende von Passanten auf. Diese Beliebtheit rechtfertigt sich
vollauf durch die reine und gesunde Luft, die Schönheit und Mannigfaltigkeit der umgebenden Landschaft
und die grosse Zahl von Spaziergängen, Ausflügen und Bergtouren.
Beim Erstellen der Parkanlagen auf Maloja hat man seit 1884 eine grosse Anzahl von Gletschermühlen entdeckt, die dann freigelegt worden sind und die analogen Erscheinungen im Gletschergarten zu Luzern sowohl an Zahl wie an abwechslungsreicher Gestaltung und Grösse weit übertreffen. Wir finden hier oben als weitere Zeugen glazialer Tätigkeit ferner noch prachtvolle Rundhöcker, Gletscherschliffe, eine Menge von erratischen Blöcken und Moränen. Da die Gesteine, aus denen die beiden letztgenannten Erscheinungen bestehen, aus dem Muretto-Fornothal stammen, muss einst das ganze Plateau des Maloja vom Fornogletscher bedeckt gewesen sein. Es stimmt dies mit der schon früher (vergl. die Art. Graubünden, Inn und Maira) erörterten geologischen Tatsache überein, dass die Wasserscheide zwischen dem Inn und der Maira einst weiter gegen SW., etwa hoch über dem heutigen Vicosoprano, gelegen war. Damals bildeten die Thäler von Marozzo, Albigna und Muretto-Forno die obern Verzweigungen des Engadin, bis sie von der immer weiter nach NO. rückschreitenden Erosionsarbeit der wasserreichen und ein starkes Gefälle aufweisenden Maira schliesslich abgelenkt und vom Inn abgeschnitten ¶
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worden sind. Man kann heute vom Maloja aus auf beinahe ebenem Weg ins Murettothal gelangen und an dessen zum Piz della Margna aufsteigendem Gehänge die alten Terrassen regelmässig gegen das Ober Engadin zu fallen sehen. Ferner wird die Orlegna bei ihrem Austritt aus dem Murettothal nur durch einen niedrigen Moränenwall vom Silsersee getrennt; sie muss, um zur Maira zu gelangen, an dieser Stelle in einem scharfen Knie umbiegen und ein tief eingeschnittenes Tobel durcheilen.
Als eine interessante Folgeerscheinung der tief gelegenen Wasserscheide am Maloja ist noch der sog. Malojawind zu erwähnen. Während im Sommer bei schönem und warmem Wetter der Wind in allen grossen Thälern regelmässig tagsüber thalaufwärts (Thalwind) und des Nachts thalauswärts (Bergwind) weht, fliesst die aufsteigende warme Luft des Bergell über die Schwelle des Maloja hinüber und weht als Bergwind von 9-10 Uhr Morgens bis gegen Sonnenuntergang das Engadin abwärts.
Die gleiche Erscheinung beobachtet man übrigens auch in Davos, wo die warme Luft des Prätigaus den niedrigen Wolfgangpass überschreitet und damit den das Thal des Landwassers tagsüber von oben nach unten durchziehenden Luftstrom erzeugt. Es ist somit die Hochfläche des Maloja in mancherlei Hinsicht eine der interessantesten Landschaften der Schweiz. Alle die erwähnten Eigentümlichkeiten der Lage, der geogenetischen Vorgänge, der klimatischen Verhältnisse etc. finden sich anderswo kaum wieder auf einer so kleinen Fläche beisammen vor.