Malarĭa
(v. ital. mala aria, »schlechte Luft«, ital. Aria cattiva, Sumpfmiasma, Sumpfluft), die manchen sumpfigen Gegenden, besonders den Maremmen an der Südküste von Italien [* 2] und den Pontinischen Sümpfen bei Rom, [* 3] eigne krankmachende Einwirkung auf lebende Organismen, die wahrscheinlich in der Luft durch in Wasser faulende Vegetabilien und tierische Stoffe erzeugt wird, wobei noch andre Momente mitwirken mögen, z. B. die Feuchtigkeit der Luft selbst, die in ihr schwebenden Pilzsporen und das Trinken des mit organischen Bestandteilen geschwängerten Wassers solcher Gegenden.
Die schädliche
Wirkung erfolgt bald augenblicklich, bald erst nach
Stunden,
Tagen,
Wochen, bald tritt sie
nur in der unmittelbaren
Nähe der
Sümpfe hervor, bald aber erstreckt sie sich auch auf weitere
Entfernungen oder nimmt selbst
einen epidemischen
Charakter an. Die
Intensität der Malaria
wird durch eine von hohen und dichten Wäldern umschlossene oder von
Bergen
[* 4] eingegrenzte, den
Winden
[* 5] unzugängliche
Lage der
Sümpfe, durch einen schweren, moorigen
Boden, durch
Sonnenhitze, welche ihn dem Austrocknen nahebringt, durch Seewasser und noch mehr durch die Vermischung des Seewassers mit
süßem
Wasser, wodurch sowohl die Organismen des salzigen als des süßen
Wassers zu
Grunde gehen und das Fäulnismaterial
sich häuft, sowie durch die
Abend- und Nachtzeit vermehrt.
Kaltes
Klima,
[* 6] üppige
Vegetation, besonders Saftpflanzen, immergrüne
Wälder, schnellwüchsige
Pflanzen, wie Eukalyptus, die
Sonnenblume etc., und
Kultur des
Bodens beschränken dagegen die nachteilige Einwirkung der
Sümpfe und können sie ganz aufheben.
Auch wo der schädliche Einfluß der Malaria
sich nicht in deutlich ausgeprägten Krankheitsformen verrät, macht
er sich doch durch die unvollkommene
Ausbildung und abnorme physische und psychische
Entwickelung der Sumpfbewohner bemerklich.
Außer in den
Maremmen und den
Pontinischen
Sümpfen treten die
Wirkungen der Malaria
besonders in der
Lombardei, wo der Reisbau eine
jährliche Einwässerung der
Felder nötig macht, in
Holland,
Zeeland,
Walcheren, auf dem Nildelta in
Ägypten,
[* 7] dem Gangesdelta in
Indien, am meisten aber auf
Sumatra und in
Surinam hervor. Übrigens gibt es auch sumpflose Gegenden, wo
ebenfalls eine sogen. Malaria
herrscht, z. B.
Gibraltar,
[* 8] sogar
Hochebenen in
Italien und
Peru.
[* 9] Die Erkrankungen in solchen Gegenden
sind darauf zurückzuführen, daß zwar die Oberfläche trocken, der
Untergrund aber
sehr wasserreich
ist und durch
Risse oder durch poröse
Beschaffenheit der Oberfläche
Luft und
Wärme
[* 10] hinzutreten kann.
Unerklärt sind dagegen jene mehrfach bestätigten
Beobachtungen, daß in einzelnen Sumpfgegenden selbst bei warmer
Temperatur
keine Malaria
erkrankungen vorkommen, z. B. in
Neuseeland,
Vandiemensland, auf den
Sandwichinseln.
Alle Urwälderböden entwickeln,
nachdem sie urbar gemacht worden, in den ersten
Jahren ein fiebererzeugendes
Prinzip, welches den ersten
Ansiedlern oft sehr verderblich wird. Die Indigobereitung, in Schiffsräumen faulender, mit Seewasser benetzter
Kaffee, das
Pumpenwasser etc. entwickeln gleichfalls ein sehr gefährliches
Sumpfmiasma.
Ein solches scheint sich auch in
Häusern zu bilden, welche von
Überschwemmungen gelitten haben. Das Malaria
fieber
selbst tritt in Anfällen auf (s.
Wechselfieber). Unter dem Einfluß des Malaria
gifts entstehen die schwersten Fieberformen,
die nicht selten zu Milzinfarkten und
-Abscessen, zu
Leberabscessen, zu Siechtum und
Tod führen. Das einzige und vorzüglichste
Arzneimittel ist das
Chinin in großen
Dosen (1-5 g täglich).
Vgl.
Steifensand, Das Malaria
siechtum (Kref. 1848);
Hirsch, [* 11] Handbuch der historisch-geographischen Pathologie, Bd. 1 (2. Aufl., Berl. 1881);