Maissur
(Mysore), Tributärstaat des britisch-ind. Kaiserreichs im südlichen Teil
Vorderindiens, zwischen 11° 38'-15°
2' nördl.
Br. und 74° 42'-78° 36' östl. L. v. Gr., von den
Präsidentschaften
Madras
[* 2] und
Bombay
[* 3] umschlossen und 64,030 qkm (1163 QM.) groß mit (1881)
4,186,188 Einw., was gegen die Zählung von 1871 eine Abnahme von 869,224
Seelen bedeutet, eine
Folge der
Hungersnot von 1877,
die über 1 Mill.
Menschen dahinraffte. Maissur
bildet ein nach N. offenes
Dreieck,
[* 4] dessen Seiten, die
Ost- und Westghats, im
S. in
den
Nilgiri zusammenlaufen; den westlichen, bergigen und waldigen, am dünnsten bewohnten Teil bildet
das Malnad, der ebene Teil mit zahlreichen
Städten und Dörfern heißt
Maïdan.
Die mittlere Erhebung des welligen, von Felsrücken durchzogenen Tafellandes ist 600-800 m; der höchste Berg, der Mulaïnaghiri, erreicht 1925 m. Eine eigentümliche Erscheinung der Landschaft sind die isolierten Granitkegel mit festen Schlössern und meist unerschöpflichen Quellen auf ihrem Gipfel. Die Flüsse, [* 5] zu den Gebieten von Krischna, Kaweri, Pennar und Palar gehörig, dienen nur zur Bewässerung und speisen ein ausgedehntes Kanalnetz und 37,682 Teiche, von denen der von Sulekereh einen Umfang von 64 km hat.
Das Klima [* 6] ist Europäern nicht unzuträglich; der Regenfall, im W. sehr bedeutend, nimmt nach O. zu ab, bleibt auch in manchen Jahren aus, wodurch Hungersnöte entstehen. Die mittlere Jahrestemperatur schwankt in der Hauptstadt Bangalor zwischen 25,8 und 23,4° C. Von Metallen findet man besonders Magneteisen, auch Kupfer [* 7] und Gold. [* 8] Die Wälder bedecken 960 qkm und enthalten namentlich wertvolles Sandelholz, auch viele wilde reißende Tiere, die dem Viehstand immer gefährlicher werden.
Der letztere bestand 1878 in 2,297,550 Rindern und Büffeln, 18,549 Pferden, 37,070 Eseln, 1,592,268 Schafen und Ziegen und 32,329 Schweinen. Die Jagd auf Elefanten darf nur von den Regierungsbehörden betrieben werden. Unter Kultur waren 1881: 1,731,961 Hektar. Hauptfrüchte sind: Raghi (Eleusine coracana) und Getreide, [* 9] dann Reis, Ölsaaten, Kaffee, Kokosnüsse;
auch baut man Kartoffeln (900 Hektar) und Cinchona.
Die
Bevölkerung
[* 10] besteht zu 94,5 Proz. aus
Hindu, 5 Proz. sind Mohammedaner; von den 29,249
Christen
sind 5188
Europäer und 3040
Eurasier, die
Mehrzahl (20,510) sind römische Katholiken; die Zahl der Hindukasten
ist eine außerordentlich große. Die
Sprache
[* 11] der
Mehrzahl (74 Proz.) ist
Kanaresisch, nächstdem
Telugu,
Hindostani,
Tamil. Zum
Zweck der
Verwaltung ist Maissur
in sechs
Provinzen eingeteilt; Hauptstadt ist
Bangalor. Der
Grund und
Boden ist
Eigentum des
Landesherrn,
an den eine
Abgabe, früher vom
Ertrag, jetzt in
Geld, entrichtet wird.
Die
Industrie ist von mäßiger Bedeutung.
Bangalor und
Kolar haben
Eisengießereien, Mattod liefert
Ohrringe und
Armbänder von
Glas,
[* 12]
Bangalor schöne Goldschmiedearbeiten, Harihar roten
Maroquin, vorzüglich sind die kupfernen
Gefäße. Maissur
wird von einem
wohlerhaltenen Straßennetz überzogen; durch
Eisenbahn sind
Bangalor, die
Stadt und Tumkur mit
Madras verbunden. Die
Staatseinkünfte betragen 10 Mill., der
Tribut an
England 245,000 Pfd. Sterl. -
Aus dem
Sagenkreis tritt Maissur
durch die
Inschriften über die Thaten der mächtigen Tschalukiadynastie hervor, deren Herrschaft
von 450
n. Chr. bis ins 11. Jahrh. dauerte. Mit ihr teilten in dieser Zeit die Belalakönige zu
Dwara-Samudra im nördlichen Maissur
die Macht.
Später dehnten die mächtigen
Könige von Widschajanagar an der
mittlern Tungabhadra sowie die
Großmoguls zu
Dehli ihre Herrschaft über aus. Das eigentliche
Reich Maissur
entstand aber 1610 durch
Radscha Wodejar, welcher
Seringapatam zu seiner Hauptstadt machte.
Nach dem Erlöschen seiner Linie schwang sich unter den verschiedenen Prätendenten Haider Ali 1763 auf den Thron, [* 13] den er wie sein Sohn Tippu Sahib durch Eroberungen mit großem Glanz umgab, bis der letztere im erbitterten Kampf gegen die Engländer 1799 auf den Ruinen seiner Hauptstadt Seringapatam fiel. Diese Stadt blieb seitdem ein von Dschangeln überwachsenes Trümmerfeld. Die Engländer setzten einen Nachkommen der alten Könige auf den Thron, nahmen aber 1831 infolge grober Mißregierung das Land in eigne Verwaltung und setzten erst den Tschama Radschendra Wodejar als Maharadscha ein.
Doch darf der Fürst weder Forts bauen, noch alte wiederherstellen, seine Armee darf eine bestimmte Höhe nicht überschreiten (jetzt zählt sie 1000 Mann Infanterie, 32 Mann Kavallerie und 6 Geschütze); [* 14] er darf keine eignen Münzen [* 15] prägen, weder Salz [* 16] noch Opium bereiten lassen und Europäer nur mit Bewilligung der englisch-indischen Regierung anstellen. Dagegen dürfen die Engländer Militärstationen errichten und Eisenbahnen und Telegraphen [* 17] erbauen, wo sie wollen. - Die gleichnamige Stadt, früher Landeshauptstadt, an einer Zweigbahn der Madras-Kalikatbahn, hat einen schönen Palast des Gouverneurs der Provinz, einen großen, verfallenden Palast des Maharadscha und (1881) 60,292 Einw., davon 13,288 Mohammedaner und 1289 Christen.