Magna
Charta (lat., engl. the Great Charter, »die große Charte« oder »der große Freiheitsbrief«),
in
England das
Staatsgrundgesetz,
welches 1215
Adel und
Geistlichkeit dem König
Johann ohne Land abnötigten, und das als die Grundlage der englischen
Verfassung
und des
Konstitutionalismus in
England gilt, welcher in der Folgezeit auch in den Kontinentalstaaten zur
Geltung kam. Die Magna Charta
, welche unterzeichnet wurde, bestätigt in 60
Artikeln frühere
Gesetze
Eduards des
Bekenners,
die Veränderungen
Wilhelms I., die
Charta libertatum von
Heinrich I. und bewilligt Erweiterungen und
Reformen.
Ihre Bedeutung besteht darin, daß sie sich auf die gesamte Nation erstreckt und die uralten Grundsätze der persönlichen Freiheit der angelsächsischen Zeit mit den ständischen Rechten des normännischen Lehnsstaats verbindet. Namentlich wurde festgesetzt, daß es zu jeder außerordentlichen Gelderhebung der Einwilligung einer allgemeinen Reichsversammlung bedürfe, zu welcher alle Erzbischöfe, Bischöfe, Äbte, Grafen, Barone und alle unmittelbaren Vasallen zu berufen seien.
Alle Vorrechte, die der König den Baronen bewilligen würde, sollten von ihnen auch den Untervasallen zugestanden werden. Die fremden Kaufleute sollten keinen willkürlichen Zöllen und Abgaben unterworfen sein, London [* 2] sowie alle Städte und Flecken ihre alten Rechte und Gewohnheiten behalten. Die Gerichte sollten jedermann offen stehen, die Gerechtigkeit nicht verzögert, verkauft oder verweigert werden. Kein freier Mann sollte gefangen gesetzt, seiner Güter beraubt oder sonst beschädigt werden, wenn nicht mittels Urteils von Richtern seinesgleichen und nach den Landesgesetzen.
Der
Gerichtshof für gemeinschaftliche
Klagen
(Court of common pleas,
Common bench) sollte fortan nicht mehr der
Person des
Königs
folgen, sondern stets an einem bestimmten
Ort seine
Sitzungen halten. Die
Forsten und
Wasser sollten freigegeben
werden. König
Johann schon trachtete, diese
Akte kraft der Lossprechung seitens des
Papstes
Innocenz III. zu brechen, und starb
darüber im
Kampf mit der
Nation. Unter
Heinrich III. wurde die Magna Charta
infolge der Geldnot, in welcher sich der
König beständig befand, nicht weniger als siebenmal bestätigt.
Ein zweiter Freiheitsbrief desselben, die
Charta de foresta
(Charter of the forest), beschränkte die königlichen
Forstrechte. Verloren nachmals auch viele der in der Magna Charta
ausgesprochenen
Freiheiten und
Rechte durch die veränderten Verhältnisse
ihre Bedeutung, so behielt doch das Steuerbewilligungsrecht seinen Wert und wurde von der englischen
Nation mit der ganzen ihr eigentümlichen
Zähigkeit festgehalten. Die
Verletzung desselben durch die
Stuarts rief das
Volk zum
Kampf gegen König
Karl I. auf und veranlaßte die große englische
Revolution. Die wesentlichen Bestimmungen der Magna Charta
sind später
in die
Declaration of rights aufgenommen worden, welche vom
Parlament 1688 dem König
Wilhelm III. überreicht
und von diesem bei seiner Thronbesteigung gewährleistet wurde. Der erste
Druck der Magna Charta
, die ursprünglich lateinisch geschrieben
war, erschien 1507. Die besten
Ausgaben lieferten
Blackstone in »The
Great
Charter and
Charter of the forest« (Oxf. 1753) und
Thompson in dem »Historical essay on the Magna Charta«
(das.
1829).
Vgl.
Lau, Die Entstehungsgeschichte der Magna Charta
(Hamb. 1857).