Magenbiesfliege
6 Wörter, 48 Zeichen
Magenbiesfliege,
[* 2] (Bremsen, [* 4] Biesfliegen, Dasselfliegen, Oestridae), Insektengruppe aus der Ordnung der Zweiflügler [* 5] und der Familie der Fliegen [* 6] (Muscariae), mit kurzen, warzenförmigen, in Stirnhöhlungen entspringenden Fühlern, verkümmertem Rüssel und fehlender Mundöffnung, so daß die Fliegen während ihres kurzen Lebens keine Nahrung zu sich ¶
nehmen können. Die großen, aufgeblasenen Backen und die kleinen Augen geben dem Gesicht [* 8] eine halbkugelige Gestalt; der Körper ist oft schönfarbig, pelzig behaart. Die Weibchen einzelner Gattungen besitzen eine lange Legeröhre zum Absetzen ihrer Brut an andre Tiere. Die Larven haben kräftige Kiefer und starke Dornen an den Leibesringen und leben als periodische Parasiten in und an Säugetieren. Manche Gattungen sind auf bestimmte Säugetierfamilien, einzelne Arten auf bestimmte Säugetierarten angewiesen, außerdem sind sie auch an ganz bestimmte Körperstellen ihrer Wirte gebunden.
Danach unterscheidet man Magen-, Nasen- und Hautöstriden. Von Östriden heimgesucht sind besonders Pferde, [* 9] Esel, Maultiere, Rinder, [* 10] Schafe, [* 11] Ziegen, Rot-, Reh-, Damwild, Antilopen, Renntiere, auch einzelne Nager, und bisweilen verirrt sich eine oder die andre Art aus den Menschen. Die Bremen paaren sich meist vom Juni bis August, wie es scheint, nur auf Bergkuppen, an sonnigen Felswänden, Türmen etc. In der Mittagsstunde ruhiger Tage (die Gastrophilen wohl auch in hellen Mondnächten) schwärmen sie und bemühen sich, den Trägern ihrer Brut im schnellsten Zickzackflug anzukommen.
Die verfolgten Tiere erkennen aber die Feinde sehr bald, und mit gehobenen Schwänzen toben sie wie rasend und ergreifen die Flucht (Biesen). Alle Weidetiere wie auch die Pferde und das Wild betragen sich gleich unbändig beim Herannahen der Bremen, welche trotzdem ihre Brut sicher abzusetzen wissen. Die Magenbremsen legen ihre Eier [* 12] an die Haare [* 13] von Lippen, Hals, Brust und Vorderbeinen, und wahrscheinlich kriechen dann die jungen Larven in den Mund, von wo sie mit Speichel und der Nahrung in den Magen gelangen.
Vermittelst ihrer Dornen setzen sie sich in den Schleimhäuten des Magens und Darmes fest. Die Nasenbremsen spritzen die schon ausgebildeten Larven mit einer wässerigen Flüssigkeit in die Nasen der Wirte, worauf sich die Larven in Stirn- und Nasenhöhle festsetzen, nach erlangter Reife aber oft in die Rachenhöhle und Luftröhre wandern und hier heftige, oft tödliche Entzündungen verursachen. Die Hautöstriden setzen die Eier auf die Haut [* 14] oder die Haare ab, und die jungen Larven bohren sich in die Haut und setzen sich im Unterhautzellgewebe fest. Bei ihrer weitern Entwickelung entstehen Geschwüre (Dasselbeulen), welche sich eiternd nach außen öffnen. Die gereizten Östridenlarven verlassen ihre Wirte im Frühjahr und verwandeln sich in Streu oder lockerer Erde in schwarzbraune oder schwarze Tonnenpuppen, aus welchen in 3-8 Wochen die Fliegen ausschlüpfen.
Die Bremen sind über die ganze Erde mit Ausnahme von Australien [* 15] verbreitet. Die Magenbremse des Pferdes (Gastrophilus equi Fab., s. Tafel »Zweiflügler«),
13-17,5 mm lang, an Stirn und Thoraxrücken bräunlichgelb filzig behaart, vor den Flügeln schwarz, an den übrigen Teilen lichter und spärlicher behaart, an den Beinen und am Hinterleib dunkel wachsgelb, auf den schwach getrübten Flügeln mit verwischter dunkler Querbinde, findet sich in Europa [* 16] überall, schwärmt von Ende Juli bis Anfang Oktober, besonders in der Mittagszeit, und legt ihre (700) röhrenförmigen, gedeckelten Eier an die Haare der Pferde.
Die ausgeschlüpften Larven werden von den Pferden abgeleckt und gelangen so in die Maulhöhle, auch kriechen wohl die Larven selbst ins Maul und gelangen dann mit dem Futter in den Magen. Die ausgewachsene Larve ist 17,5-19 mm lang, fleischrot, dann gelbbraun, bohrt sich in die Schleimhaut des Schlundes, Magens und Dünndarms fest ein, saugt Blut und Serum, veranlaßt Entzündung und Eiterung, erzeugt förmliche Höhlungen, in welchen oft 50-100 Larven sitzen, und verläßt ihren Wirt erst nach 10 Monaten.
Aus den Exkrementen geht sie in die Erde, verpuppt sich, und nach 6 Wochen schlüpft die Fliege aus. Die Viehbremse (G. pecorum Fab.), 12-15 mm lang, schwarzbraun mit rauchfarbigen Flügeln, an Kopf und Fühlern braunrot, am Rückenschild und an der Wurzel [* 17] des Hinterleibes rostgelbhaarig, am übrigen Hinterteil schwarz, an den Füßen und Schienen rostgelb, legt ihre Eier auf Pferde, ausnahmsweise aus Rinder; die Larven verhalten sich wie die der vorigen Art und verlassen ihren Wirt nach 9 Monaten.
Die Mastdarmbremse (G. haemorrhoidalis L.), 10 mm lang, stark behaart, schwarz, mit weißgelbem Untergesicht, gelber Stirn, schwarzem, aus dem vordern Drittel rotgelbem Thorax, an der Wurzel weißgrauem, in der Mitte schwärzlichem, am Ende rotgelbem Hinterleib und glashellen Flügeln, schwärmt im Juli und August und legt ihre Eier an die Haare der Lippen und Nasenränder, von wo die Larven durch die Nasen- oder Maulhöhle in die Verdauungsorgane kriechen, um ihre Entwickelung im Mastdarm zu vollenden.
Die Nasenbremse (G. nasalis L.), 12 mm lang, mit rotgelbem Rückenschild und Kopf, brauner Stirn und an der Wurzel weißgrauhaarigem, in der Mitte schwarzem, am Ende gelb behaartem Hinterleib, kleinen, glashellen Flügeln und braunen, gelb behaarten Beinen, legt ihre Eier an die Lippen, an und in die Nase [* 18] der Pferde, Esel, Maulesel und Ziegen; die Larven bilden sich im Dünndarm, aber auch in der Nasenhöhle, im Schlund und Magen aus. Sie kommen in einzelnen Tieren zu mehr als 200 Stück vor, verursachen Schmerzen (Kolikerscheinungen), durchbohren oft Magen- und Darmwand und veranlassen dadurch tödliche Entzündungen, oder sie bohren Blutgefäße an und veranlassen dadurch Verblutung.
Gute Hautpflege (Striegeln, Waschen, Kämmen) ist das einzig wirksame Vorbeugungsmittel. Die Schafbremse (Oestrus ovis L., s. Tafel »Zweiflügler«),
10-13 mm lang, fast unbehaart, braun, mit fleischrotem Untergesicht, rotbrauner Stirn, grauem, mit schwarzen Wärzchen besetztem Rückenschild, weißgelblichem Hinterleib mit tiefschwarzen Schillerflecken, blaßroten Beinen und glashellen Flügeln, lebt in Mauerlöchern, Rindenrissen und legt im August oder September die schon ausgebildeten Larven in die Nasenlöcher der Schafe. Die Larven werden 28 mm lang, kriechen in den Nasenhöhlen [* 19] empor und entwickeln sich in den Stirnhöhlen.
Man findet selten mehr als 7-8 dieser Grübler in der Nase eines Schafs. Nach 9 Monaten werden sie durch Niesen ausgestoßen, gehen in die Erde und verpuppen sich, worauf nach 7-8 Wochen die Fliege ausschlüpft. Die sehr häufigen Östruslarven erzeugen Katarrh, wenn sie aber in größerer Menge vorhanden sind, die falsche Drehkrankheit (Schleuderkrankheit, Bremsenschwindel), welche oft mit dem Tod endet. Zur Vorbeugung sind die Schafe von Weiden, welche an Buschhölzer und an Waldwiesen grenzen, von Ende Juli bis Ende September fern zu halten; zeigt sich das Biesen, so ist Reinigen der Nasenlöcher und Anwendung von Niesemitteln empfehlenswert. Die beim Schlachten [* 20] sich findenden Larven sind sorgfältig zu sammeln und zu töten. Die Behandlung ist mißlich und fast auf die Eröffnung der Stirnhöhlen beschränkt. Die Rinderbiesfliege (Hypoderma bovis L.), 9-11 mm lang, schwarz, am Thorax mit glatten Längsschwielen, gelb behaart, am Gesicht weißgelb befilzt, am zweiten und dritten Hinterleibsring schwarz, an der ¶
Spitze gelb, sonst grauweiß, mit rostgelben Beinen und schwarzen Schenkeln, legt ihre Eier vom Juni bis September an die Haare der Rinder; die Larven durchbohren die Haut, entwickeln sich in 9 Monaten im Unterhautzellgewebe, werden über 2,6 cm lang und erzeugen die Dasselbeulen, welche die Größe von Taubeneiern erreichen. Die ausgebildete Larve verpuppt sich auf der Erde, und nach 4-6 Wochen schlüpft die Fliege aus. Manche Tiere werden von mehr als 100 Larven heimgesucht und gehen dann im Ernährungsstand sehr zurück; auch wird ihre Haut für den Gerber fast wertlos. Als Vorbeugungsmittel empfiehlt man Waschungen mit Abkochungen von Walnußblättern in Essig, von Wermutkraut oder Asa foetida-Lösung, überhaupt gute Hautpflege, besonders wenn sich das Biesen zeigt. Als Heilmittel ist allein das Ausdrücken der Larven, wenn nötig unter Zuhilfenahme der Lanzette, [* 22] und Auswaschen der Stelle, wo sie gesessen haben, zweckmäßig.
Vgl. Brauer, Monographie der Östriden (Wien [* 23] 1863).
[* 2] seit 1815 deutscher Freistaat mit dem offiziellen Titel »Freie Hansestadt, ein Glied [* 24] des Deutschen Reichs, dessen Gebiet aus drei getrennt liegenden, an Größe sehr ungleichen Teilen besteht (s. Karte »Hannover«). [* 25] Der Hauptbestandteil mit der Stadt Bremen liegt zwischen 53° 1'-53° 33' nördl. Br. und 26° 13'-26° 40' östl. L. v. Gr. und zu beiden Seiten der untern Weser, 74 km vom Meer entfernt, und wird von der preußischen Provinz Hannover und vom Herzogtum Oldenburg [* 26] begrenzt. Dicht an der Nordgrenze des Gebiets, aber getrennt davon, liegt am rechten Ufer des Stroms die Stadt Vegesack und weiter nördlich, 52 km von der Stadt Bremen, der dritte Landesteil von 178 Hektar Größe mit der Hafenstadt Bremerhaven (s. d.), am Einfluß der Geeste in die Weser. - Der Boden wird von der Weser und deren Nebenflüssen Wumme (Lesum) und Ochtum nebst zahlreichen Gräben reichlich bewässert und ist zum Teil flache, sandige Vorgeest, zum Teil Flußmarsch.
Die Altstadt von Bremen (auf dem rechten Ufer) liegt auf einer von SO. nach NW. das Gebiet durchstreichenden Düne; Vegesack ist am Rande der hohen Geest (alter Diluvialboden), Bremerhaven auf schwerem Marschboden gelegen. Das Klima [* 27] ist mild, dabei aber überwiegend feucht und regnerisch; die mittlere Jahrestemperatur beträgt 8,6° C., die des Sommers 16,45,° die des Winters 1,46° C. Vom gesamten Areal, zu 25,556 Hektar berechnet, kommen 7609 Hektar auf Garten-, Acker- und Wechselland, 13,555 auf Wiesen und Weiden, 229 auf Holzungen, 56 auf Ödland, das übrige auf Gebäude, Hofräume, Wege, Wasser etc. Das Gesamtareal Bremens beträgt 255,56 qkm (4,66 QM.) mit den genannten 3 Städten u. 58 Dörfern (worunter 13 Pfarrdörfer), die Gesamtzahl der Einwohner (1883) 160,402, gegen 155,831 in 1880, 123,174 in 1871. Von jener Einwohnerzahl (1883) kommen 114,983 auf die Stadt Bremen, 3811 auf Vegesack, 14132 auf Bremerhaven und 27,476 auf das Landgebiet.
Die Vermehrung betrug in der Periode von 1871 bis 1883 im jährlichen Durchschnitt 2,6 Proz., in der Periode von 1867 bis 1871 jährlich 2,8 Proz. Von der Bevölkerung, [* 28] die zum niedersächsischen Stamm gehört und die plattdeutsche Mundart spricht, sind nur etwa 74 Proz. Staatsangehörige, 26 Proz. dagegen Fremde, vorzugsweise Hannoveraner. In konfessioneller Hinsicht ist die Einwohnerschaft ausgeprägt protestantisch (fast 98 Proz.); am wurden 5322 Katholiken, 387 Sektierer und 726 Israeliten gezählt. Es herrscht völlige Rechtsgleichheit der Konfessionsgenossen.
Die Katholiken besitzen die Johanniskirche in Bremen und die Marienkirche in Bremerhaven, gehören zur nordischen Mission und stehen unter dem Bischof von Osnabrück. [* 29] Der Staat teilt sich in die drei Städte Bremen, Vegesack und Bremerhaven sowie das Landgebiet, den sogen. Landkreis Bremen. Von letzterm liegen 15,813 Hektar auf dem rechten, 6739 Hektar auf dem linken Weserufer; jener Teil wird vorzugsweise aus dem Hollerland, dem Blockland, dem Werderland und dem ehemaligen Gericht Borgfeld, dieser aus dem Ober- und Niedervieland zusammengesetzt.
Das Landgebiet hat guten Ackerbau, einträgliche Gemüse- und Gartenkultur, ansehnliche, durch schöne Weiden und Wiesen begünstigte Viehzucht und [* 30] treibt einige Fischerei. [* 31] Für die Verwaltung zerfällt es in 34 Feldmarken (35 Gemeinden) und 13 Kirchspiele. Die Verfassung des Staats ist gemäßigt-demokratisch. Am publiziert, im März 1852 aber durch Einschreiten des Deutschen Bundes teilweise suspendiert, hat sie endlich durch Revision ihre gegenwärtige Gestalt erhalten.
Nach derselben üben Senat und Bürgerschaft die Staatsgewalt gemeinschaftlich aus. Der von der Bürgerschaft unter gewissen Beschränkungen gewählte Senat, welcher zugleich Magistrat der Stadt Bremen ist, besteht aus 16 lebenslänglichen Mitgliedern (Senatoren), von denen wenigstens 9 Rechtsgelehrte und 4 Kaufleute sein müssen; zwei Mitglieder desselben sind Bürgermeister, und einer von ihnen ist für die Dauer des Jahrs Präsident des Senats. Die Wahl derselben geschieht vom Senat, und es tritt alle zwei Jahre einer von ihnen zurück.
Jeder 30jährige Staatsbürger ist zum Senator wählbar. Der Senat hat die Leitung und Oberaufsicht in allen Staats- und Kirchenangelegenheiten, die vollziehende Gewalt überhaupt, die Vertretung des Staats gegen Dritte und nach außen, das Gnadenrecht und die Polizeiverwaltung. Die Bürgerschaft besteht aus 150 Vertretern der Staatsbürger, die auf sechs Jahre gewählt werden, und von denen alle drei Jahre die Hälfte ausscheidet; davon sind 14 Vertreter derer, welche auf Universitäten sich ausgebildet haben, 42 des Kaufmannskonvents, 22 des Gewerbekonvents, 44 der übrigen Staatsbürger in der Stadt Bremen, 12 Vertreter der Städte Vegesack und Bremerhaven und 16 der Landbezirke.
Hierzu wählbar und wahlfähig sind alle 25jährigen Staatsbürger. Ein Ausschuß der »Bürgerschaft«, das Bürgeramt, bestehend aus dem Geschäftsvorstand und 18 Vertretern, hat fortwährend auf Aufrechterhaltung der Verfassung, Gesetze und Staatseinrichtungen zu achten, Übertretungen und Mißbräuche in den in der Regel öffentlichen Sitzungen der Bürgerschaft zu rügen und im allgemeinen den verfassungsmäßigen Verkehr zwischen Bürgerschaft und Senat zu vermitteln.
An der Spitze der einzelnen Verwaltungen stehen Deputationen von Senatoren und Bürgern; die Rechnungsführung ist immer in den Händen eines Bürgers. Die kirchlichen Angelegenheiten verwaltet eine Senatskommission. Für die Rechtspflege bestehen im bremischen Staat zwei Amtsgerichte (zu Bremen und Bremerhaven) und ein Landgericht (zu Bremen); die höhere Instanz wird durch das hanseatische Oberlandesgericht zu Hamburg [* 32] gebildet. Die Richter der bremischen Gerichte werden durch ein Wahlkollegium, welches aus 4 Senatoren, 4 Mitgliedern der Bürgerschaft und 3 Richtern besteht, ¶