Magdalarot
,
s. Naphthalin.
Magdalarot
85 Wörter, 680 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Magdalarot,
s. Naphthalin.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Magdalarot,
Magentarot, Naphthalinrosa, Naphthalinrot, Naphthalinscharlach, Sudanrot oder Rosanaphthylamin, Bezeichnungen
für einen zu den Safraninen gehörigen Farbstoff (Diamidonaphthylnaphthazoniumchlorid), der beim Erhitzen von α-Amidoazonaphthalin
mit α-Naphthylamin erhalten wird. In reinem Zustande bildet es grünglänzende Nadeln,
[* 2] kommt aber meist
mit Zucker
[* 3] versetzt als dunkles Pulver in den Handel. Früher viel fabriziert, ist es heute vom Eosin verdrängt und wird nur für
helle zarte Töne in der Seidenfärberei verwendet. Die mit Magdalarot
gefärbten Stoffe sind rofa mit zinnoberroter
Fluorescenz. Der Preis des Farbstoffs ist sehr hoch.
C10H8 , ein im Steinkohlenteer reichlich (5-10 Proz.), auch im Braunkohlen- und Holzteer und in manchem Erdöl [* 5] vorkommender Kohlenwasserstoff, scheidet sich in großen Mengen aus dem völlig erkalteten Schweröl aus und kann durch Filtrieren, [* 6] Ausschleudern oder Pressen abgesondert werden. Da die Reinigung dieses Produkts aber ziemlich schwierig ist, so begnügt man sich mit der Gewinnung von Naphthalin aus dem Karbolöl und zwar aus demjenigen Teil desselben, welcher nach Behandlung des Öls [* 7] mit Natronlauge zur Ausziehung des Phenols zurückbleibt.
Dies Öl wird der Destillation [* 8] unterworfen und liefert dabei zuerst wenig leichtes Öl, dann aber fast reines Naphthalin, so daß der Inhalt der Vorlage zu einem weißen Kristallbrei erstarrt. Man bringt denselben auf eine Filterpresse, [* 9] dann auf eine hydraulische Presse, behandelt den Rückstand mit 5-10 Proz. konzentrierter Schwefelsäure, [* 10] wäscht das Naphthalin mehrmals mit Wasser und dann zur vollständigen Entfernung der Säure mit schwacher Natronlauge, worauf es schließlich sublimiert oder destilliert wird.
Gewöhnlich gießt man das destillierte Naphthalin in flache Schalen und bringt die erstarrten Kuchen, nachdem sie noch einmal hydraulisch gepreßt worden sind, in den Handel. Naphthalin bildet gereinigt farblose Blättchen, riecht penetrant, schmeckt brennend, löst sich leicht in Alkohol, Äther und Ölen, nicht in Wasser, spez. Gew. 1,15, schmilzt bei 79°, siedet bei 216°, verflüchtigt sich langsam auch bei gewöhnlicher Temperatur und mit Wasserdämpfen, brennt mit leuchtender, rußender Flamme [* 11] und zeigt in seinem chemischen Verhalten große Ähnlichkeit [* 12] mit dem Benzol. Es bildet mit konzentrierter Salpetersäure Nitronaphthalin, und aus letzterm entsteht durch Reduktion eine dem Anilin entsprechende Base, das Naphthylamin.
Aus einem isomeren Nitronaphthalin erhält man ein zweites Naphthylamin, welches aus β-Naphthol dargestellt wird. Beide Naphthylamine dienen zur Gewinnung von Azofarbstoffen. Das Naphthalinrot (Magdalarot, Sedanrot) wird aus Naphthylamin erhalten und kommt als Chlorid in Form eines schwarzbraunen, undeutlich kristallinischen Pulvers in den Handel. Seine Lösung fluoresziert sehr stark, und diese Fluoreszenz [* 13] teilt es auch der Seide [* 14] mit, welche dadurch rosenrot gefärbt wird und orangefarben schimmert. Es besitzt ein gleiches Färbevermögen wie das Fuchsin, ist aber beständiger als dieses.
Mit Jodäthyl und Jodmethyl liefert es violette und blaue Farbderivate. Mit Salpetersäure liefert das Naphthalin Phthalsäure, aus welcher ebenfalls farbige Produkte und beim Erhitzen mit Kalk Benzoesäure entsteht, so daß diese auch aus Naphthalin dargestellt werden kann. Naphthalin dient als Schutzmittel für ausgestopfte Tiere und zum Karburieren des Leuchtgases. Diese letztere Verwendungsweise ist nicht mehr neu, hat aber in der letzten Zeit in Form der Albokarbonlampe große Verbreitung gefunden. Philipp wollte eine Lösung von Naphthalin in Petroleum im Sauerstoffstrom verbrennen (Karboxygengas), doch dürfte diese Beleuchtungsart zu umständlich und kostspielig sein. In der Medizin benutzt man Naphthalin gegen Darmkatarrhe, äußerlich gegen Krätze, Herpes tonsurans, Favus etc.
Vgl. Ballo, Das Naphthalin und seine Derivate (Braunschw. 1870).